Da Herr H. angesichts des überbordenden Fischangebots in Portugal beschlossen hatte, dass wir künftig auch zu Hause mehr frischen Fisch verzehren sollten, machte ich mich am Freitag auf zum Markt. Wozu leben wir schließlich in einer meernahen Metropole? Ich ließ meinen Blick über das auch recht reichhaltige Angebot schweifen. Kurz blieb er sehnsüchtig an den Seezungen hängen, glitt beim Anblick des Kilopreises jedoch zügig weiter und landete schließlich ganz dicht daneben bei ihren Verwandten. Pleuronectes platessa, Goldbutt oder Scholle, wie auch immer man sie nennen mag. Nicht aus Nord- oder Ostsee, wie der Fischhändler mich aufklärte, sondern aus dem Atlantik, Genaueres könne er mir leider nicht sagen. Ich wählte zwei mittelgroße Exemplare aus und er entfernte ungefragt leider nicht nur die Innereien, sondern auch die Köpfe. Beim nächsten Mal werde ich besser aufpassen! Schließlich sieht ein ganzer Fisch besser aus.
Was also tun, mit den wunderbaren Fischen? Ein neues Buch* brachte sogleich Licht ins Dunkel. Herr H. wählte ein eher bodenständiges Rezept, dass Aromen von Wasser- und Landbewohnern elegant kombiniert.
Für das „Graupotto“(mit einem Risotto ist lediglich die Art der Zubereitung gemein. Man könnte es genauso gut Gemüsegraupenzubereitung nennen, was jedoch nicht besonders schön klingt, die Puristen mögen mir verzeihen):
- 100 g Gerstengraupen, abgespült
- 1 Frühlingszwiebel, in Ringe geschnitten
- 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
- je 1 Möhre, 1 Pastinake, 1 Stange Staudensellerie, 1/2 kleine Stange Lauch in Brunoise geschnitten
- 1 Zweig Thymian
- 500 g Gemüsebrühe
- Petersilie, gehackt, nach Belieben
- etwas Zitronenabrieb
- 1 Stich Butter
- Parmesan nach Belieben
Ich schwitzte Gemüsewürfel, Frühlingszwiebel, Knoblauch und Graupen bei mittlerer Hitze eine Weile an, gab den Thymianzweig hinzu, löschte mit (heißer!) Brühe ab und ließ sie einkochen. Diesen Vorgang wiederholte ich unter gelegentlichem Rühren, bis die Brühe verbraucht und die Graupen gegart waren. Das dauerte eine gute Dreiviertelstunde. Dann würzte ich mit Salz, Pfeffer, Zitronenabrieb und Petersilie. Schließlich rührte ich Butter und Parmesan unter das fertige „Graupotto“ und stellte es abgedeckt im Backofen warm.
Für die gebratene Blutwust:
- 100 g Blutwurst zum Braten (z. B. Boudin noir, ich: eine portugisische, geräucherte Blutwurst)
- 50 g Weizenmehl (ich: weg gelassen)
- etwas Öl zum Braten
Herr H. hatte inzwischen die „Blutwurst“, die vom Geschmack eher an Chorizo erinnerte, in feine Scheiben geschnitten und in etwas Öl knusprig gebraten. Ich parkte die fertigen Scheibchen neben dem Graupotto und briet die gewaschenen, trocken getupfen Schollen mit etwas Butter in der gleichen Pfanne beidseitig nacheinander ca. 3 – 4 Minuten pro Seite. Den Gargrad überprüfte ich mit einem kleinen Schnitt an der Mittelgräte. Wenn das Fleisch dort gegart ist, ist die Scholle fertig. Herr H. richtete dieses Mal den Teller. Es roch so verlockend, dass er sich kaum auf das Fotografieren konzentrieren konnte.
Fazit: Welch‘ Genuss! Während dieses Essens wurde nicht besonders viel gesprochen, nur ein gelegentlicher Seufzer des Wohlbehagens war zu hören. Das kräftig aromatische Fleisch der Scholle hielt durchaus der deftigen Wurst stand. Das leichte, gemüsige Graupotto ergänzte Fisch und Wurst perfekt. Nachdem Herr H. das letzte Fitzelchen Fisch von den Gräten gezupft und verspiesen hatte, lehnte er sich strahlend zurück. Eine Seezunge sei natürlich deutlich feiner im Geschmack, aber die Scholle könne es durchaus mit ihr aufnehmen. Ich konnte nur zustimmend nicken, da ich gerade die letzten Reste aufgegabelt hatte.
Leicht modifiziert aus: Die neue Fischkochschule Tillmann Hahn, Nicole Knapstein
(dort werden Klieschenfilets verwendet und die Filets werden in einer Kalbsfond-Rotweinsauce serviert. Ich esse lieber ganze Fische und bilde mir ein, dass an der Gräte gegartes Fischfleisch aromatischer schmeckt)