Ich mag keine Überraschungen, ich mochte sie noch nie. Parties, die ohne mein Wissen für mich organisiert werden und in die ich dann hineinstolpere – nein danke. Plötzlich an der Haustür klingelnde Freunde, die sich spontan selbst zum Abendessen einladen, ein Graus! Herr H. konnte sich schon zu Beginn unserer Beziehnung vor einer gefühlten Ewigkeit davon überzeugen, wie ungern ich überrascht werde. Eines Abends, nach einem sehr langen und anstrengenden Arbeitstag, bat er mich, mich in Schale zu schmeißen, wir hätten noch etwas Besonderes vor. Hartnäckige Nachfrage meinerseits brachte keine Erhellung und so fand ich mich deutlich overdressed in einem Kasino wieder und musste um echtes Geld spielen. Weitere Überraschungen blieben danach zum Glück aus. Ich halte die Fäden des Geschehens einfach lieber selbst in der Hand und bereite mich mental auf bevorstehende Ereignisse vor. Kontrollfreak? Vielleicht. Die Etikettierung ist mir völlig egal, wenn ich mich in Ruhe vorbereiten kann. Es gibt jedoch eine einzige Ausnahme. Vom Geschmack einer unbekannten Speise lasse ich mich gern überraschen. Es gibt nichts, das ich nicht zumindest kosten würde. Und zum Glück sind wir uns diesbezüglich einig.
Für die Ravioli con Sorpresa:
Ravioliteig:
- 90g Weizenmehl 405er
- 45 g Hartweizenmehl
- 1 Ei + 1 Eigelb
- 1 Pr. Salz
- 1/2 TL Olivenöl
- evtl. 1 – 2 EL Wasser
Für die Spinat-Ricotta-Füllung (inspiriert von Robert):
- 300 g frischer Spinat (ich: TK, aufgetaut, gut abgetropft)
- 150 g Ricotta, am besten über Nacht abgetropft
- 1 Schalotte, fein gehackt
- 1 kleine Knoblauchzehe, fein gehackt
- wenig Butter zum Anschwitzen
- 15 g Parmesan, fein gerieben
- Muskat, Pfeffer, Salz
- 1 Prise Currypulver (ich: Madras)
- 2 frische Eigelbe (nach Belieben mehr)
- ca. 25 g Butter
- 5 – 6 frische Salbeiblätter
Ich gab alle Zutaten für den Teig bis auf das Wasser in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig von Hand ca. 10 Minuten lang. Bröselt er nach 5 minütigem Kneten noch zu stark, füge ich noch etwas Wasser hinzu, aber keinesfalls zuviel, da der Teig in der Ruhezeit noch feuchter wird. Ich lagerte ihn für 2 Stunden abgedeckt bei Raumtemperatur und rollte ihn dann in zwei Portionen mit der Nudelmaschine zu sehr breiten Bahnen bis Stufe 7/9 (Marcato Atlas 150) aus. Beim nächsten Mal würde ich ihn noch mindestens eine Stufe dünner ausrollen. Herr H. hatte in der Zwischenzeit Schalotte und Knoblauch in wenig Butter glasig geschwitzt, den gut ausgedrückten Spinat hinzu gegeben und wenige Minuten mitschwitzen lassen. Er würzte mit Salz, Pfeffer, Muskat und einer Prise Curry und ließ alles in einer Schüssel abkühlen. Dann mengte er Ricotto und Parmesan unter.
Ich hatte aus den Bahnen vier 11 cm große Kreise ausgestochen und auf Hartweizenmehl gelagert. Nun bestrich ich die Ränder zweier Kreise mit Wasser, setzte einen Ring aus Füllung darauf und ließ jeweils ein Eigelb hineingleiten. Es empfiehlt sich nicht nur aus hygienischen Gründen möglichst frische Eier zu verwenden. Bei der Lagerung tritt Wasser vom Eiweiß ins Eigelb und seine „Hülle“ wird dadurch fragiler, so dass sie beim Einsetzten in den Füllungsring reißen kann (ist mir leider bei einem passiert). Ich legte den „Deckel“ mittig auf die Füllung und drückte die Ränder vorsichtig aufeinander. Herr H. entfernte ggf. entstandene Luftblasen mit der Stecknadel. Die fertigen Ravioli lagerte ich ebenfalls bis zum Garen auf Hartweizenmehl.
Die angegebene Menge an Teig und Füllung reicht für ca. 24 „normal“ große Ravioli oder für ca. 8 Ravioli con Sorpresa. Ich habe nur zwei gemacht, da ich ohnehin immer zuviel Eiweiß übrig habe. Aus den restlichen Zutaten habe ich einfach 6 cm große Ravioli mit Spinat-Ricotta-Füllung gemacht. Die Ravioli con Sorpresa garte ich 6 Minuten in siedendem Salzwasser, die „normalen“ nur 4. Herr H. hatte derweil die Butter aufgeschäumt und den Salbei darin einige Minuten ziehen gelassen. Ich richtete die Ravioli auf vorgewärmten Tellern an und goß die Butter darüber.
Fazit: Was soll ich sagen? Ein absolut köstliche „Überraschung“. Die Harmonie von Spinat und Eigelb ist zwar ein alter Hut, aber so verpackt und um cremigen Ricotta ergänzt erstrahlt sie in völlig neuem Glanz. Ich bedauerte ein wenig, nur zwei der Ravioli mit Eigelb bestückt zuhaben, aber auch die nur mit der Spinat-Ricotto-Füllung versehenen Ravioli waren traumhaft. Mehr als Salbeibutter braucht es wirklich nicht dazu. Mir persönlich war der Pastateig etwas zu dick, aber Herr H. befand ihn für genau richtig. So werden wir seine Stärke wohl abwechlsend gestalten müssen, mal dicker, mal dünner. Über die Prise Curry in der Spinat-Ricotta-Füllung hingegen waren wir uns einig, sie erst gab ihr das gewisse „je ne sais quoi“. Wie gut, dass ich mich an Roberts Rezept erinnert hatte.
Aus (leicht modifiziert): Pasta Antonio Carluccio