Herr H. hätte die Rest des Grünkohls am liebsten direkt am nächsten Abend verspiesen und am nächsten Abend eine neu gekochte Portion und so fort. Als ich ihm erklärte, dass ich die Reste, die sowieso nicht für uns beide reichen würden, eingefroren hätte, stürmte er beleidigt aus der Küche. Ich rief ihm noch hinterher, dass ein leichteres, fleischloses Gericht genauso gut schmecken könnte und bekam zur Antwort nur ein aus der Ferne hallendes, „nie im Leben!“. Die Wette galt also. Ich entschied mich für ein klassisches Miso-Gemüse und suchte nach einer spannenden Ergänzung. Im Kühlschrank dümpelte noch ein einsames Stück Tofu. Ich überlegte. Bislang war es mir noch nie gelungen, ihn so zuzubereiten, dass er wirklich köstlich war. Dann erinnerte ich mich an ein Rezept von Frau Grandits und legte los.
Für den karamellisierten Tofu (sollte mindestens 1 Stunde marinieren):
- 25 g brauner Zucker
- 75 g Wasser
- 1 EL Sojasauce
- 1 EL süße Chilisauce
- ca. 2cm Ingwer, fein gerieben
- Saft und Schale 1/2 Limette
- 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
- 200 g Tofu, in 1cm große Würfel geschnitten
- einige Tropfen Sesamöl
- 1 EL Szechuanpfeffer, grob gemörsert
Ich schmolz den Zucker trocken, goß dann das Wasser hinzu und ließ es 5 Minuten köcheln. Dann gab ich Soja- und Chilisauce hinzu und ließ es weitere 5 Minuten köcheln. In der Zeit würfelte ich den Tofu. Ich goß die heiße Flüssigkeit in eine Schüssel, fügte die restlichen Zutaten bis auf den Szechuanpfeffer hinzu, rührte sie unter und badete die Tofuwürfel darin. Abgedeckt durfte er nun ca. 2 Stunden ziehen. Danach erhitze ich etwas Erdnussöl in der Wokpfanne, briet die Tofuwürfel darin goldbraun an und würzte sie mit Szechuanpfeffer. Ich probierte einen Würfel und war sogleich begeistert. Er war tatsächlich knusprig und herrlich würzig. Ich stellte die fertig gebrateten Würfel warm und kümmerte mich um das Gemüse.
Für das Miso-Gemüse (im Prinzip kann alles, was der Kühlschrank hergibt, verwendet werden, wenn es einigermaßen zusammen passt):
- je ein gleich großes Stückchen Knoblauch und Ingwer, fein gehackt
- 1 – 2 Frühlingszwiebeln, in Ringe geschnitten
- je 1/2 rote und gelbe Paprika, in dünne Streifen geschnitten
- 1 Brokkolistrunk, geschält, gewürfelt
- 1 – 2 Möhren, in feine Streifen gehobelt oder geschnitten
- 125 g braune Champignons, gewürfelt
- ca. 30 g helles Miso
- 1/2 TL Instant-Dashi
- ca. 150 g Wasser
- 1 TL Stärke
- 2 – 3 EL japanische Sojasauce nach Belieben
- Shichimi tōgarashi nach Belieben
- frischer Koriander nach Belieben
Da Herr H. immer noch schmollte, rüstete ich das Gemüse allein. Dann löste ich das Miso im Wasser auf und rührte Instant-Dashi und Stärke unter. Ich erhitze Erdnussöl bei starker Hitze in der Wokpfanne und briet zuerst Ingwer, Knoblauch und Frühlingszwiebel kurz an, fügte dann Paprika, Brokkoli und Möhren hinzu und ließ sie bei reduzierter Hitze abgedeckt ca. 5 Minuten schmoren. Dann nahm ich den Deckel ab, gab die Champignons hinzu und ließ sie kurz braten. Das Gemüse sollte gar, aber noch knackig sein. Ich gab die Misoflüssigkeit hinzu, ließ die Stärke anziehen und schmeckte mit Sojasauce und Shichimi ab. Herr H. steckte neugierig den Kopf durch die Tür. „Na, fertig geschmollt?“, fragte ich ihn grinsend. Es habe so gut gerochen, antwortete er, da habe er nachschauen wollen, was es denn gäbe. „Na, Miso-Gemüse mit Tofu“, klärte ich ihn auf. Leicht enttäuscht machte er sich ans Fotografieren.
Fazit: Sein Gesichtsausdruck hellte sich jedoch deutlich auf, nachdem er die ersten Tofuwürfel verkostet hatte. das sei mit Abstand das beste, das ich je mit Tofu angestellt hätte, sagte er und machte sich schweigend über den Rest her. Mir gefiel die Kombination von würzigem Miso-Gemüse und knackigem, süß-säuerlichem Tofu auch bestens. Und als ich Herrn H. nach dem Essen fragte, ob ich die Wette nun gewonnen hätte, gab er es widerwillig zu. Und dabei war das sogar vegan, grummelte er. Ich hielt wohlweislich den Mund und grinste still in mich hinein. Geht doch!
Karamellisierter Tofu aus: Gewürze Tanja Grandits