Rabbit at rest

kaninchenrollbraten 7Das Telefon klingelte, sehr ungewöhnlich für diese Uhrzeit. Die Schwiegermutter hatte Lust auf einen Plausch. Nach dem Austausch einiger Höflichkeiten, erzählte sie aufgeregt von der diesjährigen Kaninchenplage in ihrem Garten. Selbst vor den zarten Rosentrieben würden die gierigen Biester nicht zurückschrecken. Der Schwiegervater fänge sie in Lebendfallen und kutschiere sie in die Wiesen. Scheinbar aber nicht weit genug weg. Das Prozedere wiederhole sich nahezu täglich. Als ich ihr vorschlug, die Kaninchen stattdessen zu erlegen und zu verspeisen, entgegnete sie entrüstet, nein, das ginge auf gar keinen Fall. Dazu seien sie doch viel zu niedlich. So ganz genau verstand ich die versteckte Logik dahinter nicht. Aber sie erinnerte mich durch diese Erzählung an einen im Oktober in der Eiffel (Lapinchen) erworbenen Kaninchenrollbraten, der gemütlich im Eis vor sich hingeschlummert hatte. Ich legte ihn sogleich zum Auftauen in den Kühlschrank. Am nächsten Abend würde es Kaninchen geben, teilte ich Herrn H. lapidar mit. Er zuckte bloß die Schultern und suchte nach einem Rezept.

Für den Kaninchenrollbraten:

  • 1 Kaninchenrollbraten,ca. 800 g, vom Schlachter präpariert
  • Butterschmalz zum Anbraten
  • 1 Zwiebel, grob gehackt
  • 1 Möhre, gewürfelt
  • 1 Scheibe Knollensellerie, gewürfelt
  • 1 Lorbeerblatt
  • ca. 150 g Kalbsfond
  • ca. 150 g Weißwein
  • ca. 50 g Noilly Prat

kaninchenrollbraten schmorenIch erhitzte das Butterschmalz bei mittlerer Hitze und briet den gesalzenen Rollbraten rundherum darin an. Dann legte ich ihn beiseite, reduzierte die Hitze etwas und dünstete erst die Zwiebeln glasig und gab dann Möhren und Sellerie hinzu und ließ sie ca. 5 Minuten mitschmoren. Nun löschte ich mit Wein, Noilly Prat und Fond ab, legte das Lorbeerblatt und den Rollbraten ein und den Deckel auf. Den Bräter schob ich in den auf 180°C vorgeheizten Backofen. Nach 30 Minuten kontrollierte ich zum ersten Mal die Kerntemperatur, knapp 70°C. Nach weiteren 15 Minuten war sie auf exakt 80°C gestiegen. Ich entnahm den Rollbraten, wickelte ihn in Alufolie und legte ihn beiseite. Die Schmorflüssigkeit gab ich durch ein feines Sieb und stellte sie ebenfalls für die spätere Saucenbereitung beiseite. Nachdem der Backofen auf 70°C abgekühlt war, legte ich den eingewickelten Braten zum Warmhalten hinein.

Für die Pappardelle:

  • 100 g Weizenmehl 405er
  • 50 g Hartweizenmehl
  • 1 Ei + 1 Eigelb
  • 1 TL Olivenöl
  • 1 Pr. Salz
  • evtl. 1 – 2 EL Wasser

pappardelle serieIch gab alle Zutaten bis auf das Wasser in eine Schüssel, vermengte sie mit einem Löffel und knetete den Teig ca. 10 Minuten von Hand. Lösen sich nach einigen Minuten immer noch Krümel aus dem Teig, gebe ich noch 1 – 2 EL Wasser dazu. Nach ca. 5 Minuten sollte der Teig beginnen elastischer zu werden. Nach dem Kneten ließ ich ihn abgedeckt 2 Stunden ruhen. Dann rollte ich ihn portionsweise mit der Maschine bis zu Stufe 7/9 zu ca. 30cm langen Bahnen. Diese wickelte ich leicht begriest einzeln zu flachen Rollen, von denen ich ca. 2cm breite Streifen abschnitt. Nachdem ich alles andere fertig gestellt hatte, kochte ich sie ca. 4 Minuten in leicht siedendem Salzwasser und schwenkte sie anschließend in zerlassener Butter.

Für die Estragon-Senf-Sauce:

  • abgesiebte Schmorflüssigkeit
  • 1/2 TL Anissamen (besser 1/2 Bund Estragon, Blättchen abgezupft, evtl. halbiert)
  • 1 – 2 TL Senf
  • Salz, weißer Pfeffer
  • ca. 1 TL Pfeilwurzstärke in etwas kaltem Wasser gelöst
  • ca. 30 g eiskalte Butter

estragon-senf-sosse serieLeider ist mein selbstgezogener Estragon noch nicht erntereif und ich hatte vergessen, ersatzweise frischen zu kaufen. Also gab ich 1/2 TL Anissamen in die abgesiebte Schmorflüssigkeit und reduzierte sie ca. auf 1/3 (grob geschätzt 150ml). Dann siebte ich die Anissamen wieder ab, schmeckte mit Senf, Salz und weißem Pfeffer ab und band die Sauce mit der gelösten Pfeilwurzstärke. Herr H. gab die Sauce in einen hohen Messbecher und schlug die eiskalte Butter stückchenweise mit dem Stabmixer unter. Verwendet man Estragon, so gibt man ihn nun zur fertigen Sauce. Ich hatte in der Zwischenzeit den grünen Spargel in der Pfanne mit Butter und Olivenöl in ca. 12 Minuten knapp gar geschmort. Endlich konnte serviert werden. Ich befreite das Kaninchen aus dem Netz, schnitt es in dünne Scheiben und staunte über den perfekten Gargrad. Gemeinsam mit den Pappardelle, dem Spargel und der Sauce richtete ich die Scheiben auf vorgewärmten Tellern an.

kaninchenrollbraten 2Fazit: Ich bin meiner Schwiegermutter für ihren Anruf sehr, sehr dankbar. Ohne sie hätten wir wahrscheinlich noch einige Zeit auf diesen Hochgenuss warten müssen. Die leichte Süße des Kaninchens kontrastierte perfekt zum bitteren Spargel und die leicht senfige, anisige Sauce verband alles zum einem großen Ganzen, das weit mehr war als die Summe seiner Teile. Da wir zu zweit speisten, schafften wir natürlich nicht den ganzen Braten. Die zweite Hälfte fror ich zu späterem Gebrauch ein. Und bis dahin wird bestimmt nicht soviel Zeit vergehen.

Inspiration aus: eat Nigel Slater

 

 

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15 Gedanken zu „Rabbit at rest

  1. Pingback: Garantiert gratiniert | Kochpoetin

  2. Urmel … äh Kaninchen aus dem Eis! ;-) Was da in dieser Truhe sonst noch alles schlummern mag? Auf alle Fälle eine sehr gelungene Kombination.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy
    PS. Und der HSV bleibt „erstklassig“ :D

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    • Sie hat sich inzwischen schon ordentlich geleert. Ochsenschwanz hätte ich noch im Angebot. ;-)
      Liebe Grüße aus Hamburg (das den Abstieg wohl verdient hätte…),
      Eva

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    • Danke, Sandra. Das gibt es heute hier wohl auch, vorausgesetzt, der neue Herd kommt rechtzeitig, sonst müssen wir uns wohl ’ne Stulle schmieren. ;-)

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  3. So ne Tiefkühle wie bei Dir / Euch hätte ich auch gerne. Bei uns sind nur Dinge drinnen, die wir endlich mal essen sollten – aber keine Lust darauf haben.

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  4. Ich beneide dich darum, dass du so eine tolle Quelle für Hendln hast und jetzt auch noch Kaninchen! Daran muss ich noch arbeiten, dass bei mir auch so etwas Tolles auf den Tisch kommen kann.
    Ehrlich gesagt versteh ich deine Schwiegermutter: Essen würde ich Kaninchen jederzeit, aber sie abmurksen, das könnte ich nicht.

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    • Ja, das mit den Hühnern (+Eiern) ist wirklich ein Glücksfall. Das andere ist Standort bedingt. Im Frischeparadies in Hamburg gibt es auch einiges von Lapinchen.
      Mein Stiefvater hat mal Kaninchen geschlachtet und meinte hinterher recht blaß um die Nase, das sei grenzwertig gewesen. Ich wüsste auch nicht, ob ich’s könnte. Aber das ist ja kein Grund, sie nicht zu essen. :-)

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