Wie ich auf die Schnecke kam

zwiebelschnecken 3

Fragte jemand mich als Kind nach meinem Lieblingstier, so gab ich höchst unkonventionell weder Hund, Katze noch Pferd an, sondern Huhn. Das Huhn lag nah, da meine Eltern eine ganze Schar davon im Garten hielten. Ein braunes mit weißer Halskrause hatte es mir besonders angetan, war zutraulich und kam mir tatsächlich jeden Mittag entgegen, wenn ich aus der Schule kam. Sein Schicksal war natürlich lange besiegelt. Eines Tages war es plötzlich verschwunden und in der Küche roch es nach Hühnersuppe. Auf dem Land war für Sentimentalitäten kein Platz. Zum Glück gab es noch die nach dem Gewitter gesammelten Schnecken im Gurkenglas. Wenn wir sie nicht gerade beim Schneckenrennen stressten, ging es ihnen auch in Gefangenschaft prächtig und es bestand zumindest keine Gefahr, das jemand ihnen aus kulinarischen Gründen nach dem Leben trachtete. Das sieht bei diesen köstlichen Zwiebelschnecken schon ganz anders aus.

Für die Apfelchips:

  • 1 Apfel, in sehr dünne Scheiben geschnitten
  • 1/2 TL Anis, gemörsert
  • 4 EL Zitronensaft
  • 1 TL Puderzucker

Apfelchips serie

Ich verrührte Anis, Puderzucker und Zitronensaft und zog die Apfelscheiben beidseitig hindurch. Dann legte ich sie auf ein Gitter (das auf einem Backblech stand) und schob es in den auf 80°C Umluft vorgeheizten Backofen. Gelegentlich öffnete ich die Backofentür, um die Feuchtigkeit entweichen zu lassen. Nach einer Stunde roch es herrlich apfelig in der Küche und die Apfelscheiben waren tatsächlich knusprig getrocknet.

Für den Bete-Salat:

  • 2 -3 Rote (oder bunte) Bete, je nach Größe
  • 3 EL Olivenöl
  • 1 EL Quitten-Essig (oder einen anderer milder)
  • 1 TL Senf
  • einige Zweige Estragon, Blättchen gezupft
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Rote Bete Serie

Da der Backofen belegt war, garte ich die Beteknollen in reichlich Salzwasser auf dem Herd. Das dauert je nach Größe zwischen 45 und 60 Minuten. Nachdem die Bete ein wenig abgeküht waren, schälte ich sie, schnitt sie in kleine Würfel und gab sie in eine Schüssel. Herr H. hatte inzwischen die Zutaten für die Vinigrette in den Zerkleinerer gegeben, fein püriert und mit Pfeffer und Salz abgeschmeckt. Er gab sie über die Betewürfel, verrührte alles und stellte die Schüssel abgedeckt beiseite.

Für den Teig (eigenes Rezept):

  • 160 g Weizenmehl 550er
  • 80 g Livieto Madre aus dem Kühlschrank
  • 120 g Wasser
  • 4 g Salz
  • 2 g Hefe

Da im Buch ein recht hefelastiges Rezept angegeben war, ersetzte ich es kurzerhand durch meinen Standard-Pizzateig. Ich gab alle Zutaten in eine Schüssel, vermengte sie kurz mit dem Löffel und knetete den Teig ca. 10 Minuten von Hand, bis er elastisch und glänzend war. Nun durfte er abgedeckt ca. 90 Minuten gehen. Wer keinen Livieto Madre im Haus hat, kann alternativ 200 g Mehl, 150 g Wasser und 4 g Hefe verwenden. Allerdings wird der Teig dann nicht so aromatisch und triebstark.

Für die Füllung:

  • 6 mittelgroße Zwiebeln, in Streifen geschnitten
  • Olivenöl zum Braten
  • 2 TL Ketchup (ich: 1 TL Tomatenmark, 1 TL Ahornsirup, 1 TL Reisessig, verrührt)
  • 3 EL Cognac oder Brandy (ich: Noilly Prat)
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 1 Pr. Muskat
  • 1/2 TL Berbere
  • 3 EL Petersilie, fein gehackt
  • 3 EL Schmand oder Crème fraîche

Füllung Serie

Ich garte die Zwiebeln bei milder Hitze unter Rühren, bis sie weich und goldbraun waren. Das dauerte ca. 15 Minuten. Nun gab ich den „Ketchup“, Herr H. merkte an, dass er so angerührt tatsächlich genauso gut schmecke wie gekaufter, und die Gewürze hinzu, löschte mit Noilly Prat ab und ließ die Mischung in einer Schüssel abkühlen. Dann rührte ich Petersilie und Crème fraîche ein. Das schmeckte schon einmal höchst köstlich.

Füllen Serie

Ich rollte den Teig auf bemehlter Arbeitsfläche dünn zu einem Quadrat aus, teilte ihn in zwei Rechtecke und verteilte die Zwiebelfüllung darauf. An je einer Längsseite ließ ich ca. 2 cm frei. Nun rollte ich die belegten Teigrechtecke von der Längsseite auf der nichts frei gelassen war behutsam fest auf und schnitt jede Rolle in 8 Stückchen. Ich setzte die Zwiebelschnecken auf ein mit Backpapier belegtes Blech, bestrich sie mit Eistreiche und buk sie ca. 25 Minuten bei 200°C. Nach dem Fototermin konnten wir endlich kosten.

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Fazit: Was für eine gelungene Kombination. Zwiebelschnecken, Bete-Salat und Apfelchips harmonierten kräftig um die Wette. Nach der vierten Schnecke strich ich allerdings die Segel. Herr H. schaffte es noch, Nummer sechs den Garaus zu machen, aber danach musste auch er passen. Das machte jedoch gar nichts. Die restlichen Zwiebelschnecken schmeckten auch am nächsen Tag statt Knifte noch hervorragend. Eine perfekte Alternative zur wöchentlichen Pizza und auch als Vorspeise oder auf einem Buffet machen sie sicher sicher bestens.

Sehr frei interpretiert aus: Kochen mit den Küchenchefs Ralf Zacherl, Mario Kotaska, Martin Baudrexel

 

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28 Gedanken zu „Wie ich auf die Schnecke kam

  1. Für an richtigen Schnecken Interessierte möchte ich hier eine Leseempfehlung abgeben:
    Das Geräusch einer Schnecke beim Essen
    Buch von Elisabeth Tova Bailey
    Ein ganz und gar wunderbares Buch, ‚entschädigt‘ für viele Hühner, Kaninchen & Co., die in der Suppe landen.
    Gruss Bea

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  2. Was für eine schöne und lustige Geschichte. Und sie erinnert mich so an mich selbst! Bei uns waren auch immer „plötzlich“ Tiere verschwunden – Hasen, Hühner, Schweine …
    Ich muss aber gestehen, dass ich mit Hühnern nicht so gut kann (sie haben mich beim Eier-Abnehmen so oft gepeckt, ich hatte richtige Angst vor ihnen). Ich dafür ganz klassisch – Lieblingstier: Pferd, Hund & Katz ;-)))

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    • Danke, Maria. Ich hatte nur Angst vor unserem Zwerg-Hahn. Der konnte ganz schön kiebig werden. Die Hühner hingegen waren recht zutraulich – und Pferde, Hunde und Katzen mochte ich natürlich auch. :-)

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  3. Allein die Einleitung wieder – köstlich. :)
    Ein schönes Rezept, so langsam spare ich mir das Abspeichern einzelner Rezepte als Lesezeichen, sondern schaue ggf. direkt hier bei Dir nach. Liebe Grüße, Corinna

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  4. mhmmm…also alleine beim Titel musste ich gleich mal reinschauen bei dir und so eine Zwiebelschnecke ist mir neu, kenne es mit Feta-Spinat und Schinken-Käse aber deine Schnecke hat wohl mehr zu bieten als meine bisher gekannten Füllungen und zwar viel mehr ;-)
    Du bist echt ein Wahnsinn beim Kochen und bei den kreativen Rezepten kann dir so schnell keiner war vormachen! Bin jedes Mal wieder aufs Neue begeistert!

    lg netzchen

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    • Danke, Netzchen! Aber letztlich wähle ich die Rezepte ja nur aus, die meisten sind nicht auf meinem Mist gewachsen. Vielleicht kriege ich das irgendwann einmal besser hin. Es besteht Hoffnung. ;-)
      Liebe Grüße,

      Eva

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  5. Bei uns zuhause kam das Fleisch auch dann und wann aus dem eigenen Garten: Hühner, Enten, Puten, Schafe… nicht alle gleichzeitig, aber irgendwas lief immer im großen Garten herum und landete später auf dem Teller. Von den Schafen landetet später auch das weiche Fell im Haus: als wärmende Unterlage im Bett, an kühlen Sommerabenden auf den Stühlen im Garten… Wir kannten auch die Namen der ehemaligen Fellträger später noch. Und beim Geflügelschlachten musste ich spätestens mit elf Jahren beim Rupfen helfeln. Wir wussten, wie Fleisch „entsteht“…. Fehlt heute oft…

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    • Ja und das ist irgendwie ganz schön schade, wie so vieles andere. Komplexes Thema. Ich bin recht sicher, dass das zunehmende Übergewicht der Kinder heute damit zusammenhängt. Und ich fürchte, es wird noch eine Weile dauern, bis ein flächendeckendes Umdenken einsetzt…

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      • Ich bin nicht sehr sicher, dass das Umdenken wirklich kommt, weil der Anteil an Fertignahrung ständig steigt und immer mehr Menschen auf preiswerte Nahrung angewiesen sind, gleichzeitig das Wissen um Lebensmittel verloren geht… Hoffentlich hast DU recht….

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  6. Das Buch hätte ich sicher nicht mitgenommen. Aber dass Du es getan hast, hat sich offensichtlich bezahlt gemacht.
    Zu den Tieren: ich war da naiv als Kind. Meine eine Tante hielt Hühner. Einmal durfte ich mir auf dem Einödhof mit ihr ein flauschiges gelbes Küken aussuchen. Die Ansage war…das kriegst du dann später. Nun…..als Brathähnchen. Die andere Tante hatte Kaninchen….ja. Aber ich habe verstanden, dass für Fleisch Tiere sterben. Auch für ein Filet. Auch wenn man es nicht gleich sieht. Und ich konnte in der Metzgerei meiner Freundin anstandslos durch den Kühlraum laufen. Ich glaub, da besteht heute viel Nachholbedarf.

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    • Hm, ehrlich gesagt war das das einzige Rezept, das mich aus dem Buch angelacht hat, ist auch schon wieder abgegeben.
      Und ja, das glaube ich auch. Ich habe meiner Ur-Oma schon recht früh beim Hühnerrupfen geholfen und nach mehrmaligem Schlucken habe ich auch die Suppe vom Lieblingshuhn gegessen. Andere Kinder wären vielleicht Vegetarier geworden… ;-)

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  7. So bin ich auch aufgewachsen – Hühner und Hasen waren damals die Haustiere. Immer wieder fehlte eines, wobei mir der Zusammenhang zwischen köstlich zartem Schnitzel und fehlendem Hasen lange nicht klar war. Diese Rücksichtnahme hat mir auch ein Trauma erspart.
    Schnecken esse ich übrigens auch in der fleischigen Variante.
    Wunderbare sind deine Schnecken geworden!

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    • Danke, Susi. Kaninchen hatten wir auch. Die hat mein Stiefvater selbst geschlachtet, allerdings nur einmal. Ist schon etwas anderes, als ein Huhn um die Ecke zu bringen. ;-)

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