Reine Formsache?

Canneloni 2

Der Grund dafür, dass ich noch nie zuvor Cannelloni zubereitet habe, ist schlicht mein viel zitiertes Preis-Leistungs-Denken. In beiden Fällen werden größere Pastaplatten gefüllt und mit oder ohne Tomaten und Bechamel im Ofen überbacken. Allerdings müssen besagte Pastaplatten für Cannelloni vorgekocht werden und zudem gleich groß sein. Gleich zwei zusätzliche Arbeitsschritte, die ich mir bislang nonchalant sparte. Das konnte doch geschmacklich keinen so gewaltigen Unterschied machen, oder? Es ist, wie so oft, Herrn H.s Hartnäckigkeit zu verdanken, dass ich diese Frage für mich endlich klären konnte.

Für den Pastateig:

  • 90 g Weizenmehl 405er
  • 40 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei
  • 1 Pr. Salz
  • evtl. 1 – 2 EL Wasser

Nudelteig Serie Klein

Da Herr H. leider vergaß, die Teigbereitung abzulichten, muss ich ein altes Bild benutzen. Ich bereite den Pastateig in der Regel auf zwei Arten, je nachdem, wofür er gedacht ist. Für filigrane Ravioli mit einem Ei und einem Eigelb (oder drei Eigelben, je nachdem, ob ich etwas mit den übrigen Eiweißen anfangen kann) und für Lasagneblätter oder schlichte Bandnudeln eben nur mit einem Ei. Der eireichere Teig lässt sich wesentlich dünner ausrollen ohne zu reißen. Da uns Stufe 7/9 für Nudelplatten dünn genug ist, für Herrn H. könnten sie sogar noch dicker sein, reicht in diesem Fall ein Ei. Ich verrührte alle Zutaten mit dem Löffel und knetete sie anschließend ca. 10 Minuten von Hand. Dabei gab ich erst nach einigen Knetminuten wenig Wasser hinzu, da der Teig noch arg krümelte. Ansonsten lehrte die Erfahrung, dass bei Pastateigen weniger Wasser stets von Vorteil ist. Nachdem der Teig abgedeckt eine gute Stunde geruht hatte, rollte ich ihn mit der Maschine bis Stufe 7/9 aus und schnitt die Bahnen in 10 x 12 cm große Rechtecke. Herr H. blanchierte sie 2 – 3 Minuten in kochendem Salzwasser, wodurch sie enorm an Größe gewannen, schreckte sie kalt ab und legte sie auf einem Tuch aus.

Für die Füllung:

  • 200 g Radicchio, „entblättert“
  • 20 g Butter
  • 1 kleine Schalotte, fein gehackt
  • (ich: 1 TL Zitronanabrieb)
  • 150 g Hähnchenbrustfilet, durch den Fleischwolf gedreht (ich: 2 Perlhuhnschenkel)
  • 2 EL heißes Wasser (ich: Hühnerfond)
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • (ich: 1 TL Acetato balsamico)
  • 75 g Fontina, in dünne Scheiben geschnitten
  • Parmesan zum Bestreuen

Füllung serie

Ich blanchierte die Radicchioblätter in leicht gesalzenem Wasser ca. 2 Minuten, fischte sie mit dem Schaumlöffel heraus und ließ sie kurze Zeit abtropfen. Dann hackte ich sie klein. Herr H. hatte derweil die Perlhuhnbeine allseitig angebraten und im Backofen bei 150°C auf 75°C Kerntemperatur gegart. Nachdem sie etwas abgekühlt waren, zupfte er das Fleisch vom Knochen und hackte es ebenfalls klein. Ich schwitzte die Schalotte in Olivenöl glasig, gab Huhn, Zitronenabrieb, Fond und den Raddicchio hinzu und ließ alles 5 Minuten schmurgeln. Anschließend schmeckte ich Salz, Pfeffer und Balsamico ab und gab die Füllung in eine Schüssel zum Abkühlen.

Für die Bechamel:

  • 20 g Butter
  • 18 g Weizenmehl 405er
  • 150 g Vollmilch
  • 100 g Wasser
  • Salz, schwarzer Pfeffer, einige Striche Muskat

Bechamel Serie

Parallel zur Füllung bereitete ich die Bechamel. Ich ließ die Butter aufschäumen, rührte das Mehl mit dem Schneebesen unter und ließ es kurz mitschwitzen. Dann zog ich den Topf vom Herd, gab unter Rühren Milch und Wasser hinzu und kochte alles erneut auf. Ich würzte mit ca. 1/4 TL Salz, etwas Pfeffer und Muskat und ließ die Bechamel unter gelegentlichem Rühren etwa 15 Minuten sanft köcheln. Herr H. hatte inzwischen den Backofen auf 200°C Ober- und Unterhitze vorgeheizt und die Auflaufform gebuttert.

Füllen Serie

Ich verteilte ca. 2 EL Füllung auf jedem Pastablatt, legte 1 – 2 Scheiben Fontina darauf und rollte sie vorsichtig auf, wobei ich die Füllung am Rand gelegentlich in die Rolle zurückdrängen musste. Dann legte ich die Rollen dicht nebeneinander in die Form. Seltsamerweise passten die Anzahl der Pastablätter, die Menge der Füllung und die Größe der Form perfekt. Ich verteilte die Bechamel über die Cannelloni, rieb reichlich Parmesan darüber und buk sie ca. 20 – 30 Minuten, bis die Oberfläche appetitlich gebräunt war. Vor dem Servieren ließ ich die Cannelloni 5 Minuten in der Form abkühlen.

Canneloni 1

Fazit: Um es gleich vorweg zunehmen, die Cannelloni waren eine echte Wucht! Perlhuhn und Radicchio in Verbindung mit Fontina und Bechamel wuchsen förmlich über sich selbst heraus. Wir vertilgten tatsächlich alle Cannelloni und ich musste hinterher zugeben, dass sie trotz ähnlicher Zubereitungsweise mit einer Lasagne so gar nichts gemein haben. Die Form scheint bei der Pastabereitung doch eine wesentlich größere Rolle zu spielen, als ich angenommen hatte und die beiden zusätzlichen Arbeitsschritte werde ich in Zukunft gern auf mich nehmen.

Aus: Der Silberlöffel: Pasta Edel Books

 

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36 Gedanken zu „Reine Formsache?

  1. Vielleicht eine Variante, um meine Radiccio-Aversion zu bekämpfen. Ich finde den nämlich eigentlich so hübsch, mag aber Bitteres nicht so gerne. Und mit Canneloni sprichst Du mir aus der Seele. Ein wunderschönes Rezept, das Lust auf’s Nachkochen macht! Schönes Wochenende!

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    • Danke, Julia. Ja, ich denke, das könnte klappen, da dem Radicchio ja durch das Blanchieren einige Bitterstoffe entzogen werden. Unserer war allerdings auch roh nicht allzu bitter. Ist einen Versuch wert!
      Dir auch eine schönes Wochenende. :-)

      Gefällt 1 Person

  2. Ich bin grade in indien auf einer Ayurvedakur und nutze die zeit im Netz nach Kochrezepten ausschau zu halten. Deinen Blogg finde ich so toll. Jedes herzhafte Rezept spricht meine Koch Seele an . Ich bin begeistert. Vielen Dank euch Beiden. Ich werde alles bis auf die Kuchen nach kochen. Ich freue mich schon auf zu hause!!!!
    Sonnige Grüsse aus dem heissen Indien
    Isabelle

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  3. was für eine edle Füllung also da hätte ich auch die Pasta selbst gemacht :-) aber ich denke mir schon dass sich die Mühe und viele Arbeit der Pasta im Geschmack auf jeden Fall gelohnt hat oder? Frische Pasta kann man doch mit nichts vergleichen.

    lg netzchen

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    • Danke, Daniela. Ja, der „Aufwand lohnt sich eigentlich immer, also sein Essen selbst zuzubereiten (insbesondere bei diesem Gericht). Hat mir heute auch mein Hausarzt bestätigt. ;-)
      Liebe Grüße,
      Eva

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  4. Warum die Teigplatten vorkochen? Wenn du sie so frisch grad füllst und fertig machst, braucht es kein vorkochen der Teigplatten. Etwas mehr Sauce ist von Vorteil aber auch die Saucenliebhaber haben da gar nichts dagegen…

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    • Ich weiß nicht. Es steht halt so im Rezept. (Selbstgemachte) Lasagneplatten koche ich nicht vor, aber die schwimmen ja auch. So ein großer Aufwand war’s ja nicht. :-)

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  5. Die Füllung ist ganz grosses Kino!! Eine super Kombination. Ich mache auch sehr gerne Canneloni. Allerdings mit einer ganz traditionnelle Fleischfüllung.Habe einmal ein Rezept ausprobiert mit Mangold, Morcheln und Crevetten.. auch lecker. Ach es gibt so viele tolle Sachen die man kochen kann, mir fehlt nur die Zeit: LG Malou

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  6. Ich mag Canellonni auch sehr gerne, kenne auch den Unterschied zur Lasagne, bin aber doch oft einfach zu faul die besagten zusätzlichen Arbeitsschritte auf mich zu nehmen… Doch die Lust ist jetzt wieder geweckt! Vielen Dank! Und mit Radicchio kann ich beim Italiener immer punkten :D

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  7. Nicht, dass sie in irgendeiner Form gegen Selbstgemachte anstinken könnten, aber: Es gibt doch auch fertige Cannelloni, gleich neben den fertigen Lasagneplatten – ganz ohne Vorkochen.
    An diese Füllung würde ich allerdings auch nichts anderes lassen als frischen Pastateig. Es klingt himmlisch!

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  8. Ganz exquisit, ich setze mich sofort mit an den Tisch!
    Canneloni kenne ich nur mit der Spinat-Ricotta-Variante, mit Tomatensauce überbacken, esse ich die nur zu gerne. Und hab sie noch nie zubereitet.

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  9. Was für ein schönes Foto euch mit dem letzten Bild gelungen ist! Diese Füllung klingt toll. Die Kombination Fontina und Radiccio kenne und liebe ich, Perlhuhn würde ich auch nicht verschmähen. Wunderbar!

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  10. In meiner Jugend habe ich mich auch immer gewundert über die enorme Pasta Vielfalt. Aber mit der Zeit begreift man, dass die Menschheit nicht aus Jux und Dollerei sich so dauernd akribisch müht wirklich passendes hervorzubringen.

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