Glanzstücke

carre-neu-fertig3-2Heureka, könnte ich nun endlich rufen, hatte die Suche nach funktionierenden Glasuren und Überzügen für feine Backwerke mich im Laufe der Jahre die ein oder andere schlaflose Nacht gekostet. Abhilfe nahte in einem neu geliehenen Patisserie-Buch. Mein Dank an die Hamburger Bücherhallen wächst stetig. Sie schafften das Werk tatsächlich auf meinen Vorschlag hin an. Das glaube ich zumindest, da ich mir nicht so recht vorstellen kann, dass viele andere Menschen in unserer Stadt sich dafür interessieren könnten. Die Zutaten für diese prächtig glänzende Glasur lasen sich auf den ersten Blick so banal, dass ich nicht recht glauben mochte, dass sie funktionierte. Da half nur eins, ausprobieren. Und wie der Zufall es wollte, hatte ich bereits fertig gefrorene Halbkugel-Törtchen im Gefrierschrank.

Für den zarten Biskuit (ergibt 6 Scheiben à 7 cm):

  • 47 g grob gemahlene, geschälte Mandeln
  • 20 g grob gemahlene, geschälte Haselnüsse
  • 27 g Puderzucker
  • 15 g Weizenmehl 550er
  • 72 g Eiweiß
  • 16 g feiner Zucker
  • 30 g dunkler Rohzucker

carre-biskuit-serieWie immer begannen wir am Abend mit den Böden. Ich schlug das Eiweiß zu einer mittel festen Meringue und gab während des Schlagens den Zucker in 3 Schritten zu. Dann hob ich die Trockenmischung behutsam unter und verteilte die Masse auf dem mit Backpapier belegten Blech. Nach 15 Minuten bei 200°C war der Biskuit perfekt gar. Nach dem Abkühlen lagerte ich ihn luftdicht verpackt. Am nächsten Morgen schnitt ich mithilfe eines Tartrings und eines sehr scharfen Messers sechs Böden à 7 cm Durchmesser aus. Die Reste, insofern man sie nicht gleich nascht, können als Füllung z. B. für Punschrollen eingefroren werden.

Für die Birnen-Beerenkonfitüre mit Zimt:

  • 100 g reife Birne, geschält, klein gewürfelt ( ca. 3 mm)
  • 18 g saftige Aprikosen, klein gewürfelt
  • 2 g Gelatine
  • 50 g Brombeergelee
  • 34 g Korinthen
  • 25 g Orangensaft
  • 10 g feiner Zucker
  • 0,4 g Zimt
  • 4 g Grand Marnier oder Cointreau

carre-fuellung-serieNachdem alle Zutaten vorbereitet und gewürfelt waren, weichte ich die Gelatine ca. 10 Minuten in sehr kaltem Wasser ein. Dann kochte ich alle Zutaten, bis auf Cointreau und Gelatine, offen auf und ließ sie 6 Minuten bei milder Hitze köcheln köcheln. Nun fügte ich den Cointreau hinzu und ließ alles weitere 3 Minuten köcheln. Anschließend füllte ich die Konfitüre in eine Schüssel, ließ sie 10 Minuten abkühlen, rührte die Gelatine unter und füllte die sechs Mulden der Silikonform (Halbkugeln à 3 cm Durchmesser) damit. Diese durften, nachdem sie im Kühlschrank fest geworden waren im Gefrierschrank übernachten.

Mascarponecreme mit Ahornsirup:

  • 5 g Gelatine, 20 Minuten eingeweicht
  • 145 g Sahne
  • 90 g reduzierter Ahornsirup ( 150 g leicht köchelnd reduziert auf 90 g, dauerte ca. 20 Minuten, abgekühlt)
  • 40 g Eigelb
  • 200 g Mascarpone

creme serieZur Reduktion des Ahornsirup gab es keine genauen Angaben. Ich ließ ihn auf etwas mehr als die Hälfte reduzieren. Das dauerte ca. 20 Minuten bei mittlerer Hitze. Er wird beim Abkühlen karamellartig fest. Nach dem Abkühlen kochte ich ihn erneut mit der Sahne auf. Herr H. verquirlte die Eigelbe. Ich ließ die Sahnemischung einlaufen, während er weiter rührte. Anschließend erhitzte ich alles unter Rühren auf 83°C wie eine Crème Anglaise. Darunter rührte ich die abgetropfte Gelatine und, nachdem sie auf 45°C abgekühlt war, die Mascarpone. Da die Creme sofort verwendet werden sollte, verteilte ich je zwei große EL auf die Sechs Mulden der Silikonform (7cm Durchmesser), legte je eine Konfitüren-Halbkugel mit der runden Seite nach unten darauf und verteilte die restliche Creme darüber. Nachdem die Creme im Kühlschrank erstarrt war, fror ich die Form ein.

Für die weiße Hochglanz-Glasur:

  • 3 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 150 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • 60 g Milch
  • 15 g Wasser
  • 25 g Glukosesirup
  • 4 g Titandioxid (E 171) (kann auch weg gelassen werden, dann ist die Farbe der Glasur eher elfenbeinfarben)

carre-glasur-serieIch gab Milch, Wasser und Glukosesirup in einen Topf, ließ alles einmal kurz aufkochen und zog den Topf von der Platte. Nun rührte ich die gut ausgedrückte Gelatine ein und goss die Flüssigkeit über die im Wasserbad angeschmolzene Kuvertüre. Ich rührte vorsichtig, bis sich alles verbunden hatte, gab das Titandioxid hinzu und rührte es ebenfalls unter. Anschließend bearbeitete ich die Glasur einige Minuten mit dem Stabmixer. Man sollte darauf achten, dabei so wenige Luftblasen wie möglich entstehen zu lassen. Zu guter letzt gab ich die Glasur durch das feine Sieb und schöpfte sie über die gefrorenen Halbkugeln. Die Glasur hält sich problemlos eine Woche gekühlt oder einen Monat eingefroren und kann dann temperiert auf ca. 35 – 40°C benutzt werden. Die fertigen Törtchen stellte ich für eine weitere Stunde in den Kühlschrank.

Für die Sesam-Karamell-Scheiben:

  • 30 g Butter
  • 3 g Glukosesirup
  • 38 g Zucker
  • 42 g weiße und schwarze Sesamsaat, gemischt

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Ich schmolz die Butter bei schwacher Hitze in einem Topf, gab Zucker, Glukose und Sesam hinzu und erhitzte alles unter Rühren, bis der Zucker sich gelöst hatte. Dann setzte ich mit einem TL ca. 2 cm Häufchen mit 5 cm Abstand (die Häufchen zerlaufen beim Backen stark) auf ein mit Backpapier belegtes Blech und schob es für 10 Minuten in den auf 180°C vorgeheizten Backofen. Nachdem die Scheiben leicht abgekühlt waren und sich etwas verfestigt hatten (sie dürfen jedoch nicht zu stark abkühlen, da sie ansonsten beim Ausstechen zersplittern, am besten immer wieder einmal probieren), stach ich mit einem 5 cm Ring Scheiben aus, die ich auf die fertigen Törtchen setzte.

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Fazit: Die Törtchen waren natürlich nicht nur optisch ein Hochgenuss. Die dank Ahornsirup kräftig karamellige Creme schmolz förmlich auf der Zunge und die herbe Konfitüre gab einen herrlichen Kontrast zur süßen Creme. Auch die Sesam-Krokant-Scheiben machen sich in der Verbindung gut. Da die Törtchen unglasiert eingefroren eine Weile halten, eignen sich die Törtchen bestens als Dessert zu einem festlichen Menue. Die Glasur kann ebenfalls vorbereitet werden, allein die Krokant-Scheiben sollte man am Verzehrtag herstellen, da sie recht schnell Feuchtigkeit ziehen.

Törtchen recht frei nach: PH10 Pierre Hermé

Glasur aus: Die Kunst der Patisserie Mélanie Dupuis & Anne Cazor

Sesam-Krokant aus: Schokolade William Curley

„Spitz, pass auf!“

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Ein Tafelspitz von der letzten Heckrind-Lieferung wollte dringend verarbeitet werden. Ich hatte mich bereits eine Weile darum gedrückt, da ich vor Jahren einmal einen zubereitet hatte, der gelinde gesagt etwas trocken geraten war. Dementsprechend groß war meine Angst. Herr H., was Dinge wie diese angeht deutlich risikobereiter als ich, hatte den Spitz einfach abends unbemerkt zum Auftauen in den Kühlschrank gelegt. Als es am Sonntag darum ging, was es zum Abendessen gäbe, zog er zu meinem großen Entsetzen den aufgetauten Tafelspitz triumphierend aus dem Kühlschrank. Et voilà. Es fehlten nur noch Garmethode und Beilagen. Nach einigem Hin und Her entschieden wir uns gegen die klassische Garmethode in knapp siedender Flüssigkeit. Ich war beim Recherchieren über eine höchst informative Seite gestoßen, in der das Garen von Rücken- und Filetstücken auf verschiedene Arten detailliert beschrieben wird. Wir entschieden uns für das Garen bei niedriger Temperatur im Backofen. Der Rest fand sich wie von selbst.

Für den Tafelspitz:

  • 1 Tafelspitz (hier vom Heckrind), ca. 1 kg, möglichst raumtemperiert
  • Butterschmalz, geschmolzen
  • Salz

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Derweil Herr H. den Tafelspitz mit Küchenpapier trocknete, heizte ich den Backofen auf 90° vor, stellte eine Fettpfanne und eine mit Wasser gefüllte Metallschüssel auf den Boden. Herr H. bepinselte den Tafelspitz rundherum mit geschmolzenem Butterschmalz, legte ihn auf den Rost und schob ihn mittig in den Backofen. Andächtig saßen wir einige Minuten vor der Backofenscheibe und betrachteten den Tafelspitz. Da Vorder- und Hinterteil des Stückes sich in der Dicke stark unterschieden, maß ich ca. alle 30 Minuten die Kerntemperatur (einfacher mit einem integrierten Thermometer) an beiden Stellen. Nach ca. einer Stunde war das dünnere Ende bei 55°C, während das dickere erst knapp 45°C hatte. Ich halbierte den Tafelpitz, deckte das dünnere Ende locker mit Alufolie ab und schob das dickere wieder in den Backofen. Nach weiteren 20 Minuten hatte es ebenfalls eine Temperatur von 55°C. Herr H. briet das dünnere Ende kurz vor dem Servieren sehr scharf allseitig an.

Für das Selleriepüree:

  • ca. 400 g Sellerie, geschält, klein gewürfelt
  • Milch und Sahne
  • 1 Zweig Rosmarin
  • weißer Pfeffer, frisch gemahlen
  • Muskat, frisch gerieben
  • Meersalz

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Nachdem ich bei Astrid/ Arthurs Tochter Kocht vom einzig wahren Selleriepüree gelesen hatte, war klar, dass ich es dringend mit einer kartoffellosen Variante probieren musste. Ich gab die Selleriewürfel in einen kleinen Topf, bedeckte sie sehr knapp mit viel Milch und wenig Sahne, warf eine Prise grobes Meersalz dazu und ließ alles nach dem Aufkochen abgedeckt ca. 15 – 20 Minuten sanft köcheln. Während der letzten 5 Minuten legte ich den Rosmarinzweig dazu. Als die Selleriewürfel weich waren, entnahm ich den Zweig, pürierte alles eine ganze Weile zu einer sehr feinen Creme und schmeckte mit weißem Pfeffer und Muskat ab. Nun durfte das Püree bis zum Servieren auf der Warmhalteplatte warten.

Für die Sauce:

  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 Pr. Zucker
  • ca. 50 g Ruby Port
  • ca. 200 g Kalbsfond
  • 3 Würfel Ochsenschwanzgelee
  • 1 Spritzer Sojasauce
  • 1 Pr. Cayenne
  • 1 kleines Stück Bitterschokolade (hier 90%ige)
  • Meersalz

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Herr H. hatte derweil die Schalotte in wenig Butter angeschwitzt, mit Port abgelöscht und ihn fast vollständig reduzieren lassen. Er hatte den Fond hinzu gegeben, ihn um die Hälfte reduziert und die Schalottenwürfel wieder abgesiebt. Nun kochte er die Sauce erneut auf, gab die Geleewürfel hinein und schmeckte mit den restlichen Zutaten ab. An die Schokoladenmenge sollte man sich sehr vorsichtig herantasten, merkte er an. Er band die Sauce noch mit wenig gelöster Pfeilwurzstärke. Die fertige Sauce durfte ebenfalls warm gestellt ruhen.

Für die Pflaumen in Ahornsirup:

  • eine Handvoll getrocknete Pflaumen, geviertelt
  • Butter
  • schwarzer Pfeffer, gröb gemörsert
  • 2 EL Ahornsirup

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Ich hatte die Butter in einer Pfanne geschmolzen, die Pflaumen kurz darin angebraten und den Ahornsirup angegossen. Als er einzudicken begann, zog ich die Pfanne vom Herd und gab den Pfeffer hinzu. Eine kleine Kostprobe konnte ich mir anschließend nicht verkneifen. Es war schließlich schon wieder deutlich nach 20 h geworden. Ich richtete Püree, Sauce, Tafelspitzscheiben und Pflaumen auf vorgewärmten Teller an und reichte sie Herrn H.

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Fazit: Hätte ich im letzten Moment nicht mein Hirn ausgeschaltet, wäre es ein wahrlich wunderschönes Foto geworden. Aber da ich die Ruhezeit des Fleisches nach dem Anbraten einfach ausließ, trat Fleischsaft in die Sauce über. So ein Mist! Das tat natürlich dem anschließendes Genuss absolut keinen Abbruch. Das Fleisch war butterzart und von recht kräftigem Geschmack, man merkt schon, dass das Heckrind deutlich „wilder“ ist als seine neu gezüchteten Stallkameraden. Die intensive Sauce konnte es jedoch gut damit aufnehmen und das Selleriepüree mit seiner milden Fruchtigkeit eroberte mein Herz im Sturm. Ich werde es nie mehr anders zubereiten!

Ein vornehmer Gast

bresse 11Am letzten Samstag, ja, am bislang heißesten Tag des Jahres, flatterte uns ein hoher Gast ins Haus. Nun, um genau zu sein, entdeckte ich ihn plötzlich im Feinkostgeschäft, in dessen Kühlung es fast schon ungemütlich war. Während die innere Stimme drohend den Finger erhob, auf das heimische Huhn im Eis hinwies und zu bedenken gab, dass so ein Tier mindestens 1,5 Stunden im Backofen weilen müsse, bewegte sich meine Hand völlig ungerührt auf das Huhn zu. Ob es tatsächlich um so viel besser schmeckte? Oder ob das nur eine völlig überholte Glorifizierung sei und ein hochwertiges Huhn vom anderen nicht zu unterscheiden sei? Und schon wog ich es in den Händen. 1,7 kg, riesige Schenkel, schmale, v-förmig abfallende Brust. Ein Bressehuhn. Herr H. hielt mir seufzend den Einkaufkorb entgegen.

Für das Huhn:

  • 1 Huhn (ca. 1,7 kg)
  • 2 Schalotten, grob gehackt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 2 Zweige Rosmarin
  • Meersalz, grob

aus dem bratschlauch serieEin solcher Kauf zog natürlich sogleich eine gründliche Recherche nach sich. Zwei traditionelle Zubereitungsarten waren leicht auszumachen. Bei der ersten wird das Huhn zerlegt und in einer üppigen Sahnesauce gegart (so wie z. B. hier) und bei der zweiten werden dem ohnehin üppigen Huhn reichlich beste Butter und Trüffelabschnitte unter die Haut geschoben, bevor es im Ganzen gegart wird (so wie z. B. hier). Für eine sahnige Sauce war es mir schlicht zu heiß und schwarze Trüffel waren auch nicht im Haus. Also besorgte Herr H. schnell noch einen Bratschlauch (Idee von hier). Ich heizte den Backofen auf 170°C vor, schnitt ein passendes Stück Bratschlauch ab und schob das leicht mit grobem Meersalz bestreute Huhn hinein. Dann plazierte ich je einen Rosmarinzweig über und unter dem Huhn, schob Schalotten- und Knoblauchwürfel unter das Huhn und band den Schlauch an beiden Enden zu. Herr H. legte das so verpackte Huhn in eine Auflaufform und schob es mittig in den Backofen. Nach einer Stunde erhöhte ich die Temperatur auf 190°C. Nach 20 Minuten war die Haut des Huhns appetitlich gebräunt und das Thermometer zeigte eine Kerntemperatur von knapp 80°C an. Ich ließ das Huhn eingepackt noch 15 Minuten eingepackt außerhalb des Ofens stehen, bevor ich es zerteilte.

Für die Ofenkartoffeln:

  • ca. 400 g Kartoffeln
  • Olivenöl
  • Meersalz, geräuchert

kartoffeln serieDa im Ofen nun genügend Platz ist, beschloss ich die Kartoffel ebenfalls dort zu garen. Ich wusch die dicke Sandschicht ab (vorgewaschene Kartoffeln schmecken in der Regel nicht nach viel), trocknete sie, rieb sie mit Olivenöl ein und legte sie auf ein Stück Alufolie. Noch einige Flöcken geräuchertes Meersalz, et voilà. Gut verpackt legte ich sie für eine gute Stunde zum Huhn. Die genaue Garzeit hängt jedoch von der Größe der verwendeten Kartoffeln ab. Es kann bei größeren Exemplaren deutlich länger dauern.

Für die jungen Möhren:

  • 1 kleines Bund Jungmöhren, gesäubert, Grün bis auf 5cm eingekürzt
  • einige Scheibchen sehr frischer Ingwer
  • 1 – 2 TL Ahornsirup
  • Butter
  • Meersalz

möhren serieAls klassisch rustikale Beilage boten sich im eigenen Saft gegarte Jungmöhren an. Herr H. schrubbte die Schale der Möhren mit der rauhen Seite des Schwamms ab, trocknete sie und zerließ ein Stück Butter bei mittlerer Hitze in der Pfanne. Nun gab er die Möhren , die Ingwerscheibchen und den Ahornsirup hinzu. Als die Möhren schmurgelten, legte er den Deckel der Pfanne auf, reduzierte die Hitze und ließ sie ca. 25 – 30 Minuten schmoren. Auch hier kann die Garzeit je nach Größe der Möhren unterschiedlich ausfallen. Ich hatte inzwischen das Huhn aus der Folie befreit, die ausgetretene Flüssigkeit abgesiebt (Saucengrundlage für ein anderes Mal) und die Beine abgetrennt. Zum Glück war noch etwas Limettenbutter vorrätig. Zum Saucenkochen war es schlicht zu spät, zu warm und zudem hatten wir riesigen Hunger.

bresse 6Fazit: Allein der Geruch, der sich bei Öffnen des Bratschlauchs in der Küche verteilte, war umwerfend. Ich hob vorsichtig die Haut des Schenkels ab (natürlich hätte man das Huhn während der letzten 20 Minuten auch ohne Schlauch grillieren können, aber eben, die Wärme) und betrachtete fasziniert, dass die einzelnen Muskelstränge deutlich sichbar waren. Ein anatomisch bewanderterer Mensch als ich hätte seine wahre Freude bei diesem Anblick gehabt. Das Fleisch war jedoch nicht die Bohne zäh, sondern trotzdem butterzart und sehr, sehr aromatisch. Ich habe tatsächlich noch nie ein so gutes Huhn gegessen. Keine Glorifizierung also. Herr H. hatte für derlei Betrachtungen hingegen keine Muße, da er voll und ganz mit dem Genuss beschäftig war. Möhrchen, Kartoffeln und Limettenbutter ergänzten das Festmahl wunderbar. Die im Vergleich zu den Schenkeln winzige Brust konnten wir beim besten Willen nicht mehr schaffen. Sie harrt nun im Eis dem künftigen Schicksal.

Das Experiment

kaninchenleber 9Auf der Suche nach Lammhackfleisch stieß ich kürzlich in den unermesslichen Tiefen des Gefrierers auf ein rechteckiges Fleischpäckchen, dessen Inhalt mir völlig schleierhaft war. Ein Blick auf das glücklicherweise vorhandene Etikett klärte mich auf. Kaninchenleber. Aha. Ich erinnerte mich zwar noch an den Besuch des Geschäfts (Lapinchen) im vergangenen Oktober, nicht jedoch an den Kauf von Kaninchenleber. Schon seltsam. Ich nahm das Päckchen mit nach oben und klärte Herrn H. darüber auf, dass das Lammhack zwar aus sei, es stattdessen erstaunlicherweise Kaninchenleber gäbe. Er sah auf das ausgewählte Rezept, überlegte einen Moment und sagte dann, dass wir es darauf ankommen lassen sollten. Versuch mache klug. Ich war zwar nicht 100%ig überzeugt, aber was konnte schon passieren?

Für die Lakritz-Pasta:

  • 100 g Weizenmehl 405er
  • 50 g Hartweizengries, fein
  • 3 g Lakritzgranulat
  • 2 g Lakritzwurzel, gemahlen
  • 1 Ei, 1 Eigelb
  • 1 Pr. Salz
  • evtl. 1 -2 EL Wasser

nudeln serieIch gab alle Zutaten in eine Schüssel, verrührte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig gut 10 Minuten von Hand. Dabei löste sich das Lakritzgranulat vollständig auf. Ich betrachtete erneut das Bild der Pasta im Buch: deutlich sichtbare schwarze Sprenkel. Entweder hatten die Foodstylisten ein unlösbares Granulat verwendet oder die schwarzen Punkte waren etwas anderes. Ich sah leicht betrübt auf den tiefbraunen Teig, seufzte und ließ ihn abgedeckt 2 Stunden ruhen. Dann rollte ich ihn portionsweise bis Stufe 7/9 aus und schnitt die Bahnen mit dem Pastabike in Bandnudeln. Sie durften, während wir die restlichen Vorbereitungen erledigten, leicht antrocknen.

Für das Kaninchenleber-Ragout:

  • ca. 250 g Kaninchenlebern, geputzt
  • Butterschmalz zum Braten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • ca. 80 g Weißwein
  • ca. 200 g Kalbsfond
  • 1 EL Ahornsirup
  • 1 TL Senf
  • 1 TL Tomatenmark
  • 1 – 2 EL Crème fraîche
  • Salz, schwarzer Pfeffer

leber serie

Herr H. briet die Kaninchenlebern in Butterschmalz bei großer Hitze kurz beidseitig an, stellte die Lebern warm und reduzierte die Hitze. Dann schwitzte er die Schalotte in der gleichen Pfanne glasig, gab Tomatenmark und Ahornsirup hinzu und ließ alles kurz schmurgeln. Ich löschte mit Weißwein ab, ließ ihn vollständig einreduzieren und goss den Fond an. Auch ihn ließ ich etwa um ein Drittel einreduzieren. Dann schmeckte ich mit Salz, Pfeffer, Senf und Crème fraîche ab und probierte. Hm, zwar eine schlichte Kombination, aber überaus köstlich. Ich gab die Lebern in die Sauce und ließ sie kurz darin ziehen. Herr H. hatte inzwischen den tiefgekühlten Rosenkohl in 8 Minuten knapp gar gedämpft, in etwas Butter geschwenkt und mit einer gemörserten Mischung aus geröstetem Szechuanpfeffer und Fleur de Sel gewürzt. Ich garte die Bandnudeln ca. 4 Minuten in kochendem Salzwasser und schon konnte serviert werden. Herr H., der vorab eine Nudel gekostet hatte, brummte zufrieden

kaninchenleber 5Fazit: Etwas skeptisch gabelte ich die erste Nudel auf. Das Lakritzaroma war nicht so stark ausgeprägt, wie die dunkle Farbe vermuten ließ. Die leicht bittersüßen Leberstückchen harmonierten erstaunlich gut damit, die Sauce rundete alles fein ab. Der zwar köstliche Rosenkohl mit der Würzmischung passte nicht 100%ig zum Rest des Gerichts. Herr H. sah das genauso, betrachtete das Lakritz-Experiment insgesamt jedoch als gelungen und schlug vor, beim nächsten Mal (eine Portion gebratener Lebern wanderte wieder ins Eis) wieder zur guten alten Möhre als Begleitung zurückzukehren. Und das werden wir wohl tun, wenn uns nichts Bessers einfällt.

Lakritzpasta inspiriert von: Lakritz – süße & Herzhafte Rezepte mit dem schwarzen Gold Elisabeth Johannsson, Helén Pe

Von Ribbecks Versuchung

torte 17Die Birnen, die mich mit ihrem verlockenden Duft sofort in ihren Bann zogen, stammten zwar aus Italien und nicht aus dem Havelland, aber das konnte mich nicht davon abhalten, ein ganzes Kilo eintzupacken. Nachdem der erste Birnenhunger befriedigt war und die übrigen Exemplare trotz Lagerung im Kühlschrank dringend nach Verwertung riefen, dachte ich an eine Torte. Zur Birne fielen mir ganz klassisch Mascarpone, Walnuss und Ahornsirup ein. Ich bat die Birnen, noch einen Tag durchzuhalten und machte einen langen Spaziergang. Mit jedem Schritt leerte sich mein Kopf ein wenig mehr und plötzlich sah ich sie vor mir. Genauso. Ich hastete nach Hause, legte alle Zutaten bereit und los.

Für den Walnuss-Biskuit (1 Boden à 16cm):

  • 12 g gemahlene Mandeln, geröstet
  • 22 g Puderzucker
  • 10 g Weizenmehl 405er
  • 27 g Walnüsse, fein gehackt
  • 38 g Eiweiß (ca. 1 mittleres)
  • 15 g Vergoise (ich: Muscovadozucker)

walnussbiskuit serie(Ich habe die dreifache Menge zubereitet und die übrigen 2 Böden für eine spätere Verwendung eingefroren. Deshalb musste ich dieses Mal nur einen Boden aus dem Tiefkühler nehmen). Ich röstete die Mandeln und siebte anschließend Mehl und Puderzucker und hob die gehackten Walnüsse unter. Ich schlug das Eiweiß mit dem Muscovadozucker zu steifem Schnee. Den Zucker gab ich dabei in 3 Schritten zu. Dann hob ich die Trockenmischung behutsam unter den Eischnee und füllte den Teig in die 16er Springform, deren Boden ich mit Backpapier bespannt hatte. Ich buk den Boden ca. 28 Minuten bei 180°C und ließ ihn anschließend vollständig erkalten.

Für den Mascarponemilchreis mit Stilton (1 Scheibe à 14cm):

  • 26,5 g Arborioreis, kalt abgespült
  • 126,5 g Milch
  • Abrieb 1/16 Zitrone
  • ca. 10 g Stilton
  • 1 Pr. Fleur de Sel
  • 6 g Zucker
  • 1,7 g (1 Blatt) Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht)
  • 110 g Mascarpone

mascarpone milchreis mit stilton serieIch gab alle Zutaten bis auf Mascarpone und Stilton in einen Topf und ließ es nach dem Aufkochen auf kleinester Hitze köcheln. Dabei rührte ich gelegentlich um, damit nichts ansetzte. Nach ca. 20 Minuten war der Reis „al dente“. Ich ließ ihn etwas abkühlen, rührte die gut ausgedrückte Gelatine und den Stilton ein und nachdem alles auf ca. 25°C abgekühlt war, die Mascarpone. Ich probierte einen Löffel, fürchtend, der Stilton könne zu dominant sein, aber er fügte sich perfekt ein. Ich gab den Milchreis in den 14er Tortenring, dessen Boden ich mit Alufolie ausgekleidet hatte und stellte ihn in einer Springform kalt.

Für die gekochten Birnen:

  • 5 g Butter
  • 1 Pr. Salz
  • 70 g Birne, in 0,5cm große Würfel geschnitten (1 kleine)
  • 10 g Ahornsirup
  • 5 g Balsamessig (vom guten)

gekochte birnen serieNachdem ich die Birnen gewürfelt hatte, erhitzte ich die Butter in einem Topf und ließ die Birnenwürfel darin einige Minuten bei sanfter Hitze schmurgeln.. Dann würzte ich mit Ahornsirup, Essig und Salz und füllte die Masse zum Abkühlen in ein Schälchen.

Für das Kompott aus rohen und gekochten Birnen (1 Scheibe à 14cm):

  • gekochte Birnen, s. o.
  • 3 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 45 g Birnenpüree
  • 7 g feiner Zucker
  • 21 g Birne, in 0,5cm große Würfel geschnitten

birnen scheibeIch vermischte das Birnenpüree mit dem Zucker, löste die gut ausgedrückte Gelatine im Wasserbad auf und rührte das Püree nach und nach ein. Dann gab ich die rohen und gekochten Birnenwürfel hinzu und füllte verführerrisch duftende Kompott in die 14er Springform, deren Boden ich mit Frischhaltefolie bespannt hatte. Nachdem das Kompott im Kühlschrank angezogen war, fror ich die Scheibe ein.

Für die Mascarponemousse:

  • 12, 5 g Wasser
  • 40 g Zucker
  • 22,5 g Eigelb (1 großes)
  • 120 g Mascarpone
  • 7,5 g Puderzucker
  • 3,5 g Gelatine (2 Blatt)
  • 150 g Sahne, zu 80% aufgeschlagen

mascarponecreme serieIch kochte Zucker und Wasser bis 121°C, schlug das Eigelb auf und ließ den Sirup unter Rühren in einem dünnen Strahl einlaufen. Dann schlug ich weiter, bis das Eigelb weißschaumig und wieder abgekühlt war. Ich löste die Gelatine im Wasserbad auf, schmolz die Mascarpone ebenfalls darin (er sollte nicht warm werden, nur schmelzen) und rührte ihn in drei Schritten unter die Gelatine. Dann hob ich Eigelb und (zu 80% aufgeschlagene) Sahne in drei Schritten unter und konnte endlich mit dem Füllen beginnen.

füllen serieFür das erste Bild musste ein „alter“ Boden herhalten. Ich hatte schlicht vergessen zu fotografieren. Ich schnitt Boden und Birnenkompottscheibe mit dem 14er Tortenring aus, legte die Milchreisscheibe auf den Boden und platzierte darauf die Birnenkompottscheibe. Dann gab ich ca. die Hälfte der Mousse in den Spritzbeutel (10er Tülle) und befüllte damit den Zwischenraum (den Rand der Form hatte ich mit Tortenrandfolie ausgelegt), wie ich hoffte, lückenlos. Ich verteilte die restliche, noch recht weiche Mousse (Glattstreichen überflüssig) und stellte die Torte für 4 Stunden in den Kühlschrank. Herr H. beäugte sie beim Heimkommen neugierig. Gemeinsam disskutierten wir die Ausgarnierung.

Für den Ahornsirup-Walnuss-Guss:

  • 1 Handvoll Walnüsse (sorry, wiegen vergessen), geröstet und gehackt
  • ca. 40 g Ahornsirup
  • ca. 60 g Wasser
  • 1 Blatt Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

guss serieIch erhitzte Wasser und Ahornsirup, während Herr H. sich um die Nüsse kümmerte. In der heißen Flüssigkeit löste ich die gut ausgedrückte Gelatine und gab sie über die gerösteten und gehackten Walnüsse. Nachdem der Guss auf 30°C abgekühlt war, goß ich ihn über die Torte (die ich für 1/2 Stunde in den Tiefkühler gestellt hatte) und nach einer Stunde im Kühlschrank war er bereits fest. Endlich konnten wir probieren!

torte 4Fazit: Leider ließ sich die Torte durch die etwas stückige Konsistenz nicht besonders sauber schneiden. Das tat dem Genuss jedoch keinen Abbruch. Der leicht herbe Walnussbiskuit machte sich in Verbindung mit dem Stilton-Milchreis und der intensiv birnigen Kompottscheibe wahnsinnig gut. Die luftige Mascarponemousse umhüllte alles ausbalancierend und zerging auf der Zunge. Was für ein köstliches Törtchen. Am nächsten Tag schmeckte sie sogar noch runder, dann allerdings begann sie abzubauen. Auch Herr H. war schwer begeistert und beglückwünschte mich zur gelungenen Komposition. Das tat nach den vielen kleinen Küchenmisserfolgen sehr gut.

torte 12Die einzelnen Komponenten, zumindest die Mengenverhältnisse und die Vorgehensweise sind natürlich inspiriert von Pierre Hermé, PH10 (wie könnte es auch anders sein)