Love at first bite

tarte 2 Es gibt erstaunlicherweise immer wieder Dinge, die mich überraschen, kalt von hinten erwischen und von den Socken hauen. Ich hatte zwar gedacht, dass irgendwann einmal peu à peu Ruhe einkehren würde, weil ich schon da und dort und sonstwo gewesen bin und allerhand ausprobiert, Seltsames und Deliziöses verkostet habe und, ach, Leben eben. Ich schlurfte also nichts ahnend durch hochnebeligen Frost zum Supermarkt . Es waren so unverzichtbare Dinge wie Tomatenmark, Speisestärke und Kniftenkäse aus gewesen. Im ersten Supermarkt gab es fast alles, was auf meinem Zettel stand. Jawohl, Herr H., ich habe tatsächlich einen geschrieben, um nicht wieder die Hälfte zu vergessen. Sachen gibt’s. Aber dort gab es kein zweifach konzentriertes Tomatenmark. Wozu sollte man das auch brauchen. Ist es wirklich so wichtig, ob es zwei-, drei- oder sonstwiefach konzentriert ist? Ich weiß es nicht, mir schmeckt das weniger konzentrierte halt besser. Supermarkt No. 2. Tomatenmark eingepackt und während ich noch so herumschaue, jäger- und sammlermäßig, da sehe ich sie plötzlich. „Bio-Kumquats“. Klein, quietsch-orange, verführerisch duftend. Ich habe noch nie eine probiert. Meine Hand, die kurz zögerte, griff kurzentschlossen zu. Und so kam es.

Für den Schokoladenmürbeteig (pâte sucree), 1 Tartering à 16cm, 2 à 10cm:

  • 62,5 g weiche Butter
  • 50 g Puderzucker
  • 25 g Ei (ca. 1/2)
  • 106 g Mehl
  • 18,5 g Kakaopulver
  • (1 Tropfen Vanilleessenz), 1 Pr. Salz

Schokomürbeteig serieDer erste Versuch nach Felder ging leider komplett in die Hose. Ich hatte den Teig nicht dünn genug ausgerollt und seine Ränder zogen sich beim Backen nach unten. Mit Curleys Rezept funktionierte es tadellos. Ich verrührte Butter und Puderzucker zu einer hellen, schaumigen Masse, rührte in zwei Schritten das Ei ein, siebte Mehl, Salz und Kakaopulver darüber und knetete den Teig rasch zusammen. Nach zweistündigem Kühlschrankaufenthalt rollte ich ihn portionsweise 3mm dünn zwischen Folie aus und passte ihn in die gebutterten Tarteringe ein. Ich drückte den Rand sorgfältig an, stippte den Boden und fror die Formen für eine halbe Stunde ein. Dann buk ich sie bei 180°C ca. 16 Minuten. Dabei kann es passieren, dass der Boden sich leicht hochwölbt. Dann sticht man ihn einfach kurz ein und backt weiter. Seitdem ich die Methode des Teigeinfrierens für mich entdeckt habe, ist jegliches Blindgebacke überflüssig.

Schokoladenbiskuit ohne Mehl (1 Boden à 15cm, 2 à 9cm, es bleiben jedoch Reste):

  • 43 g Eigelb (ca. 2)
  • 30 g Zucker A
  • 66 g Eiweiß (ca. 2)
  • 30 g Zucker B
  • 20 g Kakaopulver

schokoladenbiskuitbiskuit ohne mehl serieDa wir jetzt über zwei Handrührgeräte verfügen, schlugen Herr H. und ich Eigelb und Eiweiß mit je 30 g Zucker parallel auf. Ich schlug das Eigelb weißschaumig, während er das Eiweiß zu weichem Schnee schlug. Hätte dann noch die Küchenmaschine gleichzeitig einen Brotteig geknetet, wäre die Geräuschkulisse perfekt gewesen. Ich hob dann die weißschaumige Eigelbmasse unter den Eischnee, siebte das Kakaopulver darüber und hob es ebenfalls unter. Dann strich ich die Masse relativ dünn auf das Backpapier und buk den Biskuit ca. 13 Minuten bei 190°C. Da die Menge recht großzügig bemessen ist, lohnt es nicht, Kreise auf das Papier zu zeichen. Man sticht sie nach dem Abkühlen einfach aus.

Für die kandierten Kumquats:

  • 6 – 8 Kumquats, in ca. 3mm dünne Scheiben geschnitten
  • 50 g Zucker
  • 100 g Wasser
  • 5 g Glukose

kumquats serieBeim Schneiden der Kumquats fallen natürlich Endstücke an, die nicht besonders dekorativ sind. Ich nahm eines und steckte es zögernd in den Mund. Wow, was für ein genialer Geschmack, irgendwo zwischen Zitrone, Orange und was weiß ich. Herr H. war ebenso begeistert und ich hatte Mühe, genügend Scheiben zum Kandieren vor ihm zu retten. Ich kochte etwas Wasser auf, blanchierte die Scheiben ca. 1 Minute darin und gab sie dann in ein Sieb. Nun kochte ich Zucker und Wasser, bis der Zucker sich vollständig gelöst hatte, legte die Scheiben hinein und ließ sie 20 Minuten auf kleiner Flamme köcheln. Danach gab ich die Glukose hinzu und ließ alles noch weitere 5 Minuten köcheln. Die fertig kandierten Scheiben ließ ich im Sieb abtropfen. Den Sirup hob ich für eine andere Verwendung auf.

Für die weiße Schokoladenmousse:

  • 150 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • Saft und Schale 1/2 Limette (ich: ca. 12 g Yuzusaft und Limettenschale)
  • 80 g flüssige Sahne
  • 125 g locker aufgeschlagene Sahne

weisse schokomousse serieIch kochte die Sahne mit den Limettenschalen kurz auf und ließ sie abgedeckt 10 Minuten ziehen. In der Zwischenzeit schmolz ich die Kuvertüre im Wasserbad. Dann gab ich die noch warme Sahne durch ein Sieb portionsweise zur Kuvertüre und rührte sie jeweils vollständig ein. Ich gab den Yuzusaft dazu, rührte auch ihn ein und hob schließlich portionsweise die von Herrn H. geschlagene Sahne unter. Da die Mousse recht schnell anzieht, sollte sie sofort verwendet werden.

füllen serieIch bedeckte den Boden der Mürbeteig-Tarteletts mit einer Schicht Mousse, legte den Biskuit darauf, beträufelte ich mit etwas Sirup (vom Kandieren) und bedeckte ihm mit Mousse. Nach einer Stunde Kühlung war die Mousse perfekt. Ich drapierte die kandierten Kumquatscheiben darauf. Herr H. stand derweil daneben und beäugte meine Dekorationsversuche skeptisch. Da er jedoch auch keine bessere Idee hatte, blieb es dabei. Vielleicht wäre ein symetrisches Muster doch besser gewesen.

tarte 7 Fazit: Ich hatte außerdem nicht bedacht, dass sich die Kumquatscheiben weder rückstandslos abnehmen, noch mühelos durchschneiden lassen würden. Deshalb sieht das Anschnittbild ein wenig zerzaust aus. Das tut jedoch dem Genuss keinen Abbruch. Die Tarteletts begeistern Zitrus- und Schokoladenliebhaber gleichermaßen. Die Mousse hatte eine perfekte Konsistenz, weder zu fest, noch zu weich, der Mürbeiteig war knusprig und der mit Sirup getränkte Biskuit überraschend in so einer Tarte. Ich bin schon sehr gepannt auf das zweite, durchgezogene Stückchen, dass es heute zum Dessert geben wird. Und jetzt muss ich schnell neue Kumquats besorgen!

Idee für die Tarteletts „Mademoiselle“ aus: Chocolat Christophe Felder

Mürbeiteig und Biskuit aus: Patisserie William & Suzue Curley

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Buttercreme nach Felder

Für die Buttercreme nach Felder (ergibt ca. 400 g):

Italienische Meringue

  • 16 g Wasser
  • 40 g Zucker A
  • 32 g Eiweiß
  • 10 g Zucker B
  • 40 g Eigelb
  • 96 g Zucker
  • 40 g Wasser
  • 174 g Butter, raumtemperiert

buttercreme felder serieSowohl für das Eigelb, als auch für das Eiweiß wird ein Zuckersirup benötigt, der bis zu einer Temerperatur von 118°C gekocht wird. Für die Meringuemasse wird das Eiweiß mit Zucker B angeschlagen, wenn der Sirup eine Temperatur von 114°C hat. Anschließend wird der 118°C heiße Sirup unter Rühren in den Eischnee gegeben. Man schlägt weiter, bis die Masse auf ca. 30°C erkaltet ist. Das dauert je nach Menge zwischen 5 und 10 Minuten.

Das Eigelb wird ebenfalls angeschlagen, dann lässt man den 118°C heißen Sirup unter Rühren einlaufen und schlägt weiter, bis auch diese Masse abgekühlt ist.

Zuletzt schlägt man die Butter auf, je länger man sie schlägt, desto luftiger und leichter wird die Buttercreme. Anschließend rührt man die Eigelbmasse auf langsamer Geschwindigkeit unter. Die Meringuemasse wird nun von Hand untergehoben. Die fertige Buttercreme kann mehrere Tage im Kühlschrank aufbewahrt und vor Verwendung wieder aufgeschlagen oder portionsweise eingefroren werden. Sollte sie einmal beim erneuten Aufschlagen ausflocken, stellte man die (metallene) Rührschüssel kurz in ein ca. 45°C warmes Wasserbad und schlägt sie dort weiter.

Aus: Die hohe Schule der Patisserie Christophe Felder