Darf ich vorstellen? Das ist Mme. Miléna, eine der Millefeuille-Schnitten von Hermé. Sie stand schon eine ganze Weile auf meiner Backliste, also der imaginären. Der Grund für meine Zurückhaltung war schlicht und ergreifend der Blätterteig, insbesondere der französische inversée. Bei dieser Methode wird der Détrompe (Mehlteig) in die Beurrage (Butterteig) eingeschlagen. Beim normalen Blätterteig macht man es anders herum. Einmal habe ich diesen Teig bislang hergestellt (Pflaumentarte). Das Ergebnis war wenig befriedigend, da der Boden klitschig blieb. Auch weitere Versuche einen gut blätternden Teig zu fabrizieren waren eher durchwachsen. Als ich kürzlich wieder am Rezept vorbeiblätterte, rief Herr H. plötzlich, die, die müssten wir als nächste machen! Meine Einwände blieben fruchtlos. Also machte ich mich wenig zuversichtlich ans Werk.
Für den Blätterteig inversée (ergibt ca. 850 g Teig, benötigt wird ca. 1/3):
Für die Beurrage:
- 187,5 g Butter (Hermé verwendet eine mit 86% Fett, meine hatte nur 82%)
- 75 g Weizenmehl 550er
Für den Détrempe:
- 350 g Weizenmehl 405er
- 15 g Fleur de Sel (ich: 10 g)
- 112,5 g Butter
- 150 g Wasser
- 2,5 g Branntweinessig (ich: Weißweinessig)
Für die Beurrage zerkrümelte ich die gestückelte Butter mit dem Mehl, ähnlich wie bei einem Mürbeteig, dann knetete ich alles rasch zu einer homogenen Platte, wickelte sie in Folie und legte das Paket in den Kühlschrank. Sind Butter und Hände einigermaßen kühl, geht das recht einfach. Ich habe Glück, meine Hände sind fast immer kalt, Teighände, wie meine Großmutter immer scherzhaft bemerkte. Herr H. hatte inzwischen die Zutaten für den Détrempe in die Schüssel der Maschine gegeben und ließ sie 6 Minuten langsam, dann 4 Minuten auf nächsthöherer Stufe zu einem glatten Teig kneten. Er wickelte ihn zu einem Würfel geformt ein und legte auch ihn in den Kühlschrank. Nach einer Stunde nahm ich beide Teige wieder heraus. Ich rollte die Beurrage zwischen Folie zu einem flachen, ca 5mm dicken Quadrat, legte den Détrempe versetzt (so, dass seine Ecken zu den Seiten der Beurrage zeigten) darauf und schlug ihn ein. Direkt im Anschluss gab ich dem Teig die erste doppelte Tour (hier wird die Herstellung von Blätterteig recht anschaulich erklärt). Ich war froh, Folie verwendet zu haben, weil die Beurrage mächtig klebte. Nach zwei Stunden gab ich dem Teig die zweite doppelte Tour. Dann durfte er über Nacht ruhen. Theoretisch kann er nach weiteren zwei Stunde noch eine einfache Tour bekommen und dann direkt ausgerollt werden.
Ich gab dem Teig am nächsten Vormittag die einfach Tour, nahm ca. 1/3 (270 g) davon ab und halbierte ihn wiederum. Beide Hälften rollte ich kreisförmig aus. Sie sollten 2mm dünn sein. Meine waren leider eher 4-5mm dick. Ich legte sie auf ein Backblech, löcherte sie mit der Gabel und stellte das Blech für zwei Stunden kalt. Das soll das Zusammenziehen des Teiges beim Backen verhindern. Ich heizte den Backofen auf 230°C vor, zog das Backpapier auf ein anderes Blech, dessen Boden ich mit Wasser besprüht hatte und bestreute die Oberfläche des Teigs mit feinem Zucker. Dann schob ich das Blech in den Backofen und schaltete die Temperatur sofort auf 190°C zurück. Nach 10 Minuten, der Teig hatte sich zu meinem Entsetzen schon kräftig aufgeplustert, legte ich Backpapier und ein Gitter auf und buk die Kreise weitere 8 Minuten. Dann nahm ich das Blech heraus, drehte die Teigkreise um und bestäubte sie mit Puderzucker. Ich heizte den Ofen auf 250°C hoch und schob das Blech erneut in den Ofen. Nach kurzer Zeit begann der Puderzucker zu karamellisieren – leider jedoch nur inselartig. Während die karamellisierten Stellen immer dunkler wurden, weigerten sich andere Stellen überhaupt zu karamellisieren. Leicht frustriert nahm ich das Blech auf dem Ofen und ließ die Teigkreise abkühlen. Danach bewahrte ich sie luftdicht verpackt auf.
Für den Joconde-Biskuit (ich wählte den Biskuit des nachfolgenden Rezepts, da der der Miléna nach Emulgator HF 66 und Flüssigsorbit verlangte, so gut bin ich dann doch nicht sortiert) 2 Scheiben à 16cm:
- 55 g gemahlene Mandeln
- 5 g Invertzucker (oder Honig)
- 45 g Puderzucker
- 75 g Ei
- 10 g flüssige, abgekühlte Butter
- 47,5 g Eiweiß
- 7,5 g Zucker
- 15 g Weizenmehl 812er
Herr H. gab Mandeln, Invertzucker, Puderzucker und die Hälfte des Eis in eine Schüssel und schlug alles 8 Minuten zu einer hellen, schaumigen Masse auf. Dann gab er das restliche Ei in zwei Schritten zu und schlug die Masse noch weitere 10 Minuten. Ich schlug derweil das Eiweiß mit dem Zucker zu mittelfestem Schnee und hob es mit dem Mehl unter die andere Masse. Davon gab ich einen EL zur flüssigen Butter, schlug sie kurz auf und hob sie ebenfalls unter die Masse. Ich strich sie ca. 2mm hoch auf Backpapier und buk sie 8 Minuten bei 230°C. Nach dem Abkühlen schnitt ich mit Hilfe der Springform zwei Kreise aus, die ich luftdicht aufbewahrte. Den Rest des köstlichen Biskuits naschten wir so weg.
Für das Kompott aus roten Früchten:
- 5 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
- 10 g Zitronensaft (ich: Bergamottensaft)
- 70 g Himbeerpüree (ich: weg gelassen)
- 140 g Erdbeerpüree (ich: 210 g)
- 27,5 g Zucker
Dank der lieben Susi/ Prostmahlzeit (sie hat viele fantastische Bergamotten-Rezepte), befinden sich neben wundervollen Pomeranzen auch wieder Bergamotten in meinem Besitz. Ich erinnerte mich daran, dass sie einmal meinte, ich solle Saft und Schale der Bergamotten einfrieren, um im Sommer daraus die köstlichste Erdbeermarmelade der Welt zu kochen. Nun, ich hatte noch Erdbeeren im TK und frische Bergamotten, was also lag näher, als die beiden zu „vermählen“. Ich ließ die Erdbeeren auftauen, dabei entsafteten sich sich nahezu von allein. Hätte ich mehr Erdbeeren aufgetaut, hätte ich nur den reinen Saft genommen. So gab ich die restlichen Früchte durch’s Sieb und vermengte sie mit Zucker und Bergamottensaft. Ich schmolz die Gelatine im Wasserbad, rührte 2 EL der Erdbeerpürees ein und dann den Rest. Das fertige Kompott gab ich in die 16er Form, deren Boden ich mit Folie bespannt hatte. Dadurch hielt sie dicht. Nach 2 Stunden war das Kompott erstarrt.
Für die Bergamottencreme:
- 4,3 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
- 25 g Wasser
- 55 g feiner Zucker
- 3 g Bergamottenabrieb, fein gehackt
- 25 g Eigelb
- 30 g Bergamottensaft
- 150 g Sahne, cremig geschlagen
Da Hermé eine (recht aufwändige) Minzcreme verwendet, war ich bei der Rezeptierung völlig auf mich allein gestellt. Ich hoffte, die Bergamottenschalen würde die Creme hinreichend parfümieren. Leider ist das Aroma der Schalen jedoch nicht nur nicht wasserlöslich, sondern auch nicht siruplöslich und den Saft konnte ich nicht in den Sirup geben, da dann Invertzucker entstanden wäre. Was tun? Ich kochte den Sirup bis 118°C, gab die Schalen hinein, schlug die Eigelbe weißschaumig und ließ den Sirup beim Schlagen langsam einlaufen. Dann gab ich den Bergamottensaft hinzu und schlug weiter, bis die Creme abgekühlt war. Ich schmolz die Gelatine im Wasserbad, rührte etwas Creme und dann die restliche Creme unter. Darunter hob ich die geschlagenen Sahne. Die fertige Creme zieht rasch an und sollte sofort verwendet werden.
Ich füllte ca. die Hälfte der Creme in die 16er Springform (Boden mit Folie bespannt), legte die Biskuit-Frucht-Biskuit-Scheibe darauf und verteilte die restliche Creme darauf. Nach dem Glattstreichen fror ich die Form für 4 Stunde ein. Dann schnitt ich die Ränder ab, so dass ein Quadrat entstand und viertelte es. Aus den Blätterteigscheiben schnitt ich mit dem Sägemesser (karamellisierte Seite nach unten, dann splittert es nicht so arg, das ist wie beim Sägen von Küchenarbeitsplatten) in entsprechender Größe zurecht und staunte ob der wunderschönen Blätterung. Auch wenn die Scheiben etwas zu dick geraten waren, waren sie jedoch perfekt gebacken! Ich legte unter und über die Schnitten eine Scheibe Blätterteig und just in dem Moment kam Herr H. zur Tür hinein. Hoch erfreut machte er sich an’s Fotografieren.
Fazit: Die Blätterung der unteren Scheibe litt zwar ein wenig durch das Gewicht der Füllung, aber das tat dem insgesamt fantastischen Geschmack der Schnitten keinen Abbruch. Die Kombination von Erdbeer und Bergamotte war wirklich ein Glückstreffer. Der Blätterteig war knusprig und, ich kann nicht umhin es noch einmal zu wiederholen, perfekt durchgebacken. Allein die Fruchtschicht hätte für meinen Geschmack noch ein wenig dicker sein könne, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau! Ich bin froh, dass ich von diesem hervorragendem Teig noch eine ganz Menge im Vorrat habe und auch drei Bergamotten harren noch ihrer Verwendung
Die Nachbarn aus dem zweiten Stock bekamen auch eine Kostprobe. Leider weiß ich noch nicht, ob es ihnen auch so gut geschmeckt hat. Ich werde berichten.
Leicht modifiziert aus: PH10 Pierre Hermé
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