Die Guten ins Töpfchen…

Stubenkücken 1

Man sagt, dass norddeutsche Küken, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden konnten, einst während des Winters in der warmen Stube aufwachsen durften. Nach gut drei Wochen ging es den „unproduktiven“ Hähnchen dann an der Kragen. Wer keine Eier legen konnte, wanderte in den Kochtopf. Pech gehabt. Das Fleisch der jungen Hähne galt als besonders zart und delikat. Als Herrn H. und mir kurz vor Weihnachten besagte Küken über den Weg liefen, konnten wir nicht Nein sagen. Zumal ich mich an ein äußerst interessantes Rezept erinnerte. Die Küchenschabe hatte scheinbar einen ähnlichen Riecher, kam mir glatt zuvor und war ebenso angetan von den Winzlingen. Das Rezept verlangt, dass man bereits am Vortag mit der Zubereitung beginnt. Das macht jedoch nichts. Dafür steht am nächsten Tag das Essen schnell auf dem Tisch.

Für die in Meistersauce pochierten Stubenküken:

  • 2 Stubenküken (ca. 900 g)
  • ca. 600 g Hühnerbrühe
  • 75 g dunkle Sojasauce
  • 100 g Shaoxing-Reiswein
  • ca. 20 g Ingwer, geschält, in Streifen geschnitten
  • 2 Knoblauchzehen, geschält, leicht zerstoßen
  • 20 g Kassiarinde oder Zimtstange
  • 7 g getrocknete Mandarinenschale (oder 1 kurzer Streifen Orangenschale)
  • 1/2 TL Szechuan-Pfefferkörner
  • 4 Sternanis
  • 50 g Demerarazucker (ich: Palmzucker, gerieben)

Meistersosse Serie

Leider war von unserer ersten Meistersauce nichts mehr übrig, mussten wir also eine neue ansetzten. Sie hält gefiltert eingefroren gut drei Monate und wird angeblich bei jedem neuen Gebrauch besser. Ich brachte alle Zutaten in einem Topf zum Kochen und ließ sie 30 Minuten schwach köcheln. Dann gab ich die beiden Stubenküken mit der Brust nach unten hinein – ich hatte darauf verzichtet, ihr Rückgrat vorher zu entfernen, da ich befürchtete, dass sie rückratlos eher unansehnlich sein würden – , so dass sie fast vollständig von Meistersauce bedeckt waren und ließ sie abgedeckt ca. 25 Minuten sacht pochieren. Anschließend durfte beides getrennt abkühlen, bevor es wieder vereint im Kühlschrank übernachtete. Am nächsten Abend nahm Herr H. die Küken aus der Brühe, ließ sie ca. 30 Minuten Raumtemperatur annehmen und setzte sie dann in einen Bräter, dessen Boden er mit Backpapier ausgekleidet hatte. Er schöpfte ca. 200 g Brühe über sie und briet sie ca. 15 Minuten bei 220°C. Dabei übergoss er sie gelegentlich mit Brühe. Zum Schluss grillte er sie noch ca. 5 Minuten, bis die Haut der Küken herrlich knusprig war. Anschließend reduzierte er die übrige Meistersauce, bis sie eine sirupartige Konsistenz hatte und stellte sie warm.

Für die Paprikapommes aus den Ofen:

  •  ca. 500 – 600 g vorwiegend mehlig kochende, große Kartoffeln (z. B. Désirée), ungeschält in 2 cm dicke Stäbchen geschnitten
  • 1 Knoblauchzehe mit groben Meersalz zu Paste zerrieben
  • 1/2 TL geräuchertes Paprikapulver
  • 1/2 TL Paprikapulver
  • 30 g Sonnenblumenöl
  • 1 TL feiner Grieß (ich: Hartweizen)
  • schwarzer Pfeffer, evtl. mehr Meersalz

Pommes Serie

Mit nur einem Backofen war die Zubereitung von Küken und Pommes gleichzeitig etwas kniffelig. Nachdem die Küken 15 Minuten gebacken hatten, schob ich das Blech mit den Pommes in den Backofen und garte sie ca. 25 Minuten bei 230°C. Anschließend grillte Herr H. die Küken fertig. Doch von Anfang an. Ich kochte in einem großen Topf reichlich Wasser auf, salzte es und blanchierte die Kartoffelstäbchen 5 Minuten darin. Dann ließ ich sie in einem Sieb gründlich abtropfen. Ich verrührte die restlichen Zutaten in einer großen Schüssel, gab die Kartoffeln hinzu und vermengte alles behutsam und gründlich. Anschließend breitete ich die Kartoffeln auf einem mit Backpapier belegten Blech aus und buk sie goldbraun. Gegebenenfalls kann man sie nach der Hälfte der Backzeit wenden. Ich habe das nicht getan.

Für die Chilisauce:

  • 1 TL Erdnussöl
  • 10 g Knoblauch, fein gehackt
  • 15 g Ingwer, fein gerieben
  • 4 rote Chilischoten, entkernt, fein gehackt
  • 10 g Zucker
  • 20 g Reisessig
  • 25 g Wasser

Chilisosse Serie

Ich erhitzte das Öl in einem kleinen Topf bei mittlerer Hitze, schwitzte Knoblauch und Ingwer darin ca. 5 Minuten an und gab die Chilis hinzu. Gemeinsam ließ ich sie ca. 10 Minuten dünsten. Herr H. streute den Zucker darüber, ließ ihn karamellisieren und löschte mit Reisessig ab. Nachdem er vollständig verkocht war, gab er das Wasser hinzu und ließ alles köcheln, bis die Sauce die Konsistenz einer dicken Marmelade hattte. Ich schmeckte mit wenig Salz ab und stellte die Sauce beiseite.

Für das Kaffirlimettensalz:

  • 4 mittelgroße, getrocknete Kaffirlimettenblätter (frisch lassen sie sich nicht zerstoßen), Stiele entfernt
  • grobes Meersalz
  • zum Servieren: 1/2 Limette, in Spalten geschnitten

Kaffirleimettensalz Serie

Ich hatte die Kaffirlimettenblätter bereits am Vortag in der Restwärme des Backofens getrocknet. Herr H. entfernte die Stiele und gab die Blätter mit ca. 1/2 TL grobem Meersalz in der Mörser und zerstieß alles zu feinem Pulver. Der dabei aufsteigende Duft war ebenso betörend wie der der Küken und der der Pommes. Als endlich alles fertig war, richtete ich je ein Küken mit Pommes, Chilisauce, Kaffirlimettensalz. 2 Limettenspalten und etwas Meistersaucensirup an und übergab Herr H. die Teller.

Stubenkücken 4

Fazit: Allein die Paprikapommes waren eine echte Offenbarung! Außen herrlich knusprig und innen cremig. Absolut unwiderstehlich. Sie standen inzwischen schon häufiger auf dem Tisch und unser Verbrauch mehlig kochender Kartoffeln stieg von 0 auf 1 kg / Woche. Die Küken hatten neben einer hocharomatischen, knusprigen Haut ein sagenhaft zartes Fleisch und meine Befürchtung, ein ganzes Küken könne für eine Person zuviel sein, löste sich im Nu in Luft auf. Chilisauce und Kaffirlimettensalz rundeten den Genuss perfekt ab und ich vermisste noch nicht einmal den Salat oder die Gemüsebeilage, auf die wir wohlweislich verzichtet hatten. Ein absolutes Festessen und zum Glück können wir beim nächsten Mal direkt auf die fertige Meistersauce zurückgreifen.

Aus: NOPI Das Kochbuch Yotam Ottolenghi, Ramael Scully

22 Gedanken zu „Die Guten ins Töpfchen…

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  5. Ich musste gerade erstmal schmunzeln! An Silvester sollte ich dem Italiener das Wort Stubenküken erklären, aber er kam nicht drauf – kennt er nicht, worauf hin ich dann gesagt habe, dass ich mal welche zubereiten werde…

    … und schon kommst Du mit einem Rezept um die Ecke :) Perfektes timing!

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  6. Das wäre genau meins. Aber meine Angst wäre gewesen, reicht ein Küken für mich? Wird bestimmt alles mal ausprobiert :-)
    Der Start ins neue Jahr scheint Euch gut gelungen zu sein.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  7. Ich rieche das bis hier – und bin schwer angetan. Allein das Nachkochen wird wohl ein bisschen auf sich warten lassen… und „NOPI“ muss ich aus demselben Grund einen großen, GROSSEN Bogen machen. Wasser in meinem Mund!

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    • Danke schöm. Zu schade für dich. Und schade auch, dass es nicht mal mehr einen Wienerwald gibt. Aber hey, ich habe gesehen, du hast für würdigen „Ersatz“ gesorgt. :-)

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  8. Zunächst mal ein frohes und vor allen Dingen köstliches neues Jahr, liebe Eva! Meine Vorsätze fürs regelmässiger Bloggen sind gemacht! Ich komme ja hier bei dir kaum nach mit lesen ;) Das Gericht hier erinnert mich stark an ein Experiment, welches ich in den Anfangstagen meines Blogs mal gepostet hatte. Stubenküken (bei uns heissen sie „MIstkratzerli“) findet man hier nämlich in jeder besseren Metzgerei. Höchste Zeit, dass ich mir auch mal wieder eines gönne :)

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    • Danke, Marco. Das wünsche ich dir ebenfalls! Du schreibst zwar nicht so häufig, aber deine Artikel sind dafür umso umfangreicher. ;-) Und falls sie bei euch wirklich so leicht erhältlich sind, nur zu! :-)

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  9. Äh, ja. Da kleben Marker in meinem Buch. Aber wenn Du so schwärmst, dann sollte ich wohl mal Stubenküken suchen gehen und Sauce ansetzen …

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