Kunst am Bau

Bucatini Dome 2

Dieser Winter treibt seltsame Blüten. Wobei das Rezept für dieses Nudelgericht sicher schon das ein oder andere Jahr auf dem Buckel hat. Schon seit gut zwei Jahren liebäugelte Herr H. damit. Doch ich blieb standhaft. Nudeln werden hier normalerweise schlicht mit Pesto, Sugo oder Ragout im Teller serviert. Wozu das Gedöns? Wie genau Herrn H. es plötzlich fertigbrachte, mich von der dringend zeitnahen Umsetzung des Rezepts zu überzeugen, weiß ich leider nicht mehr so genau. Er scheint gute Argumente gehabt zu haben. Was ich hingegen ganz genau weiß und auch bereits im Voraus wusste, war, dass es wieder einmal an mir hängen bleiben würde, die Baukunst zu vollbringen. Herr H. war, wie üblich wenn es um figgeliensches Handwerk geht, vollauf mit anderen Dingen beschäftigt.

Für die Füllung (reicht für 2 Schüsseln mit 12 cm Durchmesser):

  • 170 g Bucatini, knapp gegart (davon werden für die Füllung ca. 3/4 benötigt)
  • 1 Möhre (ca. 130 g), kleinst gewürfelt
  • 1 Fenchel (ca. 250 g), feinst gewürfelt
  • 2 Lauchzwiebeln, in dünne Ringe geschnitten
  • 1 – 2 TL getrockneter Thymian
  • 1 TL Estragon, fein gehackt
  • Olivenöl
  • 1 Ei, verkleppert
  • 25 g Parmesan, fein gerieben
  • einige Scheiben Povolone oder Caciocavallo (ich: Taleggio)

Füllung Serie

Ich gab ca. 3/4 der gegarten Bucatini in eine Schüssel und zerkleinerte sie grob. Die restlichen vermischte ich mit etwas Butter und stellte sie bis zum Zusammenbau beiseite. Zuvor hatte ich Möhre, Fenchel und Lauchzwiebel in etwas Olivenöl angeschwitzt, mit wenig Salz und Thymian gewürzt und abgedeckt ca.12 Minuten bissfest gegart. Nun vermengte ich das Gemüse mit den zerkleinerten Bucatini, rührte Ei und Parmesan unter und schmeckte die Füllung mit Salz, Pfeffer und Estragon ab. Gar nicht übel. Ich butterte die beiden Metallschälchen und begann die restlichen Bucatini schneckenförmig von der Mitte des Bodens ausgehend an der Schüsselinnenseite aufzuwickeln.

Füllen Serie

Gar nicht so einfach, da sie durch die Butter recht glitschig waren. Irgendwann wurde ich der störrischen Pasta jedoch Herr. Ich legte einige Scheiben Taleggio auf die Nudelschicht, gab die Füllung hinein, drückte sie vorsichtig gut fest und legte noch etwas Taleggio auf. Mit Alufolie bedeckt durften die Schüssel nun bei 175°C 15 Minuten backen. Dann entfernte ich die Folie und ließ sie weiter backen, bis die Pasta goldbraun war. Das dauerte ungefähr 20 Minuten. Ich nahm die Schüsseln aus dem Ofen und ließ sie 10 Minuten lang ruhen. Endlich war der spannende Moment gekommen. hatte ich die Schüsseln gründlich genug gebuttert oder würde die Pasta beim Stürzen hartnäckig kleben bleiben? Ich legte einen Teller auf die Schüssel, drehte sie um und, puh, Glück gehabt. Abgesehen von einer klitzekleinen Stelle lösten sich die Kuppeln anstandlos. Herr H. jubelte beim Anblick der gestürzten Kuppel begeistert. Genau so hätte er sie sich vorgestellt. Perfekt!

Bucatini Dome 6

Fazit: Nachdem er sich ausgiebig der Bewunderung hingegeben hatte, konnten wir endlich probieren. Und ich muss gestehen, dass es tatsächlich einen Unterschied macht, ob man die Pasta einfach mit was auch immer vermengt istt oder sie zu so einem kunstvollen Bauwerk auftürmt. Die äußere Pastaschicht war dank des Käses herrlich saftig, die Füllung cremig und einfach nur köstlich. Die Kuppel lassen sie außerdem bestens vorbereiten und machen sich sicher gut zur Überraschung kulinarisch verwöhnter Gäste.

Sehr frei nach: Pasta Modern – New and inspired recipes from Italy Francine Segan

 

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Makeover oder der Weg ist das Ziel

Torte3

Seit Wochen lag Herr H. mir in den Ohren. Wir müssten doch unbedingt einmal wieder eine Torte machen. Ich war wenig motiviert und sagte ihm schlicht, wenn er mir das geeignete Rezept präsentiere, würde mir das vielleicht auf die Sprünge helfen. Damit, so hoffte ich, hatte ich mir eine Schonfrist verschafft. Denn es ist wirklich schwierig, Rezepte für außergewöhnliche Torten zu finden. Ein gedrittelter Biskuit, gefüllt und ummantelt mit Sahne ist für mich eben noch keine Torte. Leider hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Bereits am nächsten Tag zeigte Herr H. stolz auf das Objekt seiner Begierde. Ich seufzte tief, schalt mich für meine Leichtfertigkeit und machte mich ans Umrechnen. Gestalterische Hürden, die ich zunächst anführte, hatte er lapidar vom Tisch gewischt.

Für den Sablée mit Matcha (reicht für 2 Böden à 14 cm, es wird nur 1 benötigt):

  • 33 g Zucker
  • 83 g Weizenmehl 405er
  • 13 g fein gemahlene Mandeln
  • 5 g Matcha
  • 36 g Ei (ich : 20 g)
  • 50 g kalte Butter, in Stückchen geschnitten

Matcha Sablée Serie

Ich siebte Zucker, Mehl, Mandeln und Matcha in eine Schüssel, gab die Butterstückchen hinzu und zerrieb alles mit der Hand zu einer krümeligen Masse, die bereits zusammenzuballen begann. Seltsam. Eigentlich sollte doch erst das Ei für Bindung sorgen. Ich gab es schluckweise hinzu und befand, dass 20 g ausreichten. Ich rollte den Teig zwischen Folie ca. 3 mm dünn aus, stach 2 Kreise à 14 cm aus, stippte sie mit der Gabel und legte sie abgedeckt für eine Stunde in den Tiefkühler. Anschließend buk ich sie ca. 15 Minuten bei 190°C. Soweit, so gut.

Für die Crisp-Schicht:

  • 33 g Kokos-Marzipan (ich: 15 g Marzipan, 9 g Kokosmehl und etwas Öl zum zusammenkneten)
  • 8 g weiße Kuvertüre, geschmolzen (ich: 13 g und 5 g Butter)
  • 24 g Puffreis (ich: 1 Scheibe Reiscracker, zerbröselt, ca. 9 g)

Serie Crispschicht

Von Kokos-Marzipan hatte ich noch nie gehört. Vielleicht lag das am Übersetzungstool. Ich knetete Marzipan und Kokosmehl mit etwas Öl zu einer geschmeidigen Masse und rührte es in die mit Butter gemeinsam geschmolzene Kuvertüre. Herr H. zerbröselte den Reiscracker und gab die Brösel zur Marzipan-Masse. Ich verrührte alles. Mhm, ganz schön trocken und bröselig. Dabei hatte ich den Reisanteil bereits deutlich reduziert. Ich beschloss, diese Tatsache zu ignorieren und drückte die Masse so gut es ging im 14er Tortenring, dessen Boden ich mit Folie bespannt hatte, fest und stellte ihn kalt.

Für die drei Mousseschichten:

Schwarze Johannisbeermousse:

  • 33 g scharzes Johannisbeerpüree (ich: Saft)
  • 20 g Apfelsaft
  • 13 g Eigelb
  • 20 g Zucker
  • 1,7 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht (1 Blatt)
  • 50 g Sahne, locker aufgeschlagen

schwarze johannesbeermousse Serie

Rote Johannisbeermousse:

  • 33 g rotes Johannisbeerpüree
  • 20 g Apfelsaft
  • 13 g Eigelb
  • 20 g Zucker
  • 1,7 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht (1 Blatt)
  • 50 g Sahne, locker aufgeschlagen

rote johannesbeermousse Serie

Weiße Johannisbeermousse:

  • 33 g weißes Johannisbeerpüree (ich: Holunderblütengelee)
  • 20 g Apfelsaft
  • 13 g Eigelb
  • 20 g Zucker (ich: 5 g, da bereits ca. 16 g Zucker im Gelee waren)
  • 1,7 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht (1 Blatt)
  • 50 g Sahne, locker aufgeschlagen

weisse johannesbeere Serie

Alle Mousseschichten werden nach dem gleichen Schema zubereitet. Ich kochte jeweils Johannisbeerpüree und Apfelsaft mit 10 g Zucker auf, rührte das Eigelb mit dem restlichen Zucker schaumig und gab unter Rühren die Hälfte der Flüssigkeit zu. Dann goss ich alles zurück in den Topf und erhitzte es unter Rühren auf 83°C. Ich zog den Topf vom Herd, rührte die gut ausgedrückte Gelatine ein. Nachdem die Flüssigkeit auf ca. 35°C abgekühlt war, hob ich die Sahne unter und gab die Mousse auf die Crispschicht im 14er Tortenring. Nach ca. 2 Stunden war sie fest genug, dass ich die rote Johannisbeermousse daraufgeben konnte und nach weiteren 2 Stunden die weiße. Als auch diese fest war, fror ich den Ring ein.

Für die weiße Schokoladenmousse mit Matcha:

Crème pâtissière mit Matcha:

  • 175 g Vollmilch
  • 1 Beutel Grüntee
  • 1/2 TL Vanilleessenz
  • 5 g Weizenmehl 812er
  • 12,5 g Stärke
  • 37,5 g feiner Zucker
  • 3 g Matcha mit 2 EL heißem Wasser verrührt
  • ca. 40 g Eigelb (2)
  • 17,5 g Butter

Matcha Creme Patissiere

Für die weiße Schokoladenmousse mit Matcha:

  • 150 g weiße Kuvertüre, geschmolzen
  • Crème pâtissière s. o.
  • 2 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 190 g Sahne, locker aufgeschlagen

Matcha Mousse Serie

Da das Original-Rezept der Mousse mir nicht zusagte, bastelte ich meine Lieblingsmousse mit weißer Kuvertüre einfach um. Für die Crème pâtissière kochte ich die Milch kurz auf, gab den Teebeutel hinein und ließ ihn ca. 10 Minuten ziehen. Dann drückte ich ihn gut aus und entfernte ihn. Herr H. hatte inzwischen das Eigelb mit der Hälfte des Zuckers verrührt und Mehl und Stärke eingearbeitet. Ich kochte die Milch mit der Vanilleessenz und dem restlichen Zucker erneut auf, gab die Hälfte zur Eigelbmischung und alles gemeinsam zurück in den Topf. Nun ließ ich die Crème 5 Minuten unter stetem Rühren köcheln. Ich zog den Topf vom Herd, rührte den in heißem Wasser gelösten Matcha ein und gab die Crème durch ein feines Sieb. Herr H. rührte stückweise die Butter unter und hielt die Crème im Wasserbad warm. Für die Mousse schmolz ich die gut ausgedrückte Gelatine im Wasserbad, rührte 2 EL Crème pâtissère ein und anschließend unter die gesamte Crème. Herr H. gab sie zur geschmolzenen Kuvertüre, verrührte alles zu einer homogenen Masse unter die ich dann die Sahne hob. Die Mousse sollte sofort zum Füllen verwendet werden, da sie schnell anzieht.

Füllen Serie

Ich befreite den Schichtkern aus dem Ring, setzte ihn auf den Sablée und stellte alles mittig in die 16er Springform. Oh Schreck! Der Kern war viel zu hoch. Aber wozu hat man einen verstellbaren Tortenring. Ich stellte ihn auf 18 cm Durchmesser und setzte ihn auf eine mit Folie bespannte Platte. In die Mitte setzte ich den Kern. Herr H. gab die Mousse schwungvoll erst am Rand und dann mittig darüber und zufrieden betrachteten wir unser Werk. Bis ich plötzlich sah, dass die Mousse unter dem Tortenring hindurch zu sickern begann. Was für ein Malheur. Ich beschwerte den Ring mit dem dicksten Kochbuch, das ich finden konnte und stellte den Ring kalt. Nach 4 Stunden begutachteten wir den Schaden. Durch die herausgesickerte Mousse war auf der Oberfläche der Torte eine Art „Burggraben“ entstanden. So ein Mist. Ich befreite die Torte aus dem Ring, fror sie gut verpackt ein und entsorgte den elendigen Ring sofort. Wir beratschlagten einen guten Tag lang, wie wir die Torte retten könnten und eigneten uns schließlich darauf, sie mit weißem Velvetspray zu überziehen und den Burggraben mit schwarzem Johannisbeergelee zu verzieren.

Torte6

Fazit: Der hübsche Farbverlauf der Fruchtmousse-Schichten entschädigte uns einigermaßen für das Gewese. Nach der obligatorischen Fotosession probierten wir gespannt. Die weiße Schokoladenmousse mit Matcha war perfekt. Auch Sablée und Fruchtschichten überzeugten. Allein die Knusperschicht tat ihrem Namen keine Ehre. Die Feuchtigkeit der schwarzen Johannisbeermousse hatte sie dahingerafft. Herr H., und später auch die Kollegen im Büro, war dennoch höchst zufrieden mit dem Ergebnis unserer Bemühungen. Mir persönlich fehlte zusätzlich zur Fruchtmousse noch eine reine Fruchtschicht als Kontrast. Aber das sind eher Spitzfindigkeiten. Das kommt davon, wenn man am falschen Ende der Skala zu backen beginnt.

Torte11

Kein schneller Teller!

Schmor mit eingelegten Perlzwiebeln 5

Auch wenn das Wetter hier inzwischen eher auf Frühling als auf Winter steht, was ich wirklich sehr begrüße, davon einmal ab, geht es hier eher winterlich weiter. Man arbeitet halt alles zeitversetzt ab. Das finde ich nicht schlimm. Wollte ich brandaktuell sein, müsste ich ja jetzt bereits Spargel- und Erdbeer-Rezepte für die kommende Saison entwickeln. Das könnte ich durchaus tun. Alles ist inzwischen das ganze Jahr über erhältlich. Aber um welchen Preis? Ich habe dem peruanischen Spargel kürzliche eine Chance gegeben und wenn jetzt das Regional/Saisonal-Totschlagargument kommt, dann sage ich nur: Avocado. Oder Kaffee. Oder Quinoa, oder was auch immer, die Liste ließe sich noch ellenlang fortsetzen. Hätte ich ihn mit verbundenen Augen essen müssen, wäre ich nicht unbedingt darauf gekommen, dass ich gerade Spargel esse. Versuch macht klug und ich werde weiterhin die Finger von geschmacksneutralem Genüssen lassen. Warten wir einfach noch ein wenig und wärmen uns die Seele an einem weiteren Schmorgericht

Für die Cassis-Perlzwiebeln (mindestens am Vorabend ansetzen):

  • 20 Perlzwiebeln, geschält und halbiert
  • 200 g Cassissaft (habe ich ohne Zuckerzusatz im Naturkostladen gefunden)
  • 100 g Himbeeressig
  • 100 g Honig
  • 2 Lorbeerblätter
  • 4 Pimentkörner

Perlzwiebeln Serie

Ich habe die ganze Menge der Zwiebeln zubereitet, da sich sich nicht nur zu diesem Schmorgericht ganz ausgezeichnet machen. Ich blanchierte die Perlzwiebeln kurz in kochendem Wasser, schreckte sie eiskalt ab und sie sie gut abtropfen. Herr H. hatte inzwischen die restlichen Zutaten aufgekocht und goss den Sud nun über die Zwiebeln. Nach dem Abkühlen durfen sie im Kühlschrank ziehen.

Für die Lorbeer-geschmorten Kalbshaxenscheiben:

  • 2 Kalbshaxenscheiben (meine waren aus unerfindliche Gründen verschwunden, ich nahm ersatzweise ein nicht näher definierbares Stück Kalbsschmorfleisch)
  • 1 EL Mehl
  • Salz, schwarzer Pfeffer (ich pfeffere immer erst zum Schluss)
  • Öl zum Anbraten
  • 1/2 Zwiebel, fein gewürfelt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gewürfelt
  • 1/2 Möhre, fein gewürfelt
  • 1 EL Tomatenmark
  • 75 g Rotwein
  • 250 g Kalbsfond
  • 1/4 Bund frischer Salbei
  • 4 frische Lorbeerblätter

Schmortopf serie

Wie bei allen Schmorgerichten, briet ich zunächst das mit Mehl bestäubte, gesalzene Fleisch rundherum braun an, nahm es heraus und briet bei etwas milderer Hitze erst die Zwiebeln, dann Knoblauch, Möhren und Tomatenmark sanft an, löschte mit Rotwein ab und ließ ihn etwas reduzieren. Nun gab ich den Fond hinzu, legte das Fleisch wieder ein und gab Salbei und Lorbeerblätter in den Topf. Abgedeckt durfte alles ca. 3 Stunden bei 150°C im Backofen schmoren (die Kalbshaxen sind mit 2 Stunden zufrieden). Anschließend nahm ich das Fleisch aus der Sauce, gab sie durch das feine Sieb und ließ sie etwa auf die Hälfte einkochen. Sollte sie dann noch zu dünn sein, kann mit kalter Butter oder etwas in Wasser gelöster Pfeilwurzstärke gebunden werden. Ich legte das Fleisch und einige Perlzwiebeln in die Sauce und stellte alles bis zum Servieren warm. Frau Grandits empfiehlt dazu ein Rotwein-Risotto. Das erschien mir etwas zu rotweinlastig und monochrom.

Für die Möhren mit grünen Oliven:

  • 500 g Möhren, geschält, in Stifte geschnitten
  • je 1 EL Butter und Olivenöl
  • Salz
  • 40 g grüne Oliven, entsteint, in Ringe geschnitten
  • 1/2 Bund glatte Petersilie, Blätter gezupft, fein gehackt
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 EL Butter
  • 50 g Sahne (ich: weg gelassen)
  • schwarzer Pfeffer

Möhrenserie

Ich mörserte den Knoblauch mit wenig grobem Meersalz, erhitzte Butter und Öl in einem kleinen Topf und gab ihn gemeinsam mit den Möhren hinein. Abgedeckt garten sie in ca. 12 – 15 Minuten. Ich verzichtete auf die Sahne, Sauce war schließlich schon genügend vorhanden, gab 1 EL Butter hinzu und glasierte die Möhren noch ein Weilchen ohne Deckel. Dann rührte ich Petersilie und Olivenscheiben unter, schmeckte mit Pfeffer und Salz ab und stellte die Möhren ebenfalls warm. Die schwierigste Entscheidung galt wie so oft der „Sättigungsbeilage“. Da wir nicht schon wieder Kartoffelpüree, was sicherlich auch fantastisch gepasst hätte, servieren sollten, entschieden wir uns für die völlig zu Unrecht aus der Mode gekommenen Schneekartoffeln. Dazu werden in der Schale gegarte, mehligkochende Kartoffeln nach dem Garen heiß gepellt, zweimal durch die Presse gegeben und sofort auf die vorgewärmten Teller gehäuft. Ein Stückchen Butter darüber, etwas Salz. Fertig!

Schmor mit eingelegten Perlzwiebeln 3

Fazit: Ein Schmorgericht der Güteklasse 1 A. Da waren Herr H. und ich uns einig! Auch wenn unser „Suppenfleisch“ sicher nicht ganz so edel war wie eine Kalbshaxenscheibe. Die Cassis-Zwiebeln passten wunderbar, die Schneekartoffeln waren bestens geeignet um die köstliche Sauce aufzunehmen. Allein die grünen Oliven wollten sich nicht so brav einfügen. Die lasse ich beim nächsten Mal weg.

Haxen aus: Kräuter Tanja Grandits

Möhren aus: Fleischgaren bei Niedrigtemperatur Annemarie Wildeisen

 

 

 

Le poulet surpris

gefüllte Hühnerbrust 2-kl

Nachdem es in letzter Zeit hier soviel Hausmannskost gab, konnte ich Herrn H. endlich überreden, einmal wieder etwas unwesentlich Aufwendigeres zu köcheln. Dabei galt es, die ein oder andere Hürde zu nehmen und der Improvisationskunst freien Lauf zu lassen. Denn wer hat schon ein ganzes Marensin-Huhn vorrätig und bereitet es dann für zwei Personen komplett zu? Ich jedenfalls nicht. Im TK wartete zum Glück noch die letzte halbe Brust vom Monsterhuhn (ca. 450 g) auf ihren Einsatz und statt Hühnerjus ließe sich doch eventuell das Ochsenschwanzgelee verwenden? Und wer braucht schon Périgord-Trüffel, wenn ein gutes Trüffelöl zur Hand ist? Trotz vorgerückter Stunde ließen wir uns also auf das Kochabenteuer ein – in der Woche, wohlgemerkt.

Für die Füllung (für die Hühnerbrust):

  • 25 g geschälte Mandeln, mittelgrob gehackt
  • 1 EL Olivenöl
  • 1/2 Bund Basilikum, Blättchen gezupft, fein gehackt
  • 25 g Pecorino, fein gerieben
  • 25 g Ricotta
  • 1 TL frische Semmelbrösel (ich: Panko)
  • 1 kleines Ei
  • 2 Marensin-Hühnerbrüste mit Haut (ich: 1/2 Monsterhuhn-Brust, ca. 450 g)
  • 1 Kräuterstrauß (Thymian, Rosmarin, Salbei)
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Füllung Serie

Ich röstete die Mandeln im Öl goldbraun an, nahm die Pfanne vom Herd, gab das Basilikum hinzu und schwenkte es kurz durch. Herr H. hatte derweil die restlichen Zutaten in eine Schüssel gefüllt. Ich gab nach dem Abkühlen die Mandel-Mischung hinzu, knetete alles von Hand kräftig durch und füllte die Masse in einen Spitzbeutel, den ich bis zur Verwendung kalt stellte. Herr H. hatte inzwischen die Hühnerbrust „begradigt“, die Abschnitte gewürfelt und für die spätere Verwendung beiseite gestellt. Ich schnitt vorsichtig eine tunnelartige Öffnung in die begradigte Brust, verteilte die Füllung mithilfe des Spitzbeutels darin und briet die Brust auf der Hautseite ca. 8 Minuten an.

Hühnerbrust 20-kl Kurz vor Ende der Bratzeit legte ich das Kräutersträußchen hinzu. Herr H. salzte und pfefferte die Brust, legte sie auf eine vorgewärmte ofenfeste Form und ließ sie bei 100°C im Ofen nachgaren. Das dauerte ca. eine halbe Stunde. (Kerntemperatur 72°C).

Für die Tiroler-Speck-Roulädchen:

  • 250 g Kartoffeln, geschält, gewürfelt, in Salzwasser gegart
  • Butter und Milch nach Bedarf
  • 25 g Parmesan
  • 8 hauchdünne Scheiben Tiroler Speck
  • 50 g große Spinatblätter, blanchiert (ich: TK-Spinat)
  • Olivenöl

Röllchen Serie

Herr H. stampfte die Kartoffeln mit etwas Milch und Butter zu einer homogenen Masse, arbeitete den Parmesan ein und schmeckte das Püree mit Salz und Pfeffer ab. Ich legte jeweils zwei Speckscheiben der Länge nach überlappend auf die Arbeitsfläche, strich etwas Püree darauf und legte einen Spinatstreifen in die Mitte. Dann rollte ich die Scheiben von der Längsseite her auf. Herr H. briet die Rollen in Olivenöl rundherum goldbraun an und legte sie zum Warmhalten in den Backofen.

Für das Hähnchen-Kürbis-Ragout:

  • 2 Marensin-Hähnchenkeulen (ich: Abschnitte der Brust)
  • 1 EL Olivenöl
  • 150 g Hokkaidowürfel
  • 150 g Karottenwürfel
  • Jus (wird aus der Karkasse des Huhns mit Tomatenmark, Rotwein, gemischtem Wurzelgemüse, Zwiebel und 50 g Périgord-Trüffel gekocht), (ich: Ochsenschwanzgelee, ein Tropfen Trüffelöl)
  • Süßrahmbutter, kalt
  • Salz, schwarzer Pfeffer

Ragout Serie

Wer Keulen hat, brät sie auf der Hautseite kross, würzt sie mit Salz und Pfeffer und stellt sie gewürfelt warm. Ich briet die Brustwürfel in Olivenöl an, gab Hokkaido und Möhre hinzu und garte alles mit geschlossenem Deckel ca. 10 Minuten bei milder Hitze. Dann gab ich die Geleewürfel hinzu, ließ sie nach dem Schmelzen einmal aufkochen und würzte mit Salz, Pfeffer und einem Tröpfchen Trüffelöl. Herr H. zog die Pfanne vom Herd, band die Sauce mit etwas kalter Butter und schnupperte begeistert. Ob er wohl schon eimmal kosten dürfe?

Für das Petersilienpesto:

  • 1/2 Bund glatte Petersilie
  • 50 g Olivenöl
  • Salz

Ich zupfte die Petersilienblätter, gab sie mit dem Öl und etwas Salz in der Zerkleinerer und mixte alles zu einem sehr feinen Pesto. Das hatte ich bereits zu Beginn des Kochens getan, so dass sich etwas grünes Öl an der Oberfläche absetzen konnte. Macht sich gut auf dem Teller. Endlich war alles vorbereitet. Ich schnitt die Brust vorsichtig in vier Teile, richtete sie mit Ragout, Scheiben von den Roulädchen und etwas Pesto auf vorgewärmten Tellern an und wartete gespannt.

 

gefüllte Hühnerbrust 4-klFazit. Und natürlich hatte ich bei der Rezeptwahl den richtigen Riecher gehabt! Eine absolut köstliche Kombination! Allein das Ragout war göttlich (auch wenn es sicher mit kräftigerem Schenkelfleisch noch besser geschmeckt hätte. Herrn H. gefielen die Speck-Roulädchen ausnehmend gut und die gefüllte Brust war unerwartet zart. Ich bin normalerweise kein großer Brustfleischfan, da es mir oft zu trocken und fad schmeckte, aber diese Brust war einfach himmlisch. Natürlich ist es kein Gericht, dass in 30 Minuten auf den Tisch geschwebt kommt, aber wir empfanden jede Minute der Zubereitung als äußerst lohneswert investiert.

Aus: Olivenöl Das Kochbuch Bastian Jordan, Fotografie: Daniel Esswein

 

Darf man das?

vegatarische bolognese 2

Etwas Fleischloses mal wieder, dachte ich mir. Irgendwie hatte die elendige Kälte in den letzten Wochen meinen Fokus drastisch Richtung Fleisch verschoben. Da Herr H. noch abwesend war, hatte er an diesem Abend kein Mitspracherecht. Pech gehabt! Bereits nach kurzem Suchen wurde ich ausgerechnet in einem sehr, sehr fleischlastigen Buch fündig. Wer hätte das gedacht? Ich blieb am Titel des Rezepts hängen. „Bologneser Art“. War das nicht eine Art geschützter Begriff, der sich nur auf eine bestimmte Sauce mit streng festgelegten Zutaten erstreckte? Das Rezept beinhaltete zudem einige Seltsamkeiten. Genau das richtige, um meine Neugier zu wecken. Und ich beschloss resolut, alle Bedenken beiseite zu schieben und zu dürfen, was ich wolle. Basta! Der Abend war zum Glück noch jung. Beschwingt legte ich los.

Für die Roten Linsen vegetarisch Bologneser Art:

  • 3 kleine Zwiebeln, fein gewürfelt
  • 1 Scheibe Knollensellerie, fein gewürfet
  • 1 Möhre, fein gewürfelt
  • 1/2 rote Spitzpaprika, fein gewürfelt
  • Olivenöl zum Anbraten
  • 1 EL Tomatenmark
  • 250 g trockener Rotwein
  • 200 g rote Linsen
  • je 1 Zweig Thymian und Rosmarin, Blättchen gezupft, mit 1/2 TL Kümmel fein gehackt
  • 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
  • 1/2 TL Cayenne
  • 1 Pr. Zimt
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 20 g Sojasauce
  • 4 Tomaten, gehäutet, grob gehackt oder grobe Passata
  • 1/2 Bund Petersilie, fein gehackt (ich: weg gelassen, war nicht im Haus)
  • etwas Butter und Sahne
  • Taglierini all’uovo no.105 nach Belieben, gegart (ich: Cappelini no. 3)

bolo serie

Nachdem ich alle Zutaten bereit gestellt und fotografiert hatte, was eine ganze Weile dauerte, da Herr H. normalerweise diese Aufgabe übernimmt, schwitzte ich die Zwiebelwürfel in Olivenöl bei milder Hitze leicht glasig, gab Knoblauch, Sellerie, Möhre und Paprika hinzu und ließ alles eine Weile mitschmurgeln. Dann gab ich Tomatenmark und fein gehackte Kräuter hinzu, röstete beides kurz mit bei etwas stärkerer Hitze und löschte dann mit Rotwein ab. Nun kamen noch die Linsen und die restlichen Gewürze hinzu und alles durfte offen bei schwacher Hitze 25 Minuten unter gelegentlichem Rühren köcheln. Ja, richtig gelesen, die roten Linsen durften eine knappe halbe Stunde köcheln und waren nach der langen Zeit ganz entgegen meiner Befürchtung nicht zu Brei zerfallen. Sehr seltsam. Vielleicht lag es an der Säure des Weins? Egal. Ich hob nun die Passata unter, ließ sie einige Minuten mitköcheln, schmeckte noch einmal mit Salz und Pfeffer ab. Sehr viel versprechend! Zum Schluss schmolz ich etwas Butter und Sahne in einer Pfanne, hob behutsam die wirklich sehr, sehr dünnen Nudeln unter und richtete sie auf der Sauce an. Herr H., inzwischen eingetrudelt, schoss ein paar schnelle Bilder und merkte dabei an, dass der Fototeller extrem verlockend röche.

vegatarische bolognese 5

Fazit: Ich erlaubte mir noch, da es darauf nun eh nicht mehr ankam, die rezeptwidrige Zugabe von Parmesan und Basilkum und dann konnten wir endlich schmausen. Die Linsen Bologneser Art hatten einen unerwartet komplexen Geschmack. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich möglicherweise Fleisch in irgendeiner Form darin vermutet, sei es als Fond oder Hackfleisch. Die Linsen waren gar und noch erstaunlich bissfest. Ich war geradezu hingerissen. Wie gut es doch manchmal ist, seine Bedenken über Bord zu schmeißen. Auch Herr H. war nach dem Essen voll und ganz zufrieden. Glück gehabt.

Aus: Die Geheimnisse meiner Brasserie Küche Robert Hülsmann