Zu blöd, wenn man sich beim Einkauf mit der Menge völlig verkalkuliert. Ich war so begeistert gewesen über die Sichtung des holden Rapas, dass ich ein recht großes Bündel nach Hause getragen hatte. Einmal Orrechiete, einmal Polenta, was tun mit dem noch recht üppigen Rest? Zumal die Orecchiete verbraucht waren. Herr H. hatte, wie üblich, die rettende Idee. Die Verwandschaft von Brokkoli und Rapa ist zwar nicht die engste, aber beide gehören immerhin der großen Familie der Kreuzblütler an. Warum also nicht Brokkoli durch Rapa ersetzen und dem italienischen Gemüse einen asiatischen Anstrich verpassen? Meine Skepsis wurde mit Bereitstellung und Zerkleinerung der Zutaten glatt weggewischt.
Für die Reisnudeln mit Brokkoli:
- 125 g Reisnudeln (5mm), nach Packungsangabe eingeweicht
- 250 g Brokkoli (ich: Cima di Rapa), in Stängel und Blätter zerteilt und zerkleinert
- 150 g Zucchini, gestiftelt
- 1 Frühlingszwiebel, in feine Ringe geschnitten
- 15 g Ingwer, gerieben oder fein gehackt
- 75 g Gemüsebrühe
- 75 g klares Kokoswasser (ich: Kokosmilch)
- 1,5 EL Mirin
- 1 TL Reisessig oder Limettensaft
- (ich: 1 TL Fischsauce)
- 1 TL Sambal Olek
- Erdnussöl zum Braten
- Salz
Das Gericht schien Herrn H. besonders am Herzen zu liegen. Selten habe ich ihn so schnell arbeiten sehen. Er briet nacheinander Frühlingszwiebeln, Ingwer, Rapastiele, Zucchini und Rapablätter bei starker Hitze unter Rühren an. Das dauerte ca. 5 Minuten. Dann mischte er Brühe, Kokosmilch, Mirin, Essig und Sambal Olek, gab es gemeinsam mit den abgetropfeten Reisnudeln in die Pfanne und ließ alles noch einige Minuten köcheln, bis die Nudeln gar waren und die Flüssigkeit ca. um die Hälfte einreduziert war. Er schmeckte mit Fischsauce und Salz ab und lächelte nach dem Kosten zufrieden. Ich hatte in der Zwischenzeit das „Sprinkle“ bereitet.
Für das Kokos-Chili-Sprinkle:
- 1 Frühlingszwiebel, in Ringe geschnitten
- 1 Knoblauchzehe, grob gehackt
- 1 grüne Chili, grob gehackt (ich: 1 rote)
- 20 g Ingwer, grob gehackt
- 1 Limette, Saft und Schale
- 1 Bund Koriandergrün, fein gehackt
- 40 g Kokosraspel
- 1 TL Zucker
- Salz
Das Bereitstellen dauerte dabei am längsten. Anschließend gab ich alle Zutaten in den Zerkleinerer und ließ ihn so lange laufen, bis eine saftige, leicht krümelige Masse entstanden war. Mit einer grünen Chili wäre die Farbe sicher noch hübscher gewesen, aber manchmal kann man eben nicht alles haben. Statt der Kokosraspel, die mir „roh“ von der Konsistenz her nicht besonders zusagen, nahm ich Kokoscremepulver. Herr H. probierte das „Sprinkle“ und nickte zufrieden. Genau so hatte er sich das vorgestellt. Ich richtete Nudeln, Gemüse und „Sprinkle“ an und trug einen Teller ins „Studio“.
Fazit: Nachdem ich einen Bissen probiert hatte, konnte ich Herrn H.s dringliche Begeisterung voll und ganz verstehen. Das leichte Nudelgericht bot alles. Säuerliche Frische, intensive Würze, nussig-süße Aromen und eine angenehm balancierte Schärfe. Ich würde fast soweit gehen und behaupten, dass mir der Rapa in dieser Kombination noch besser schmeckte als klassisch mit Orechiette, aber nur fast. Herr H. bedauerte jedenfalls sehr, dass das vorerst der letzte Rapa auf unseren Tellern war. Aber das Gericht funktioniert sicher auch mit Brokkoli vorzüglich.
Aus: Vegetarisch vom Feinsten Bettina Matthaei
*Gipfel, italienisch: cima