Neun von Neun

Genau wie Susanne /Magentratzerl bin ich eine sehr große Liebhaberin von Teigtaschen aller Art. Umso erfreuter war ich, als ich am letzten Samstag Abend von der Arbeit kam, und der Schmortopf bereits gefüllt auf dem Herd stand. Es roch bereits sehr viel versprechend und Herr H. erklärte stolz, dass der Ochsenschwanz (bzw. die Beinscheiben) nun nur noch 2,5 – 3 Stunden schmoren müssten. Dann könnten wir die Ravioli füllen. Ob ich so gut wäre, den Teig vorzubereiten. Da traue er sich nicht dran. Leicht entgeistert sah ich auf die Uhr. Es war bereits halb sieben. Also wäre es neun, wenn ich das Fleisch auslösen könnte. Ich sagte ihm, dass ich überaus begeistert von seiner Initiative sei und erklärte ihm anschließend, dass wir das Pasta-Projekt aus Zeitgründen wohl lieber auf den nächsten Abend verschöben. Es sei denn, er wolle erst gegen 23 h zu Abend essen. Das wollte er natürlich nicht, also schmiedeten wir Plan B.

Für den Ochsenschwanz:

  • 1 kg Ochsenschwanz in Stücken (ich: ganze Beinscheiben)
  • Salz, Pfeffer
  • Olivenöl
  • 200 g Wurzelgemüse, gewürfelt (Karotte, Sellerie und Zwiebel)
  • 1 TL Tomatenmark
  • 500 g Rotwein (ich: 250 g)
  • 1,5 l Gemüsefond
  • 1 Rosmarinzweig
  • 1 Lorbeerblatt
  • 5 Wacholderbeeren
  • 10 Pfefferkörner
  • 1 kleine Zwiebel
  • 25 g Speck, fein gewürfelt

Herr H. hatte zunächst die Beinscheiben in Olivenöl beidseitig kräftig angebraten, sie beiseite gestellt und das Gemüse ebenfalls angebräunt. Er ließ das Tomatenmark kurz mitrösten, legte die Beinscheiben wieder ein und gab den Rotwein in drei Portionen hinzu, wobei er ihn jeweils vollständig reduzieren ließ. Dann hatte er die Gewürze hinzugefügt und alles mit Brühe bedeckt. Nach dem Aufkochen ließ er alles 3 Stunden sanft köcheln. Ich entnahm schließlich die Beinscheiben, stellte sie auf der Fensterbank kalt und siebte die Flüssigkeit durch das feine Sieb. Dann löste ich das Fleisch aus. Etwa die Hälfte gab ich in ca. 2/3 der um die Hälfte reduzierten Brühe. Ein Abschmecken war nicht mehr nötig. Bei uns gab es dazu Polenta und Rosenkohl. Aus dem übrigen Fleisch stellte ich am nächsten Abend die Füllung für die Ravioli her. Dazu ließ ich den Speck aus, schwitzte die Zwiebeln darin an und gab beides zum fein gecutterten Fleisch. Herr H. mischte etwas von der Brühe unter und schmeckte mit Salz und Pfeffer ab.

Für die Ochsenschwanz-Ravioli (ca. 30):

  • 80 g Weizenmehl 405er
  • 70 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei + 1 Eigelb
  • 1 – 2 TL Wasser
  • 1 Pr. Salz
  • Fleischfüllung von oben
  • restliche Brühe um etwa die Hälfte reduziert
  • 150 g junger Spinat
  • Parmesanspäne zum Anrichten
  • Pilzschaum, siehe unten

Ich gab das Mehl mit den Eiern und einer Prise Salz in eine Schüssel, verrührte alles grob mit dem Löffel und knetete den Pastateig schließlich ca. 10 Minuten von Hand, bis er glatt und elastisch war. Anfangs war er noch so trocken, dass ich 2 TL Wasser hinzu gab. Das entscheidet sich allerdings erst nach einigen Minuten Knetens. Man sollte auf keinen Fall gleich zu Beginn Wasser zugeben, da der Teig sich dann später nicht ordentlich ausrollen lässt, wenn er auch nur einen Hauch zu feucht ist. Nach einstündiger Ruhezeit teilte ich den Teig in drei Portionen und gab sie auf Stufe 2 von neun drei Mal durch die Pastamaschine. Der Teig war auch mit so geringer Eimenge perfekt und ließ sich schließlich bis Stufe neun von neun ausrollen. Eine Premiere! Zumal er auch beim Füllen nicht riss, was mir bei vorherigen Versuchen, die Pasta derart dünn auszurollen regelmäßig passiert war. Zum Füllen stach ich aus dem Bahnen Kreise mit 7 cm Durchmesser aus, gab einen guten TL Füllung darauf und bestrich die Hälfte des Randes mit Wasser. Dann klappte ich die Ravioli zusammen und legte sie auf ein mit Gries bestreutes Tuch. Herr H. kochte reichlich Salzwasser auf und ließ die Ravioli portionsweise ca. 3 Minuten siedend gar ziehen.

Für den Pilzschaum:

  • 50 g Pilze (je nach Jahreszeit: Champignons, Steinpilze, schwarze Trüffel), gewürfelt
  • 300 g Gemüsefond
  • 1 EL Butter
  • 2 EL Madeira
  • 50 g Sahne
  • Salz, Pfeffer

Während ich die Ravioli füllte, schwitzte Herr H. die Pilze in Butter an, löschte mit Madeira ab und ließ ihn vollständig einkochen. Dann goss er Fond und Sahne an und ließ alles bei moderater Hitze auf die Hälfte reduzieren. Er schmeckte mit Salz und Pfeffer ab, pürierte alles und gab die Sauce durch ein feines Sieb. Kurz vor dem Servieren schäumte er sie mit dem Pürierstab auf. (Es bleibt ein recht großer Rest Sauce, der sich anderntags bestens in einer Bechamel versenken lässt). Ich hatte den Spinat in wenig Butter zusammenfallen lassen und die Teller vorgewärmt. Nun richtete ich die Ravioli mit wenig Brühe, Pilzschaum, Spinat und Parmesanspänen an und reichte die Teller ins Studio. Gerade als ich den letzten Löffel in die Spülmaschine räumte, kehrte Herr H. freudestrahlend zurück. Wenn es auch nur halb so gut schmecke wie es aussähe, hätte sich der ganze Aufwand mehr als gelohnt.

Fazit: Nach dem Kosten, sahen wir uns an und sagten gleichzeitig, „ganz gewaltig!“ – ein geflügeltes Wort im Hause H. geprägt von Herrn H.s Mutter, die diesen Ausdruck stets bemüht, wenn ihr etwas besonders gut gefällt. Die hauchzarte Pasta umhüllte die hoch aromatische Fleischfüllung sehr elegant, Fleischbrühe und Pilzschaum sorgten für höchst passende Beiklänge und der Spinat erdete das Gericht. Ich war sehr, sehr froh, endlich einmal dermaßen filigrane Teigtaschen hergestellt zu haben. Das scheint von nun an keine Hürde mehr darzustellen.

Aus: Schnittlauch statt Petersilie Anna Matscher

„Knochen mit Loch“

ossobuco 1Die Sonne lockte uns am vergangenen Wochenende nach Draußen. Frühling, endlich! Aber der Schein trog. Ein eisiger Nordwind pfiff uns beim Wandern um die Ohren, drang lässig durch die viel zu dünnen Jacken und einen Berg, dessen Aufstieg uns hätte zum Schwitzen bringen können, gibt es hier in der norddeutschen Tiefebene leider nicht. Komplett durchgefroren kehrten wir am frühen Abend nach Hause zurück und etwas Wärmendes musste dringend auf den Tisch. Die leichten, frühlingshaften Salate hoben wir uns für die kommenden, immer wärmer werdenden Tage auf. Solange der Nordwind noch regiert, darf es gern ein herrliches Schmorgericht sein, wie dieses traditionelle Ossobuco alla Milanese. Genau zwei Beinscheiben vom Jundrind gab das Eis noch her. Perfekt!

Für das Ossobuco alla Milanese:

  • 1 kleine Zwiebel, grob gehackt
  • 1 kleine Möhre, grob gehackt
  • 1/4 Stange Sellerie, grob gehackt
  • 2 Beinscheiben vom Jungrind, je ca. 300 g
  • Mehl zum Wenden
  • Butter und Öl zum Braten
  • 1 EL Tomatenmark
  • 1 Bouquet garni (je 1 Zweig Thymian, Rosmarin, 1 Lorbeerblatt, dazu Basilikum- und Petersilienstängel)
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 400 g Kalbs- oder Rinderfond

sosse serie 1Herr H. briet die in Mehl gewendeten Beinscheiben kurz beidseitig an, legte sie beiseite und röstete Zwiebeln, Sellerie und Möhren in Butter und Öl an und gab das Tomatenmark hinzu. Einige Minuten später legte der die Beinscheiben auf das Gemüse, goss den Fond an, so dass das Fleisch gerade eben bedeckt war, legte die Kräuter dazu und stellte den geschlossenen Bräter in den auf 180°C vorgeheizten Backofen. Nach 2 Stunden fiel das Fleisch förmlich vom Knochen. Vorsichtig entfernte er die Beinscheiben, gab die Sauce durch ein Sieb und säuberte den Bräter.

Für die Sauce:

  • 1 kleine Zwiebel, fein gehackt
  • 1 kleine Möhre, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1 kleine Stange Sellerie, in dünne Scheiben geschnitten
  • 1/4 TL Pfeilwurzstärke in wenig kaltem Wasser gelöst

sosse serie 2Ich briet Zwiebeln, Möhren und Sellerie kurz in etwas Olivenöl an, gab die Schmorflüssigkeit hinzu und ließ alles ca. 15 Minuten bei schwacher Hitze köcheln. Dann band ich die Sauce mit der Pfeilwurzstärke, schmeckte sie mit Salz und Pfeffer an und legte die Beinscheiben wieder hinein. Herr H. hatte sich in der Zwischenzeit um das Risotto gekümmert. Leider hatte ich erst im Nachhinein gelesen, dass der Reis dafür üblicherweise im Knochenmark angebraten wird. Nächstes Mal!

Für das Risotto alla Milanese:

  • ca. 700 g Gemüsefond oder Fleischbrühe
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1/4 Stange Sellerie, in feine Scheiben geschnitten
  • 15 g Butter
  • 120 g Risottoreis
  • 75 g Weißwein
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 0,1 g Safran (ich: 1/4 TL Kurkuma, Safran war aus), in etwas heißem Wasser eingeweicht
  • (ich: etwas frisch geriebener Parmesan)

risotto alla milanese serieEr schwitzte die Schalotte in etwas Butter und Olivenöl glasig, fügte den Reis und Kurkuma hinzu (verwendet man Safran, gibt man diesen erst kurz vor Ende der Garzeit hinzu) und löschte nach kurzem Schmurgeln mit Weißwein ab. Nachdem dieser vollständig einreduziert war, goss er eine Kelle Brühe an, ließ sie einkochen und wiederholte diesen Vorgang solange, bis der Reis gar war. Vom ewigen Gerühre hält auch Herr H. nichts. Er schmeckte das fertige Risotto mit Salz, Pfeffer, Butter und Parmesan ab und ließ es einige Minuten ruhen.

Für die Gremolata:

  • 2 Zweige Thymian, Blättchen vom Stängel gezupft
  • 1 Zweig Rosmarin, Nadeln vom Stängel gezupft
  • 1/2 Knoblauchzehe
  • 20 Blätter glatte Petersilie, mit dem Knoblauch fein gehackt
  • 1 TL Olivenöl
  • Abrieb 1/2 Zitrone
  • 1 TL Zitronensaft

gremolata serieIch hackte Thymian, Rosmarin, Petersilie und Knoblauch sehr fein, mischte sie mit den übrigen Zutaten und endlich konnten wir uns wärmen. Ich richtete die Beinscheiben mit Sauce und Gremolata auf vorgewärmten Teller an, schopfte Risotto in separate vorgewärmte Schüssel und ließ Herrn H. seines Amtes walten. Zum Glück ging es dieses Mal schnell.

ossobuco 7Fazit: Ich war vorher etwas skeptisch gewesen, ob ein Risotto die geeignete Beilage für ein Schmorgericht sein könnte, erste Kostproben wischten jeden Anflug von Zweifel hinweg. Das Ossobuco besteht zwar nur aus sehr wenigen Zutaten, ebenso wie das Risotto, beides zusammen jedoch schmeckte mir absolut himmlisch. Herr H. betonte, dass es durch die Gremolata eine fast frühlingsfische Note bekäme. Ich nickte schweigend und leerte meinen Teller wieder einmal restlos. Nun kann die Wärme kommen.

Aus: Klassiker – Über 300 internationale Rezepte mit Tipps und Varianten von Johann Lafer Teubner Verlag

Die Ungezogenen

Taiwanesische Nudelsuppe mit Rindfleisch 2Auch wenn meine anfängliche Begeisterung für ein neues Projekt schnell verrauchen kann, so bin ich in machen Dingen durchaus hartnäckig. Etlich Jahre habe ich gebraucht, bis ich einigermaßen akzeptable Brötchen (und Brote) aus dem Ofen ziehen konnte. Herr H. und ich futterten uns tapfer durch viele kleine, steinartige Etwasse, bevor es endlich soweit war. Deshalb rümpfte er vor ca. 1,5 Jahren auch ein wenig die Nase, als ich verkündete, ich würde nun lernen, chinesische handgezogene Nudeln herzustellen. Eine sehr detaillierte Zwischenbilanz zu diesem Thema findet sich hier bei missboulette. Ich habe im Laufe dieser Zeit fast alles probiert. Am Teig geschraubt, hunderte Videos angesehen, auf denen das Ziehen der Nudeln vollkommen mühelos vonstatten zu gehen scheint und den Teig stundenlang gerollt, verzwirbelt, wieder gerollt, etc.. Ein letztes Mal wollte ich es zum Jahresende probieren. Ich kehrte zum Anfang zurück. Die erste Anleitung, die ich mir einst angeschaut hatte stammt von Jen/ tinyurbankitchen. Als ich ihr fröhliches Gesicht und ihre Zuversicht erneut sah, fühlte auch ich mich beschwingt. Herr H. räumte in weiser Voraussicht das Feld.

Für die handgezogenen Nudeln (La Mian):

  • 156 g „cake flour“ (ich: Red Lotus)
  • 25 g „all purpose flour“ (ich: Weizenmehl 405er)
  • 110 g warmes Wasser
  • 2 g Salz
  • 1 g „baking soda
  • 6 g Pflanzenöl (optional)

la mian nudeln serieIch gab alle Zutaten in die Schüssel der Maschine und ließ sie mit dem K-Haken 12 Minuten kneten. Danach war der Teig relativ platt, sprich, wenn ich meinen Finger hineindrückte, blieb der Eindruck unverändert. Die Glutenstruktur schien durch das lange Kneten „gebrochen“. Ich ließ den Teig abgedeckt eine Stunde lang ruhen und machte mich dann an das zweite Kneten. Dazu rollte ich den Teig zu einer ca. 60cm langen Rolle, hob sie hoch und verdrehte die beiden Ende währenddessen gegeneinander. Rollte erneut aus, etc. nach ca. 10 Minuten sollte der Teig bereit zum Ziehen sein. Ich probierte es. Vorsichtig (auch schnell und forsch habe ich es oft probiert), aber der störrische Teig bekam an einer Stelle Dehnungsstreifen und riss schließlich. Ich probierte es noch einige Mal, holte dann aber leicht resigniert die Nudelmaschine aus dem Schrank und gab auf. Das wäre auf jeden Fall ein Grund nach China zu reisen und sich die Technik von einem Meister beibringen zu lassen. Die fertig geschnittenen Nudeln bewahrte ich im Griesbett auf.

Für die taiwanesische Rindfleisch-Nudel-Suppe:

  • 500 g Beinscheibe vom Rind (ich: grob gewürfelt, Knochen mitgegart)
  • Erdnussöl zum Anbraten
  • 2 kleine Knoblauchzehen, fein gehackt
  • 1 entspechend großes Stück Ingwer, fein gehackt
  • 1 Sternanis
  • 1 Frühlingszwiebel, grob gehackt
  • 1 EL Chilibohnensauce (ich: Gochujang, eventuell zum Abschmecken mehr)
  • 60 g Sojasauce (chinesische dünne)
  • 1 Möhre, in dicke Scheiben geschnitten
  • 1 große Tomate, grob gestückelt
  • 30 g Reiswein
  • 30 g Kandiszucker (oder weniger, nach Belieben)
  • Wasser
  • handgezogene oder maschinell ausgerollte Nudeln
  • gedämpfter Pak Choi (ich: Brokkoliröschen)
  • frischer Koriander zum Servieren nach Belieben

taiwanesische rindfleisch-nudel-suppe serieIch briet das gewürfelte Fleisch in Erdnussöl an und legte es beiseite. Dann schwitzte ich Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Ingwer an, fügte Möhre, Tomate und Fleisch hinzu und löscht mit Reiswein ab. Schließlich gab ich alle restlichen (bis auf Nudeln und Brokkoli) Zutaten in den Topf, bedeckte alles knapp mit Wasser und ließ es nach dem Aufkochen ca. 3 Stunden leise köcheln. In der Zeit hatte ich mich mit den Nudeln beschäftigt. Ich garte sie ca. 1 – 2 Minuten in kochendem Salzwasser und dämpfte den Bokkoli ca. 8 Minuten. Herr H., der sich inzwischen wieder in die Küche gewagt hatte, sah mich mitleidig an. Na, es sähe danach aus, als hätte es mal wieder nicht geklappt mit den Nudeln. Ich seufzte, drückte dann den Rücken durch und bemerkte, dass es ja vielleicht beim nächsten Mal funktionieren würde.

Taiwanesische Nudelsuppe mit Rindfleisch 6Fazit: Auch mit maschinell geschnittenen Nudeln war der Eintopf ein echtes Highlight! Die Fleischstückchen hielt nur noch der schiere Wille zusammen, die Suppe war würzig tiefgründig und von ausgewogener Schärfe. Und der Brokkoli, wenn auch nicht stilecht, passte bestens dazu. Ein Platz auf die Liste der 10 am häufigsten wiedergekochten Gerichte ist ihr sicher. Herr H. meinte dazu nur lapidar, dass ich gern noch einige Zeit mit dem Nudelziehen verbringen könnte, wenn er dann so köstliche Gerichte serviert bekäme. Und wer weiß, vielleicht klappt es ja irgendwann mit oder ohne einen Lehrmeister. Entweder hier oder dort.

 

Eine runde Sache

ossobuco 1Während der kurzen Kälteperiode Mitte letzter Woche saß ich morgens fröstelnd in der Küche und schmökerte in einem veganen Kochbuch, das ich neugierig aus dem immer weiter wachsenden Regalbestand in der Bücherhalle mitgenommen hatte. Ich las und las und meine Irritation wuchs proportional mit meinem Frieren. Bei Hunger zwischendurch solle ich doch einfach einen „djuus“  trinken. Und zum Abendessen empfählen sich ein knappes Kilogramm „Kohlrabispaghetti“ mit einer leichten Tomatensauce. Kurzerhand klappte ich das Buch mit blauen Fingern zu, öffnete den Gefrierschrank und taute zwei dicke Beinscheiben vom Rind zum Schmoren auf. Auch im Sommer kann etwas Wärmendes gelegentlich hilfreich sein. Nach einem geeigneten Rezept musste ich nicht lang suchen. Schon nicht mehr ganz so fröstelnd machte ich mich ans Werk.

Für das „Ossobuco“:

  • 2 große Kalbshaxenscheiben (ich: vom Rind, nicht ganz so fein, was soll’s)
  • 3 EL Olivenöl
  • 6 getrocknete Tomatenhälften
  • 1/2 Zwiebel, fein gewürfelt (ich: 1 weiße Zwiebel)
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 2 Sellerieblätter, frisch oder getrocknet (ich: nicht zur Hand)
  • 1 Handvoll getrocknete Pilze, halb Steinpilze, halb Herbsttrompeten, 10 Minuten eingeweicht
  • 100 g Weißwein
  • 400 g Fleischbrühe oder Wasser und Fond
  • 1 EL Tomatenmark
  • 2 Lorbeerblätter, 2 Nelken
  • 2 Steifen Zitronenschale
  • 1 Rosmarinzweig
  • Salz, Pfeffer, Koriander, Piment, Piment d’Espelette
  • 2 TL Aceto balsamico
  • 250 g TK-Erbsen (ich: weg gelassen)
  • 2 EL Petersilie, fein gehackt (ich: weg gelassen)
  • Stärke, in Wasser aufgelöst, zum Binden

sosse serie

Ich wusch die Beinscheiben, tupfte sie trocken und band sie mit Küchengarn rund. Dann stellte ich die restlichen Zutaten bereit, heizte den Backofen auf 140°C vor und erhitzte das Öl im Bräter. Bei mittlerer Hitze bräunte ich Beinscheiben und Tomatenhälften an und nahm sie anschließend heraus. Nun schwitzte ich mit etwas mehr Öl Zwiebelwürfel und dann Knoblauch farblos an, gab das Tomatenmark hinzu und legte Beinscheiben und Tomatenhälften wieder ein. Ich löschte mit Weißwein ab, ließ ihn etwas auf die Hälfte reduzieren, fügte alle Gewürze bis auf Pilze, Zitronenschale und Rosmarin hinzu und goß das Fond-Wasser-Gemisch hinein. Nach einer Stunde Schmorens im Ofen fügte ich die Pilze hinzu, nach einer weiteren Rosmarin und Zitronenschale. Ich reduzierte die Temperatur auf 120°C und ließ den Topf eine weiter Stunde im Ofen, ausgewachsene Beine brauchen etwas länger, um mürb zu werden. Nach der Garzeit nahm ich die Scheiben aus dem Topf, siebte die Sauce, gab sie zurück in den Topf und band sie mit etwas aufgelöster Stärke. Ich legte die Scheiben wieder hinein und hielt sie im Ofen warm.

Für das Kartoffelpüree:

  • 300 – 500 g Kartoffeln, in der Schale gegart, ausgedampft
  • ca. 100 g Milch, erwärmt
  • ca. 40 g Butter (mehr schadet keineswegs)
  • Salz, schwarzer Pfeffer

pü serie

Herr H., der inzwischen hungrig eingetrudelt war, freute sich über den köstlichen Duft, der durch die Wohnung zog. Er kümmerte sich sogleich um das Püree. Ich hatte die Kartoffeln bereits gepellt und durch die Kartoffelpresse gegeben. Er fügte die warme Milch, die Butter und Salz hinzu und schlug das Püree mit dem Schneebesen auf. Und siehe da, es klappte sogar bestens mit (abgelagerten) festkochenden Kartoffel. Herr H. würzte das Püree mit etwas Pfeffer und stellte es warm.

Für die glasierten Vanille-Möhren:

  • 1 große gelbe Möhre, schräg in dünne Scheiben geschnitten
  • 2-3 orange Möhren, schräg in dünne Scheiben geschnitten
  • 2-3 EL Vanilleöl
  • 1 große lila Möhre, schräg in dünne Scheiben geschnitten
  • etwas Honig, Salz

möhren serie

Ich erhitzte das Vanilleöl in zwei kleinen Töpfen, gab orange und gelbe Scheiben in den einen und die lila Möhre in den anderen, da sie sehr stark färbt. Ich würzte mit etwas Honig und Salz und ließ die Möhren ca. 20 Minuten bei schwacher Hitze im eigenen Saft dünsten. Herr H. hatte in der Zwischenzeit die Gremolata präpariert.

Für die Gremolata:

  • 3 Streifen Zitronenschale, fein gehackt
  • 2 EL glatte Petersilie, fein gehackt
  • (ich: 2 EL Koriander, fein gehackt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt (ich: 1/2, da sie alt und streng war)

gremulata serieIch nahm die Töpfe aus dem Ofen, richtete an und erzählte Herrn H. von meiner morgendlichen Lektüre. Er fröstelte kurz, sah mich dankbar an und machte sich sogleich ans Fotografieren. Und dann endlich konnten wir den fleischlichen Genüssen fröhnen.

ossobuco 4Fazit: Diese Sauce. Unglaublich. Herr H. wiederholte mindestens drei Mal, dass es die beste sei, die ich je zustande gebracht hätte. Ich schwieg und genoss. Eine absolut perfekte Kombination, auch die Vanille-Möhren passten. Einziger Wehmutstropfen waren die doch recht kräftigen Sehnen der Beinscheibe, nächstes Mal werde ich die passenden besorgen!

Schmortopf mit Frischekick

BeinscheibeFür letzten Donnerstag hatten wir die beste Nachbarin zum Abendessen eingeladen. Ausnahmsweise musste ich nicht lange überlegen, was ich kochen würde. Sie hatte am Sonntag zuvor die 100 km Etappe der Cyclassics (ein großes Radrennen durch das südliche Hamburger Umland) in nur 3 Stunden und 27 Minuten zurück gelegt. Ich fahre viel, gern und lang Fahrrad, aber eine solche Strecke in derart kurzer Zeit zurückzulegen, kommt mir abenteuerlich vor. Es war also klar, dass man nach so einer Anstrengung etwas Kräftigendes braucht. Wenn das dann noch mit einem extra Frischekick daher kommt, kann es nur gut werden. Ich ersetzte kurzerhand den Ochsenschwanz im Rezept durch zwei im Eis schlummernde Beinscheiben und legte los.

Für den Schmortopf mit Ochsenschwanz, Kürbis und Zimt (3 Personen):

  • 1 kg Ochsenschwanz (ich: 700 g Beinscheibe vom Rind)
  • 100 g Schalotten, grob gehackt (ich: rote Zwiebeln)
  • 2 mittelgroße Möhren, grob gehackt
  • (ich: 2 Stangen Sellerie, grob gehackt)
  • 1 Knoblauchzehe, zerdrückt
  • 200 g Rotwein
  • 325 g Tomatenstücke aus der Dose (ich: frische)
  • 5 Zweige Thymian
  • 2-3 Zweige Rosmarin
  • Schale 1/4 Orange (ich: getrocknete)
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 Zimtstange
  • 1 Sternanis
  • 300 g Butternutkürbis, in 2,5cm große Würfel geschnitten (ich: Hokkaido, spart das Schälen)
  • Salz und Pfeffer

schmoren serieNachdem ich alle Zutaten bereit gestellt hatte, heizte ich den Backofen auf 180°C vor und erhitzte etwas Olivenöl im Schmortopf auf dem Herd. Darin briet ich die Beinscheiben beidseitig schön braun an und legte sie anschließend beiseite. Ich gab die Zwiebeln in den Topf und als sie glasig waren, kamen Möhren, Sellerie und Knoblauch hinzu. Nach 10 Minuten war das Gemüse ebefalls goldbraun angeröstet. Ich goß den Wein an und löste den Bratensatz. Als der Wein beinahe vollständig verdunstet war, gab ich Tomatenstücke und etwas Wasser in den Topf. Die Kräuter und Gewürze steckte ich in einen Teebeutel und legte ihn zu dem Gemüse. Ich salzte und pfefferte kräftig, bettete die Beinscheiben in den Topf und goß noch etwas Flüssigkeit an, da ich meinen Topf nicht 100%ig verschließen kann. Wer das kann, braucht keine zusätzliche Flüssigkeit. Nun durfte der Topf für 2,5 Stunden im Ofen vor sich hin schmoren.

Für die Gremolata:

  • 4 EL glatte Petersilie, gehackt
  • Schale 1 Zitrone
  • 1 Koblauchzehe, gehackt, mit wenig Salz gemörsert

Ich steckte gerade mit beiden Händen im Teig für das Mjukbröd, dass es dazu geben sollte, als Herr H. eintrudelte. Er wusste bereits, was es geben würde und mischte aus oben genannten Zutaten die Gremolata. Die Törtchen, die es als Nachtisch geben sollte, sollten noch eine Geleehaube bekommen. Gerade als wir das letzte Törtchen in den Kühlschrank stellten, klopfte es. Während Herr H. der besten Nachbarin öffnete, nahm ich den Topf aus dem Ofen, fischte die Beinscheiben heraus und löste das Fleisch von den Knochen. Dann gab ich es zusammen mit dem gewürfeltem Kürbis und etwas Wasser wieder in den Topf und stellte ihn für eine weitere halbe Stunde auf den Herd. In den Ofen kam das Fladenbrot.

BeinscheibeFazit: Die beste Nachbarin ist es schon gewohnt, dass es ein Weilchen länger dauert, bis das Essen bei uns auf dem Tisch steht. Ich bin sehr dankbar für ihr Verständnis. Als Herr H. den Teller abgelichtet hatte, quetschten wir uns an den kleinen Küchentisch und schwelgten. Es ist erstaunlich, was eine Gremolata, aus so unspektakulären Zutaten wie Petersilie, Zitrone und Knoblauch, ausrichten kann. Der eher herbstliche Schmortopf bekam dadurch eine Lebendigkeit und Tiefe, die ich nicht erwartet hätte. So kann er auch an einem lauen Sommerabend serviert werden. Wir alle aßen begeistert und im Nu war der Topf geleert und da ich die Mengen etwas knapp bemessen hatte, passten die Törtchen noch problemlos hinterher.

Aus: Das Kochbuch Yotam Ottolenghi