Endlich einmal gibt es eine Information darüber, wie das Kind zum Namen kam. Mit einem weißen Quadrat wurden früher Sendungen im französischen Fernsehen gekennzeichnet, die aufgrund ihres „gewagten“ Inhalts nicht für Kinderaugen bestimmt waren. So Hermé. Da nun in den letzten 30 Jahren die Grenzen des Tabus – zumindest im Fernsehen – aufgehoben wurden, bleiben nunmehr nur noch Bereiche in uns selbst zu finden, in denen das feste Regiment der Tabus herrscht. Und dieses Törtchen bietet zumindest dem Geschmackssinn ein ganz neues Abenteuer. Als ich mir die Liste der Zutaten zum ersten Mal durchlas und auf unser gewohntes Viertel herunter rechnete, stutzte ich. 300 g Mascarpone, fragte ich Herrn H. entsetzt? Das müsse doch ein Druckfehler sein! Er schüttelte nur weise den Kopf und forderte mich auf, endlich zu beginnen.
Für den zarten Biskuit mit Mandelsplittern (Backrahmen 25 x 40 cm):
- 47 g ganze, geschälte Mandeln
- 10 g ganze, geschälte Haselnüsse
- 10 g ganze geschälte Pistazien
- 27 g Puderzucker
- 15 g Weizenmehl 550er
- 72 g Eiweiß
- 16 g feiner Zucker
- 30 g dunkler Rohzucker
Zunächst widmeten wir uns der undankbaren Aufgabe, die Nüsse von ihren Häuten zu befreien. Bei Mandeln und Pistazien ist dies relativ einfach. Man weicht sie eine Weile in heißem Wasser ein und schon lassen sie sich anstandslos fluppen. Haselnüsse hingegen sind ungleich hartnäckiger. Die Einweichmethode zieht bei ihnen nicht. Die einzig funktionierende Methode, die ich bislang kenne, ist die, sie zu rösten und danach die Schale abzureiben. Aber wir wollten keine gerösteten Haselnüsse, also musste die Schale dran bleiben. Nach dem Häuten durften die Nüsse im Backofen durchtrocknen. Anschließend hackte Herr H. sie mittelfein. Ich schlug das Eiweiß zu einer mittelfesten Meringue und gab während des Schlagens den Zucker in 3 Schritten zu. Dann hob ich die Trockenmischung behutsam unter und verteilte die Masse im auf Backpapier stehenden Backrahmen. Nach 15 Minuten bei 200°C war der Biskuit perfekt gar. Nach dem Abkühlen lagerte ich ihn kalt.
Für die Birnen-Preiselbeerkonfitüre mit Zimt:
- 85 g reife Birne, geschält, klein gewürfelt ( ca. 3mm)
- 18 g saftige Aprikosen (ich: Mango), klein gewürfelt
- 2 g Gelatine
- 74 g Preiselbeeren (ich: Glas, Frucht : Zucker = 50 : 50)
- 34 g Korinthen
- 25 g Orangensaft
- 35 g feiner Zucker (ich: 2 TL)
- 0,4 g Zimt
- 4 g Grand Marnier oder Cointreau
Nachdem alle Zutaten vorbereitet und gewürfelt waren, weichte ich die Gelatine ca. 10 Minuten in sehr kaltem Wasser ein. Dann kochte ich alle Zutaten, bis auf Cointreau und Gelatine, offen auf und ließ sie 6 Minuten bei milder Hitze köcheln köcheln. Nun fügte ich den Cointreau hinzu und ließ alles weitere 3 Minuten köcheln. Anschließend füllte ich die Konfitüre in eine Schüssel, ließ sie 10 Minuten abkühlen, rührte die Gelatine unter und füllte sie ca 1cm hoch in 10 cm Formen (die Reste gab ich in eine weitere 10cm Form), die ich mit Frischhaltefolie ausgekleidet hatte. Diese durften im Gefrierschrank übernachten.
Mascarponecreme mit Ahornsirup:
- 4 g Gelatine (ich: 8 g), 20 Minuten eingeweicht
- 215 g Sahne
- 140 g reduzierter Ahornsirup ( 225 g leicht köchelnd reduziert auf 140 g, dauerte ca. 20 Minuten, abgekühlt)
- 61 g Eigelb
- 307 g Mascarpone
Zur Reduktion des Ahornsirup gab es keine genauen Angaben. Ich ließ ihn auf knapp die Hälfte reduzieren. Das dauerte ca. 20 Minuten bei mittlerer Hitze. Er wird beim Abkühlen karamellartig fest. Nach dem Abkühlen kochte ich ihn erneut mit der Sahne auf. Herr H. verquirlte die Eigelbe. Ich ließ die Sahnemischung einlaufen, während er weiter rührte. Anschließend erhitzte ich alles unter Rühren auf 83°C wie eine Crème anglaise. Darunter rührte ich die abgetropfte Gelatine und, nachdem sie auf 45°C abgekühlt war, die Mascarpone. Da die Creme selbst nach längerem Aufenthalt im Kühlschrank partout nicht anziehen wollte, löste ich 2 weitere Blätter Gelatine (4 g) auf und arbeitete sie ein. Besser.
Aus dem Biskuit hatte ich jeweils zwei 6 cm und zwei 12 cm Böden ausgestochen (und zwei 7,5cm). Ich gab etwas Creme in die 12er Kuppelform, legte den 6cm Boden ein, bedeckte ihn knapp mit Creme und legte die Konfitürescheibe daruf. Diese bedeckte ich mit einer weiteren Cremeschicht und legte den 12cm Boden darauf. In die beiden Dessertringe legte ich jeweil nur einen Boden, eine Cremeschicht, eine Fruchtschicht und eine abschließende Cremeschicht, Die Kuppelformen fror ich über Nacht ein.
Für die Birnenwürfel:
- ca. 80 g reife Birnenwürfel, geschält, 8 -10 mm Kantenlänge
- 30 g neutraler Guss*
Herr H. würfelte die Birnen. Ich kochte den neutralen Guss 4 Minuten, bis das Pektin NH sich vollständig aufgelöst hatte und gab es gemeinsam mit den Würfeln in eine Schüssel. Den Rest des neutralen Gusses brauchte ich für den Spiegel aus weißer Kuvertüre.
Für den Spiegel aus weißer Kuvertüre:
- 140 g Wasser
- 4 g Pektin NH
- 10 g Zucker
- 38 g Sahne
- 60 g weiße Kuvertüe
- 5 g Zuckersirup 30° Bé
- 3 g Glukose
Zunächst erhitzte ich das Wasser mit Sirup und Glukose. Dann rührte ich das mit Zucker vermengte Pektin NH ein und ließ es 3 Minuten köcheln. Von dem fertigen Guss nahm ich 50 g für die Birnenwürfel ab. Herr H hatte inzwischen die Kuvertüre gehackt und die aufgekochte Sahne untergerührt. Ich verrührte neutralen Guss und Sahne-Kuvertüre-Mischung auf hoher Geschwindigkeit und ließ den Guss auf 40°C abkühlen (besser bloß auf 50°C!). Dann löste ich die Schalen mithilfe eines heißen Handtuchs und übergoß die Törtchen auf einem Gitter mit dem Guss (der hätte flüssiger und wärmer sein müssen, um sich gleichmäßiger zu verteilen, vermute ich). Herr H drapierte die Birnenwürfel daruf und ich legte dünne Quadrate aus weißer Kuvertüre auf. Fertig. Nun durften die Törtchen noch einmal gut durchkühlen.
Fazit: Herr H. hatte mit seiner Unvoreingenommenheit ein weiteres Mal richtig gelegen. Böden, Creme und leicht säuerliche Fruchtschicht harmonierten bestens und die Üppigkeit war den Törtchen absolut nicht anzuschmecken. Neben der besten Nachbarin waren dieses Mal auch die Schwiegereltern höchst angetan von der Kreation. Mich störte der ungleichmäßig verlaufene und zu schnell erstarrte Guss sehr. Bei nächsten Mal würde ich ihn deshalb wärmer verarbeiten. Und wenn es eine Möglichkeit gäbe, die Törtchen sauberer zu schneiden, wäre ich auch sehr glücklich. Aber das sind natürlich „Luxusprobleme“, die dem Genuss in keinster Weise im Wege standen.
Aus: PH10 Pierre Hermé