Ein gemeinsamer Nenner

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Auch am Ende diesen Jahres haben mehr oder weniger verwandte Menschen urplötzlich aus vollkommen unbekannten Gründen das Bedürfnis nach Zusammenkünften jeglicher Art. Herr H. und ich hocken zwar in der Regel am liebsten vor dem eigenen Herd, aber auch unser Kalender füllte sich plötzlich mit Terminen der familiären und weniger familiären Zusammenkünfte. Kurz vor Ablauf sollte es doch möglich sein, jedenfalls einmal alle an einen Tisch zu bringen. Da gibt es auf einmal das Bedürfnis nach Weihnachtsfeiern, Adventskaffees bei Oma oder Start der Grünkohlsaison bei der Schwester. Es ist schwer, es immer jedem Recht zu machen, da mit großer Wahrscheinlichkeit nie der Geschmack aller getroffen werden kann. Schön, wenn man Basisrezepte zur Hand hat, die so leicht individuell angepasst werden können. Galettes eignen sich hervorragend für Spielereien und dürften mit unterschiedlichen Belägen die verschiedensten Geschmäcker zufriedenstellen. Herr H. und ich starteten vegetarisch.

Für die Süßkartoffel-Galettes (9 à ca. 10 x 10 cm):

  • ca. 500 g Süßkartoffeln, ganz und ungeschält
  • 250 g Blätterteig (ich: von diesem)
  • 1 Ei, leicht verschlagen
  • 100 g Sauerrahm
  • 100 g Ziegenhartkäse, je nach Beschaffenheit gerieben oder zerbröselt
  • 2 EL Kürbiskerne
  • 1 mittelscharfe Chilischote, von den Samen befreit und fein gehackt (ich: weg gelassen, keine da)
  • 1 El Olivenöl
  • 1 kleine Knoblauchzehe, geschält
  • 2 TL gehackte glatte Petersilie
  • Fleur de Sel und schwarzer Pfeffer

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Herr H. heizte den Backofen auf 200°C vor, legte die Süßkartoffeln in eine ofenfeste Form und ließ sie ca. 35 Minuten knapp gar backen. Die Backzeit hängt natürlich von der Größe der verwendeten Süßkartoffeln ab. Im Zweifelsfall sollte man den Gargrad bei kleinen Exemplaren vorher prüfen. Sie sollten in der Mitte noch eher fest sein. Nachdem sie abgekühlt waren, pellte er sie und schnitt er sie in ca. 3 mm dünne Scheiben. Ich hatte derweil Knoblauch, Salz, Pfeffer und Petersilie grob gemörsert und mit dem Olivenöl vermengt. Nun stellte ich die übrigen Zutaten bereit und rollte den aufgetauten Blätterteig ca. 2 mm dünn aus.

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Daraus schnitt ich mit einem scharfen Messer Quadrate à ca. 10 x 10 cm, die ich stippte und auf einem mit Backpapier belegten Blech erneut für 30 Minuten kalt stellte. Dann bestrich ich die Quadrate mit Sauerrahm, drapierte die Süßkartoffelscheiben und Kürbiskerne darauf und streute den Käse darüber. Nun durften sie ca. 25 Minuten ebenfalls bei 200°C backen. Meine Befürchtung, der Blätterteig könne sich mit einem derart „schweren“ Belag nicht richtig entfalten war indes vollkommen überflüssig gewesen. Ich löffelte je etwas Pesto auf die noch heißen Galettes und reichte sie Herrn H. ins Atelier. Wer mag, serviert zu den Galettes einen frischen grünen Salat. Da keiner im Haus war, verzichteten wir darauf.

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Fazit: Und wir vermissten ihn ehrlich gesagt auch nicht. Die Galettes waren wunderbar knusprig, der Belag aus Süßkartoffeln, Ziegenkäse, Kürbiskernen und Pesto sehr stimmig, obwohl ich sicher bin, dass einige Chiliwürfel noch einen interessanten Dreh ergäben hätten. Die Galettes können nach dem Abkühlen ca. 1 – 2 Tage im Kühlschrank aufbewahrt und kurz vor de Servieren noch einmal aufgeknuspert werden und eignen sich somit auch bestens als kleine Vorspeise im Rahmen eines der nun kommenden festlichen Menues. Unser Blätterteigvorrat ist damit nun leider aufgebraucht. Zeit, wieder einen neuen anzulegen. Der „Inversée“ ist wirklich der absolut beste, den ich je gekostet habe und sein Backverhalten tadellos. Die „Arbeit“, ihn herzustellen, ist definitiv gut investiert.

Aus: Das Kochbuch Yotam Ottolenghi

 

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Perfekt geblättert

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Als ich in den ewig unermesslichen Tiefen des Tiefkühlers kürzlich eine Packung selbst gemachten Blätterteig inversée entdeckte, war ich drauf und dran, ihn direkt unbesehen zu entsorgen. Er hatte schließlich unbeachtet gute 1,5 Jahre dort geschlummert und auch wenn die Kälte den Alterungsprozess deutlich verlangsamt, so findet er dennoch statt. Meine den Teig haltende Hand schwebte schon über dem geöffneten Mülleimer, als Herr H. die Küche betrat. Moment, rief er, was ist denn das? Ich klärte ihn auf und ließ die Hand dabei weiter sinken. Er entriss mir das Päckchen, legte es behutsam in den Kühlschrank und sagte, wir müssten ihm zumindest eine Chance geben. Man stecke da schließlich nicht drin. Ich schüttelte innerlich den Kopf und hoffte, dass vom aufgetauten Teig ein scheußlich-ranziger Geruch ausgehen würde. Am nächsten Abend öffnete ich das Päckchen und schnupperte vorsichtig und konnte es kaum glauben. Der Teig roch frisch, buttrig und überhaupt nicht ranzig. Triumphierend hielt Herr H. mir das passende Rezept entgegen.

Für die Tarteletts mit Puy-Linsen (ca. 6):

  • 100 g Puy-Linsen
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 TL Kreuzkümmelsamen
  • 1 TL Koriandersamen
  • Olivenöl
  • 1 kleine Zwiebel, fein gehackt
  • (ich: 1 TL Ahornsirup)
  • 1 Knoblauchzehe, mit wenig grobem Meersalz zu Paste gerieben
  • 125 g griechischer Naturjoghurt (ich: 3,8%iger und Crème fraîche halb und halb)
  • 25 g junge Spinatblätter (ich: 100 g)
  • 1,5 EL gehacktes Koriandergrün
  • 1,5 EL gehackte Minze
  • Saft 1/2 Zitrone (ich: plus wenig Abrieb)
  • Salz und schwarzer Pfeffer
  • 200 g Blätterteig (ich: inversée von hier)
  • 1 Mini-Ei, verquirlt

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Während die Linsen in ca. 300 g Wasser mit dem Lorbeerblatt köchelten (ca. 40 Min), röstete und mahlte Herr H. Kreuzkümmel und Koriander. Ich erhitzte etwas Olivenöl, briet erst Zwiebeln und später Knoblauch darin goldgelb und sehr weich und gab den Ahornsirup hinzu. Herr H. ergänzte die Gewürze und nachdem alles leicht karamellisiert war, stellte ich den Topf zum Abkühlen beiseite. Herr H. ließ den Spinat (bis auf eine Handvoll) in etwas Olivenöl kurz zusammenfallen und stellte ihn ebenfalls beiseite. Ich goss die gegarten Linsen ab und ließ auch sie abkühlen.

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Den aufgetauten Blätterteig rollte ich auf leicht bemehlter Arbeitsfläche ca. 3 mm dünn aus, schnitt mit Hilfe eines 8 cm Tarterings Kreise daraus, legte sie auf das Backblech und stellte es für 30 Minuten kalt. Beim Schneiden der Teigkreise ist es wichtig, die einzelnen Schichten nicht mit dem Messer von oben zusammen zu drücken, da der Teig ansonsten später nicht so schön blättert. Am besten schneidet man mit einem sehr scharfen Messer eher seitlich. Die gekühlten Kreise bestrich ich mit verquirltem Ei und buk sie bei 200°C ca. 15 – 20 Minuten. Während ich vollkommen fasziniert den Blättervorgang beobachtete, vermengte Herr H. die abgekühlten Linsen mit Joghurt, Spinat, Zitronensaft und -abrieb und schmeckte mit Pfeffer und Salz ab. Es klang, als sei die Aromenkombination gelungen. Ich legte die abgekühlten Teigkreise auf die Teller, häufte etwas zuviel Linsen darauf und gab sie zum Shooting frei.

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Fazit: Meine Nichte würde sagen, „Helle Wahnsinn!“. Ich fühlte mich beim ersten Bissen so dermaßen in meine Kindheit katapultiert, dass mir ganz schwurbelig wurde. Damals gab es in den eher besseren gutbürgerlichen Restaurants, die nur zu besonders feierlichen Anlässen wie Hochzeiten oder runden Geburtstagen aufgesucht wurden, als Vorspeise häufig Pastetchen mit cremiger Ragout-Füllung, die ich absolut heiß und innig liebte. Dieser Blätterteig ist wirklich der blättrigste, knusprigste und dabei leicht anmutende, den ich je verzehrt habe. Die würzigen Linsen passten absolut perfekt und auch Herr H. merkte an, dass es nun ja zum einem gut sei, dass kein Blätterteig mehr da sei, aber dass wir zum anderen wohl dringend wieder welchen herstellen müssten. So kann es kommen.

Aus: Genussvoll vegetarisch Yotam Ottolenghi

Miléna kriegt die Motten!

milena 4Darf ich vorstellen? Das ist Mme. Miléna, eine der Millefeuille-Schnitten von Hermé. Sie stand schon eine ganze Weile auf meiner Backliste, also der imaginären. Der Grund für meine Zurückhaltung war schlicht und ergreifend der Blätterteig, insbesondere der französische inversée. Bei dieser Methode wird der Détrompe (Mehlteig) in die Beurrage (Butterteig) eingeschlagen. Beim normalen Blätterteig macht man es anders herum. Einmal habe ich diesen Teig bislang hergestellt (Pflaumentarte). Das Ergebnis war wenig befriedigend, da der Boden klitschig blieb. Auch weitere Versuche einen gut blätternden Teig zu fabrizieren waren eher durchwachsen. Als ich kürzlich wieder am Rezept vorbeiblätterte, rief Herr H. plötzlich, die, die müssten wir als nächste machen! Meine Einwände blieben fruchtlos. Also machte ich mich wenig zuversichtlich ans Werk.

Für den Blätterteig inversée (ergibt ca. 850 g Teig, benötigt wird ca. 1/3):

Für die Beurrage:

  • 187,5 g Butter (Hermé verwendet eine mit 86% Fett, meine hatte nur 82%)
  • 75 g Weizenmehl 550er

Für den Détrempe:

  • 350 g Weizenmehl 405er
  • 15 g Fleur de Sel (ich: 10 g)
  • 112,5 g Butter
  • 150 g Wasser
  • 2,5 g Branntweinessig (ich: Weißweinessig)

Blätterteig serie 2Für die Beurrage zerkrümelte ich die gestückelte Butter mit dem Mehl, ähnlich wie bei einem Mürbeteig, dann knetete ich alles rasch zu einer homogenen Platte, wickelte sie in Folie und legte das Paket in den Kühlschrank. Sind Butter und Hände einigermaßen kühl, geht das recht einfach. Ich habe Glück, meine Hände sind fast immer kalt, Teighände, wie meine Großmutter immer scherzhaft bemerkte. Herr H. hatte inzwischen die Zutaten für den Détrempe in die Schüssel der Maschine gegeben und ließ sie 6 Minuten langsam, dann 4 Minuten auf nächsthöherer Stufe zu einem glatten Teig kneten. Er wickelte ihn zu einem Würfel geformt ein und legte auch ihn in den Kühlschrank. Nach einer Stunde nahm ich beide Teige wieder heraus. Ich rollte die Beurrage zwischen Folie zu einem flachen, ca 5mm dicken Quadrat, legte den Détrempe versetzt (so, dass seine Ecken zu den Seiten der Beurrage zeigten) darauf und schlug ihn ein. Direkt im Anschluss gab ich dem Teig die erste doppelte Tour (hier wird die Herstellung von Blätterteig recht anschaulich erklärt). Ich war froh, Folie verwendet zu haben, weil die Beurrage mächtig klebte. Nach zwei Stunden gab ich dem Teig die zweite doppelte Tour. Dann durfte er über Nacht ruhen. Theoretisch kann er nach weiteren zwei Stunde noch eine einfache Tour bekommen und dann direkt ausgerollt werden.

blätterteig serieIch gab dem Teig am nächsten Vormittag die einfach Tour, nahm ca. 1/3 (270 g) davon ab und halbierte ihn wiederum. Beide Hälften rollte ich kreisförmig aus. Sie sollten 2mm dünn sein. Meine waren leider eher 4-5mm dick. Ich legte sie auf ein Backblech, löcherte sie mit der Gabel und stellte das Blech für zwei Stunden kalt. Das soll das Zusammenziehen des Teiges beim Backen verhindern. Ich heizte den Backofen auf 230°C vor, zog das Backpapier auf ein anderes Blech, dessen Boden ich mit Wasser besprüht hatte und bestreute die Oberfläche des Teigs mit feinem Zucker. Dann schob ich das Blech in den Backofen und schaltete die Temperatur sofort auf 190°C zurück. Nach 10 Minuten, der Teig hatte sich zu meinem Entsetzen schon kräftig aufgeplustert, legte ich Backpapier und ein Gitter auf und buk die Kreise weitere 8 Minuten. Dann nahm ich das Blech heraus, drehte die Teigkreise um und bestäubte sie mit Puderzucker. Ich heizte den Ofen auf 250°C hoch und schob das Blech erneut in den Ofen. Nach kurzer Zeit begann der Puderzucker zu karamellisieren – leider jedoch nur inselartig. Während die karamellisierten Stellen immer dunkler wurden, weigerten sich andere Stellen überhaupt zu karamellisieren. Leicht frustriert nahm ich das Blech auf dem Ofen und ließ die Teigkreise abkühlen. Danach bewahrte ich sie luftdicht verpackt auf.

Für den Joconde-Biskuit (ich wählte den Biskuit des nachfolgenden Rezepts, da der der Miléna nach Emulgator HF 66 und Flüssigsorbit verlangte, so gut bin ich dann doch nicht sortiert) 2 Scheiben à 16cm:

  • 55 g gemahlene Mandeln
  • 5 g Invertzucker (oder Honig)
  • 45 g Puderzucker
  • 75 g Ei
  • 10 g flüssige, abgekühlte Butter
  • 47,5 g Eiweiß
  • 7,5 g Zucker
  • 15 g Weizenmehl 812er

joconde serieHerr H. gab Mandeln, Invertzucker, Puderzucker und die Hälfte des Eis in eine Schüssel und schlug alles 8 Minuten zu einer hellen, schaumigen Masse auf. Dann gab er das restliche Ei in zwei Schritten zu und schlug die Masse noch weitere 10 Minuten. Ich schlug derweil das Eiweiß mit dem Zucker zu mittelfestem Schnee und hob es mit dem Mehl unter die andere Masse. Davon gab ich einen EL zur flüssigen Butter, schlug sie kurz auf und hob sie ebenfalls unter die Masse. Ich strich sie ca. 2mm hoch auf Backpapier und buk sie 8 Minuten bei 230°C. Nach dem Abkühlen schnitt ich mit Hilfe der Springform zwei Kreise aus, die ich luftdicht aufbewahrte. Den Rest des köstlichen Biskuits naschten wir so weg.

Für das Kompott aus roten Früchten:

  • 5 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 10 g Zitronensaft (ich: Bergamottensaft)
  • 70 g Himbeerpüree (ich: weg gelassen)
  • 140 g Erdbeerpüree (ich: 210 g)
  • 27,5 g Zucker

fruchtscheibe serieDank der lieben Susi/ Prostmahlzeit (sie hat viele fantastische Bergamotten-Rezepte), befinden sich neben wundervollen Pomeranzen auch wieder Bergamotten in meinem Besitz. Ich erinnerte mich daran, dass sie einmal meinte, ich solle Saft und Schale der Bergamotten einfrieren, um im Sommer daraus die köstlichste Erdbeermarmelade der Welt zu kochen. Nun, ich hatte noch Erdbeeren im TK und frische Bergamotten, was also lag näher, als die beiden zu „vermählen“. Ich ließ die Erdbeeren auftauen, dabei entsafteten sich sich nahezu von allein. Hätte ich mehr Erdbeeren aufgetaut, hätte ich nur den reinen Saft genommen. So gab ich die restlichen Früchte durch’s Sieb und vermengte sie mit Zucker und Bergamottensaft. Ich schmolz die Gelatine im Wasserbad, rührte 2 EL der Erdbeerpürees ein und dann den Rest. Das fertige Kompott gab ich in die 16er Form, deren Boden ich mit Folie bespannt hatte. Dadurch hielt sie dicht. Nach 2 Stunden war das Kompott erstarrt.

Für die Bergamottencreme:

  •  4,3 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 25 g Wasser
  • 55 g feiner Zucker
  • 3 g Bergamottenabrieb, fein gehackt
  • 25 g Eigelb
  • 30 g Bergamottensaft
  • 150 g Sahne, cremig geschlagen

bergamottencreme serieDa Hermé eine (recht aufwändige) Minzcreme verwendet, war ich bei der Rezeptierung völlig auf mich allein gestellt. Ich hoffte, die Bergamottenschalen würde die Creme hinreichend parfümieren. Leider ist das Aroma der Schalen jedoch nicht nur nicht wasserlöslich, sondern auch nicht siruplöslich und den Saft konnte ich nicht in den Sirup geben, da dann Invertzucker entstanden wäre. Was tun? Ich kochte den Sirup bis 118°C, gab die Schalen hinein, schlug die Eigelbe weißschaumig und ließ den Sirup beim Schlagen langsam einlaufen. Dann gab ich den Bergamottensaft hinzu und schlug weiter, bis die Creme abgekühlt war. Ich schmolz die Gelatine im Wasserbad, rührte etwas Creme und dann die restliche Creme unter. Darunter hob ich die geschlagenen Sahne. Die fertige Creme zieht rasch an und sollte sofort verwendet werden.

füllen serieIch füllte ca. die Hälfte der Creme in die 16er Springform (Boden mit Folie bespannt), legte die Biskuit-Frucht-Biskuit-Scheibe darauf und verteilte die restliche Creme darauf. Nach dem Glattstreichen fror ich die Form für 4 Stunde ein. Dann schnitt ich die Ränder ab, so dass ein Quadrat entstand und viertelte es. Aus den Blätterteigscheiben schnitt ich mit dem Sägemesser (karamellisierte Seite nach unten, dann splittert es nicht so arg, das ist wie beim Sägen von Küchenarbeitsplatten) in entsprechender Größe zurecht und staunte ob der wunderschönen Blätterung. Auch wenn die Scheiben etwas zu dick geraten waren, waren sie jedoch perfekt gebacken! Ich legte unter und über die Schnitten eine Scheibe Blätterteig und just in dem Moment kam Herr H. zur Tür hinein. Hoch erfreut machte er sich an’s Fotografieren.

milena 5Fazit: Die Blätterung der unteren Scheibe litt zwar ein wenig durch das Gewicht der Füllung, aber das tat dem insgesamt fantastischen Geschmack der Schnitten keinen Abbruch. Die Kombination von Erdbeer und Bergamotte war wirklich ein Glückstreffer. Der Blätterteig war knusprig und, ich kann nicht umhin es noch einmal zu wiederholen, perfekt durchgebacken. Allein die Fruchtschicht hätte für meinen Geschmack noch ein wenig dicker sein könne, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau! Ich bin froh, dass ich von diesem hervorragendem Teig noch eine ganz Menge im Vorrat habe und auch drei Bergamotten harren noch ihrer Verwendung

Die Nachbarn aus dem zweiten Stock bekamen auch eine Kostprobe. Leider weiß ich noch nicht, ob es ihnen auch so gut geschmeckt hat. Ich werde berichten.

Leicht modifiziert aus: PH10 Pierre Hermé

Zehrpfennig* oder Königsbrot?

galette 10 - klWas genau es mit den Heiligen Drei Königen, die in der Weihnachtsgeschichte des Matthäus-Evangeliums als Sterndeuter Erwähnung fanden, auf sich hat, ist mir auch nach ausgedehnter Recherche nicht ganz klar geworden. Hat es die Magier aus dem Osten wirklich gegeben? Sind sie wirklich einem Stern gefolgt, der ihrem Verständnis nach die Geburt eines Königs ankündigte? Oder sind das alles nur Legenden? Ich vermag das, als relativ atheistische Protestantin, nicht herauszufinden. Klar ist, dass sich aufgrund dieser Legenden in Deutschland der Brauch des Dreikönigssinges am 6. Januar des Jahres herausbildete. Der letzlich den nicht besonders heiligen Hintergrund hatte, sich in der kalten Jahreszeit ein Zubrot zu verdienen, den „Zehrpfennig“. In anderen europäischen, eher katholisch geprägten Ländern hingegen, wurde mit einem exquisiten Gebäck tatsächlich der Ankunft des Königs gehuldigt und auch wenn Herr H. noch ein ganzes Quentchen atheistischer ist als ich, verlangte er nach dem „Kuchen“.

Für den Blätterteig inversée (Grundrezept folgt), 2 Scheiben à 16cm:

Butterteig:

  • 94 g Butter
  • 37,5 g Weizenmehl 550er

Wasser-Mehl-Teig:

  • 87,5 g Weizenmehl 405er
  • 4 g Fleur de Sel
  • 29 g Butter
  • 37,5 g Wasser
  • 0,5 g Essig

Ich knetete beide Teige zunächst zügig von Hand, formte sie zu einem flachen Ziegel und legte sie verpackt für 2 Stunden in den Kühlschrank. Dann, sehr zu meinem Erstaunen, da ich die Herstellung dieses Teiges von Felder anders kenne, verknetete ich beide Ziegel miteinander und gab ihnen zwischen Frischhaltefolie die erste doppelte Tour. Zwei Stunden Kühlung später die zweite doppelte und 2 Stunden darauf die letzte, einfache Tour. Nun war der Teig gebrauchsfähig. Er kann jedoch auch 2 Tage im Kühlschrank oder mehrere Monate im Eis aufbewahrt werden.

Für die Mandelcreme (Frangipane) mit Kokosnuss und Limettenschalen:

  • 37,5 g Puderzucker
  • 19 g gemahlene Mandeln
  • 19 g gemahlene Kokosnuss
  • Schale 1/4 Limette, fein gehackt
  • 3,5 g Stärke
  • 30 g Butter
  • 22,5 g Ei
  • 3,5 g brauner Rum
  • 1 g frischer Ingwer, fein gerieben
  • 80 g Crème pâtissière

frangipane serieWährend Herr H. die übrigen Zutaten bereit stellte, rührte ich die Butter cremig. Dann gab er die trockenen Zutaten zur Butter, ich rührte sie unter und anschließend das Ei ein. Es folgten Rum und Ingwer und zuletzt die Crème pâtissière. Die fertige Crème deckte ich auf der Oberfläche mit Frischhaltefolie ab und stellte sie bis zum nächsten Tag kalt.

Für den karamellisierten Vanillesirup:

  • 37,4 g feiner Zucker
  • 2 Scheiben Ingwer
  • 2 Jamaikapfefferkörner (ich: Kubeben), angestoßen
  • 1/4 Vanilleschote (ich: 1/2 TL Vanilleessenz)
  • 82,5 g Wasser
  • 37,5 g Bananenpüree
  • 5 g brauner Rum
  • 10 g Zitronensaft

karamellisierter vanille sirup serieIch ließ zunächst den Zucker bei milder Hitze bernsteinfarben karamellisieren. Dann gab ich Ingwer und Pfeffer hinzu und 5 Sekunden später das Wasser. Als ich das zum ersten Mal machte, hatte ich mächtig Angst. Was würde wohl passieren, wenn man kaltes Wasser in ca. 160°C heißen Zucker gibt? Diese Angst war völlig unbegründet. Es zischt und brodelt im ersten Moment zwar furchteinflößend, aber dann löst sich der erstarrte Zucker sogleich wieder. Ich gab Bananenpüree, Rum und Zitronensaft hinzu, ließ alles kurz aufkochen und gab den Sirup durch ein Sieb in eine Schale. Er schmeckte genauso köstlich, wie er roch.

Für die karamellisierte, gebratene Ananas:

  • ca. 375 g Ananas (ich: halb Ananas, halb Mango)
  • karamellisierter Vanillesirup

ananas-mango-karamelliserter vanillesirup serieIch heizte den Backofen auf 220°C vor, legte Ananas- und Mangostücken in eine Auflaufform und gab den Sirup darüber. Dann schob ich sie in den Backofen und ließ sie ca. 30 Minuten braten. Dabei beträufelte ich sie regelmäßig mit Sirup. Nach dem Abkühlen ließ ich die Früchte eine gute Stunde abtropfen und bewahrte sie dann kalt auf.

füllen serieAm nächsten Tag, Herrn H. hatte es leider wieder ins Büro verschlagen, rollte ich den Blätterteig ca. 5mm dünn aus. Ich legte den 16er Tortenring auf und fuhr senkrecht mit einem scharfen Messer darum herum. Das exakt senkrechte Schneiden ist für das später Aufblättern des Randes sehr wichtig. Ich wickelte beide Scheiben ein und kühlte sie eine weitere halbe Stunde. Dann legte ich die etwas dickere Scheibe auf ein mit Backpapier bespanntes Blech, drückte eine 12er Schüssel kurz an, um eine Markierung für die Crème zu haben und trug die Crème mit der angefeuchteten Palette ca. 1,5cm dick auf. Nun schnitt ich eine Mangohälfte in 3mm dünne Scheiben und legte sie auf die Crème. Ich befeuchtete den Rand der Galette vorsichtig mit wenig Wasser (damit der Deckel besser klebt). Es sollte nicht am Rand hinab rinnen, da der sonst nicht so schön blättert. Ich zog die zweite Teigplatte vorsichtig noch ein wenig auseinander, legte sie auf und drückte sie rundherum gleichmäßig fest an. Nach einer weiteren halben Stunde Kühlung schnitt ich den Rand ringsherum im Abstand von 1,5cm ein, während ich in jeden Zwischenraum mit der Fingerspitze eine Mulde drückte. David hat ein erklärendes Bild dazu. Ich bestrich die Oberfläche der Galette dünn mit verquirltem Ei und buk sie knapp 40 Minuten bei 180°C. Fast die ganze Zeit drückte ich mir die Nase an der Backofenscheibe platt. Ich hatte wenig Hoffung, dass der Teig tatsächlich blättern würde, so suspekt war mir die Art der Teigzubereitung gewesen.

galette 12 -klFazit: Zum Glück erwiesen sich meine Sorgen als völlig überflüssig. Ich beobachtete mit Staunen, wie der Rand mehr und mehr blätterte. Nach dem Backen ließ ich die Galette im Flur abkühlen. Als Herr H. sie bei der Heimkehr entdeckte, freute er sich riesig, dass sie so gut gelungen war. Nach dem ersten Bild schnitt ich ein Stückchen ab und seufzte, der Boden war leider nicht ganz so perfekt durchgebacken wie der Rand. Vielleicht hilft es tatsächlich, den Ofen zunächst auf 230°C hochzuheizen und ihn erst beim Einschieben auf 180°C zurückzuschalten. Geschmacklich machte sich dieser kleine Fehler nicht bemerkbar. Die Galette knusperte, die Crème mit Limette und Kokos und der karamellisierten Mango war herrlich frisch und alles passte wie immer bei Hermé bestens zusammen. Aber ob das nun königstauglich wäre, vermag ich nicht zu sagen.

Aus: PH10 Pièrre Hérme

*Zehrpfennig