Die Sache mit dem Clou

kohlrabigratin 9Eine Frage, die sich mir immer wieder stellt, ist, was unterscheidet ein gutes Essen von einem überdurchschnittlich gutem Essen? In der Regel reicht ein winziger Dreh, ein ungeahntes Kraut oder Gewürz, etwas Süße oder Säure, etwas Knuspriges im Cremigen oder umgekehrt. Ob ein Clou ein Gericht raffiniert macht oder es einfach nur zerstört, weil er unpassend, zuviel, zu wenig, was auch immer ist, hängt von großem, nahezu magischem Fingerspitzengefühl ab, das ich mir seit Jahren mühsam zu erarbeiten versuche – in die Wiege wurde es mir leider nicht gelegt. Dieses Fingerspitzengefühl ist unglaublich schwer zu erlernen, basiert auf zahllosen Versuchen und Fehlschlägen, derer es im Laufe der Zeit viele gibt, und Speicherungen von Erfolgen. Deshalb bin ich immer wieder dankbar, wenn ich ein Rezept finde, das mir die Suche nach dem Clou abnimmt, wie es am Sonntag Abend geschah. Ein Kartoffel-Kohlrabi-Gratin mit dem gewissen Etwas.

Für das Kürbiskern-Pesto:

  • je 15 g Basilikum und Petersile, ggf. gesäubert
  • 25 g Kürbiskerne, trocken geröstet
  • je 1 EL Oliven- und Kürbiskernöl
  • 1 EL Parmesan, fein gerieben
  • Zitronensaft zum Abschmecken
  • Salz, schwarzer Pfeffer

kürbiskern pesto serieFairerweise muss ich gestehen, dass Herr H. das Rezept ausgewählt hatte, da es ihn an ein früheres erinnerte, das eine zeitlang häufiger bei uns auf dem Tisch stand und dann, weil unnotiert, in der Versenkung verschwand. Ich gab alle Zutaten für das Pesto in den Zerkleinerer und ließ ihn laufen, bis eine cremige Paste entstanden war. Diese schmeckte ich mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft ab. Natürlich hätte ich das Pesto auch im Mörser zubereiten können, dadurch würde der Geschmack deutlich verbessert werden. So wird es zumindest behauptet. Aber dazu war ich schlicht zu bequem. Auch die „faul“ zerkleinerte Paste schmeckte schon einmal köstlich.

Für das Kartoffel-Kohlrabi-Gratin:

  • 400 g Kartoffeln, idealerweise mehlig kochend, geschält, in 2mm dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt
  • 300 g Kohlrabi, geschält, in 3mm dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt
  • (ich: ca. 150 g Hühnerbrust, geräuchert, ungeräucherte geht natürlich auch, beim Räuchertofu wäre ich nicht so sicher, in dünne Scheiben geschnitten)
  • 100 g Sahne
  • 50 g Milch
  • Salz
  • Butter für die Form
  • Parmesan zum Bestreuen

füllen serieÄhnlich einer Lasagne werden die einzelnen Zutaten überlappend in die gebutterte Form geschichtet. Zuerst eine Lage Kartoffelscheiben, etwas Salz, eine Lage Kohlrabi, eine Lage Huhn, wieder Kohlrabi, etwas Sahne-Milch-Mischung, Pesto, eine letzte Schicht Kartoffeln, die restliche Milch-Sahne-Mischung, Parmesan. Herr H. hatte zuvor den Backofen auf 200°C vorgeheizt. Ich schob das fertig geschichtete Gratin hinein und stellte den Timer auf 50 Minuten. Nach 30 Minuten musste ich die Form abdecken, da der Parmesan schon recht stark gebräunt war. Nach 60 Minuten waren Kartoffeln und Kohlrabi butterweich und hatten die Flüssigkeit fast vollständig aufgenommen. Ich nahm die Form aus dem Backofen, ließ sie noch 10 Minuten ruhen und füllte dann unsere vorgewärmten Teller. Der betörende Geruch machte das Fotografieren einmal mehr zur Willensprobe.

kohlrabigratin 8Fazit: Das zweckentfremdete Pesto und die geräucherte Hühnerbrust machten aus dem schlichten Gratin eine Delikatesse. Was würde ich darum geben, mir so etwas einfach ausdenken zu können. Aber ich fürchte, der Weg dorthin, wenn ich überhaupt jemals ankommen werde, wird noch lang und steinig sein. Als die Form bis zum letzten Krümelchen geleert war, lehnte Herr H. sich seufzend zurück und bedauerte stark, dass wir keine größere Portion zubereitet hatten. Zum Glück wartete noch ein Stückchen Walnuss-Karamell-Tarte auf uns.

Frei aus: Kartoffel & Knolle Margit Proebst

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Eintagsbrot oder nichts ist unmöglich

berliner weißbrot 5Als ich das Rezept am letzten Samstag las, war ich wie elektrisiert. Es versprach ein Brot, das innerhalb von 9 Stunden herzustellen und dennoch unglaublich aromatisch sei. Ungläubig schüttelte ich den Kopf, denn das entspräche in der hohen Brotbackkunst der mathematischen Aufgabe der Quadratur des Kreises, an der sich jahrhundertelang die hellsten Köpfe die Zähne ausbissen. Sie kamen letztlich zum Schluß der Unmöglichkeit. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ein Teig, der mit einem nur 4 Stunden gereiften Sauerteig und einer Hefezugabe von 2,5 g innerhalb so kurzer Zeit zu einem guten Brot werden könnte und machte mich sogleich ans Werk.

Für das „Eintagsbrot“:

Sauerteig:

  • 50 g Weizenmehl 550er
  • 25 g Wasser (65°C)
  • 50 g Anstellgut (TA 150, ich: Lievito madre)

Hauptteig:

  • 200 g Weizenmehl 812er
  • 217,5 g Weizenmehl Tipo 0 (ich: 1050er)
  • 310 g Wasser 1(40°C)
  • 50 g Wasser 2(40°C, ich: ca. 20 g)
  • 10 g Olivenöl
  • 2,5 g Hefe
  • 11 g Salz

brot serieDa ich keinen fest geführten Weizensauerteig besitzte, griff ich auf den kürzlich aufgefrischten LM zurück. Ich verknetete alle Zutaten für den Sauerteig zu einer festen Kugel und ließ sie abgedeckt bei ca. 27°C 4 Stunden gehen. Dafür nutzte ich die Restwärme des Backofens. Alternativ kann einfach die Backofenbeleuchtung eingeschaltet bleiben. Nach der kurzen Reifezeit hatte der Sauerteig sein Volumen etwa verdoppelt. Er roch angenehm säuerlich. Ich gab alle Zutaten für den Hauptteig (bis auf Wasser 2) in eine Schüssel, vermengte sie grob mit dem Löffel und ließ sie 15 Minuten ruhen. Dann knetete ich den Teig von Hand (geht auch mit der Maschine, aber gerade sehr weiche Weizenteige wie diesen knete ich lieber mit der Hand) gut 10 Minuten. In den letzten 5 Minuten arbeitete ich ca. 20 g zusätzliches Wasser 2 ein, mehr nahm dieser Teig nicht auf. Nun ließ ich den Teig abgedeckt 3 Stunden bei 27°C gehen. In den ersten 2 Stunden dehnte und faltete ich ihn alle 20 Minuten. Anschließend wirkte ich ihn auf bemehlter Arbeitsfläche behutsam rund und legte ihn in den bemehlten Gärkorb. Gleichzeitig heizte ich Backofen und Bräter (24cm) auf 250°C vor. Nach 30 Minuten legte ich den Teig mit dem Schluss nach unten in den vorgeheizten Bräter, legte den Deckel auf und buk ihn 20 Minuten. Nach 10 Minuten senkte ich die Temperatur auf 230°C. Nach 20 Minuten entfernte ich den Deckel und buk das Brot weitere 25 Minuten.

berliner weißbrot 2Fazit: Das Brot ist der Knaller! Inzwischen habe ich es innerhalb einer Woche dreimal gebacken. Die Ergebnisse waren gleichbleibend höchst faszinierend. Die Krume ist grobporig, saftig und elastisch, die Kruste herrlich rösch und der Geschmack für ein derart „schnell“ hergestelltes Brot erstaunlich komplex. In der Backkunst scheint die Quadratur des Kreises also möglich zu sein. Das einzige, was etwas aufwendig ist, ist das sechsmalige Dehnen und Falten des Teiges. Es ist jedoch unerlässlich, da der sehr weiche Teig dadurch einen guten Stand bekommt. Beim nächsten Versuch werde ich das Brot frei (ohne Topf) backen. Außerdem werde ich versuchen, das Brot mit Vollkornanteil zu backen. Bilder der Ergebnisse hänge ich dann an diesen Artikel an.

Das Experiment

kaninchenleber 9Auf der Suche nach Lammhackfleisch stieß ich kürzlich in den unermesslichen Tiefen des Gefrierers auf ein rechteckiges Fleischpäckchen, dessen Inhalt mir völlig schleierhaft war. Ein Blick auf das glücklicherweise vorhandene Etikett klärte mich auf. Kaninchenleber. Aha. Ich erinnerte mich zwar noch an den Besuch des Geschäfts (Lapinchen) im vergangenen Oktober, nicht jedoch an den Kauf von Kaninchenleber. Schon seltsam. Ich nahm das Päckchen mit nach oben und klärte Herrn H. darüber auf, dass das Lammhack zwar aus sei, es stattdessen erstaunlicherweise Kaninchenleber gäbe. Er sah auf das ausgewählte Rezept, überlegte einen Moment und sagte dann, dass wir es darauf ankommen lassen sollten. Versuch mache klug. Ich war zwar nicht 100%ig überzeugt, aber was konnte schon passieren?

Für die Lakritz-Pasta:

  • 100 g Weizenmehl 405er
  • 50 g Hartweizengries, fein
  • 3 g Lakritzgranulat
  • 2 g Lakritzwurzel, gemahlen
  • 1 Ei, 1 Eigelb
  • 1 Pr. Salz
  • evtl. 1 -2 EL Wasser

nudeln serieIch gab alle Zutaten in eine Schüssel, verrührte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig gut 10 Minuten von Hand. Dabei löste sich das Lakritzgranulat vollständig auf. Ich betrachtete erneut das Bild der Pasta im Buch: deutlich sichtbare schwarze Sprenkel. Entweder hatten die Foodstylisten ein unlösbares Granulat verwendet oder die schwarzen Punkte waren etwas anderes. Ich sah leicht betrübt auf den tiefbraunen Teig, seufzte und ließ ihn abgedeckt 2 Stunden ruhen. Dann rollte ich ihn portionsweise bis Stufe 7/9 aus und schnitt die Bahnen mit dem Pastabike in Bandnudeln. Sie durften, während wir die restlichen Vorbereitungen erledigten, leicht antrocknen.

Für das Kaninchenleber-Ragout:

  • ca. 250 g Kaninchenlebern, geputzt
  • Butterschmalz zum Braten
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • ca. 80 g Weißwein
  • ca. 200 g Kalbsfond
  • 1 EL Ahornsirup
  • 1 TL Senf
  • 1 TL Tomatenmark
  • 1 – 2 EL Crème fraîche
  • Salz, schwarzer Pfeffer

leber serie

Herr H. briet die Kaninchenlebern in Butterschmalz bei großer Hitze kurz beidseitig an, stellte die Lebern warm und reduzierte die Hitze. Dann schwitzte er die Schalotte in der gleichen Pfanne glasig, gab Tomatenmark und Ahornsirup hinzu und ließ alles kurz schmurgeln. Ich löschte mit Weißwein ab, ließ ihn vollständig einreduzieren und goss den Fond an. Auch ihn ließ ich etwa um ein Drittel einreduzieren. Dann schmeckte ich mit Salz, Pfeffer, Senf und Crème fraîche ab und probierte. Hm, zwar eine schlichte Kombination, aber überaus köstlich. Ich gab die Lebern in die Sauce und ließ sie kurz darin ziehen. Herr H. hatte inzwischen den tiefgekühlten Rosenkohl in 8 Minuten knapp gar gedämpft, in etwas Butter geschwenkt und mit einer gemörserten Mischung aus geröstetem Szechuanpfeffer und Fleur de Sel gewürzt. Ich garte die Bandnudeln ca. 4 Minuten in kochendem Salzwasser und schon konnte serviert werden. Herr H., der vorab eine Nudel gekostet hatte, brummte zufrieden

kaninchenleber 5Fazit: Etwas skeptisch gabelte ich die erste Nudel auf. Das Lakritzaroma war nicht so stark ausgeprägt, wie die dunkle Farbe vermuten ließ. Die leicht bittersüßen Leberstückchen harmonierten erstaunlich gut damit, die Sauce rundete alles fein ab. Der zwar köstliche Rosenkohl mit der Würzmischung passte nicht 100%ig zum Rest des Gerichts. Herr H. sah das genauso, betrachtete das Lakritz-Experiment insgesamt jedoch als gelungen und schlug vor, beim nächsten Mal (eine Portion gebratener Lebern wanderte wieder ins Eis) wieder zur guten alten Möhre als Begleitung zurückzukehren. Und das werden wir wohl tun, wenn uns nichts Bessers einfällt.

Lakritzpasta inspiriert von: Lakritz – süße & Herzhafte Rezepte mit dem schwarzen Gold Elisabeth Johannsson, Helén Pe

Schichtwechsel

torte 4Wie entsteht eigentlich ein „neues“ Rezept? Mal abgesehen davon, dass es wahrscheinlich nichts absolut Brandneues mehr zu entdecken oder zu entwicklen gibt. Im Falle dieses doppelt geschichteten Cheesecakes war es, wie bei uns üblich, ein Gedankenpingpong zwischen Herrn H. und mir. Ich hatte riesigen Appetit auf einen Cheesecake, so etwas wie die Satine schwebte mir vor. Allerdings stört mich an Cheesecakes allgemein der oft zu fettige, doppelt gebackene Mürbe- oder Keksteigboden. Ich fragte mich, ob es einen Grund gäbe, aus dem er unbedingt verwendet werden muss, fand jedoch keine Antwort. Also müsste auch ein schlichter Mürbeteig funktionieren. Im Kühlschrank befand sich noch eine herrliche Blutorange, die wollte ich für den Guss verwenden. Herr H. warf ein, dass sich Schokolade in Kombination mit Orange ja sehr gut mache, Klassiker, also müsste es ein Schokoladenmürbeteig werden. Und ich führte seinen Gedanken weiter und schlug vor, auch die Cheesecakemasse zu schokoladieren. Neugierig machten wir uns ans Werk.

Für den Schokoladenmürbeiteig (1 Ring 16cm Durchmesser, Rand 3,5cm hoch):

  • 90 g weiche Butter
  • 45 g Puderzucker
  • 15 g Eigelb (ein kleines)
  • 140 g Weizenmehl 405er
  • 15 g Kakaopulver (ich: Criollo)

schokomürbeteig serieFür die Schale wird nur etwa die Hälfte des Teiges benötigt. Der übrige Teig hält sich im Kühlschrank ca. 1 Woche, tiefgefroren mehrere Monate. Oder man bäckt aus dem Rest Kekse. Wie auch immer. Ich verrührte die weiche Butter mit dem Puderzucker, arbeitete das Eigelb ein und siebte Mehl und Kakaopulver darüber. Herr H. knetete den Teig rasch zusammen und legte ihn gut eingepackt für 2 Stunden in den Kühlschrank. Ich rollte dann die Hälfte zwischen Folie ca. 3mm dünn aus, löste eine Seite der Folie und legte den Teig mit der Folie nach oben über den gebutterten Ring. Mithilfe der Folie passte ich den Teig ein, schnitt die überstehenden Ränder ab und stippte ihn mit der Gabel. Nach 30 Minuten im Eis (das erspart das Bildgebacke, ich kann es nicht oft genug wiederholen), buk ich die Schale ca. 17 Minuten bei 180°C.

Für die Schokoladen-Cheesecakemasse:

  • 160 g Frischkäse
  • 45 g Zucker
  • 10 g Weizenmehl 550er
  • 35 g Ei (ein kleines, etwas Eiweiß abgenommen)
  • 20 g Sahne
  • 5 g Kakaopulver
  • 50 g Kuvertüre 60%ig, gehackt, im Wasserbad geschmolzen

schokoladen cheesecakemasse serieHerr H. verrührte bei mittlerer Geschwindigkeit Frischkäse und Zucker, siebte das Mehl darüber und rührte es ein. Ich erhitzte die Sahne (Restwärme im Backofen) und rührte den Kakao ein. Herr H. gab nun das Ei zur Masse und arbeitete es ein. Ich vermengte die Schokoladensahne mit den geschmolzenen Kuvertüre und gab sie zur Masse. Herr H. rührte ein letztes Mal und ich füllte die Masse in die Mürbeteigschale. Anschließend buk ich alles 1 Stunde bei 100°C. Nachdem der Cake abgekühlt war, stellte ich ihn in den Kühlschrank.

Für die leichte Frischkäsecreme (1 Ring 14cm):

  • 1,7 g Gelatine (1 Blatt), in kaltem Wasser eingeweicht
  • 22 g Zucker
  • 7 g Wasser
  • 15 g Eigelb
  • 65 g Frischkäse
  • 4 g Puderzucker
  • 80 g Sahne, zu 80% aufgeschlagen

leichte käsecreme serieIch kochte Zucker und Wasser bei 118°C, Herr H. schlug das Eigelb an. Als die Temperatur erreicht war, gab ich den Sirup in einem feinen Strahl zum Eigelb, während Herr H. weiter schlug, bis der Pate à bombe weißschaumig und wieder abgekühlt war. Ich schmolz Frischkäse und Puderzucker im Wasserbad, bis beides ca. 40 °C warm war, löste die Gelatine ebenfalls im Wasserbad auf, gab etwas Frischkäse dazu und rührte die Mischung unter den Frischkäse. Dann rührte ich nacheinander Pate à bombe und Schlagsahne unter und füllte die Creme in den 14er Tortenring, dessen Boden ich mit Alufolie verschlossen hatte. Nachdem die Creme im Kühlschrank fest geworden war, fror ich sie ein.

Für den Blutorangenspiegel:

  • 150 g Blutorangensaft, Fruchtbestandteile abgesiebt
  • 45 g Zucker
  • 3 g Pektin-NH (oder 2,5 g Gelatine)

blutorangenguss serieBevor ich die Orange auspresste, entfernte ich die Schale mit dem Zestenreißer für die spätere Dekoration. Ich hatte dieses Mal großes Glück mit der Blutorange, das Fruchtfleisch war tiefdunkelrot. Erwischt man eine weniger farbintensive Orange, wird der Spiegel heller oder man fügt etwas rote und gelbe Farbe hinzu. Ich erhitzte den Saft mit 20g Zucker, verrührte den restlichen Zucker mit dem Pektin und rührte es in den Saft, als dieser ca. 50°C warm war. Dann kochte ich alles bei sanfter Hitze auf und ließ es 2 Minuten köcheln. Herr H. füllte den Spiegel zum Abkühlen in eine Schale. Bei 35°C kann er verwendet werden.

füllen serieIch befreite die leichte Käsecremescheibe aus dem Ring (warmer Lappen), legte sie auf der Palette auf ein Gitter, das ich über eine Form gelegt hatte. Nachdem ich einmal tief durchgeatmet hatte, mit dem Glasieren stehe ich immer noch etwas auf dem Kriegsfuß, goss ich den Spiegel beherzt mittig über die Scheibe. Er zog innerhalb von Sekunden an, so dass die Ränder wieder einmal nur ungleichmäßig bedeckt waren. Nach kurzer Verschlimmbesserung, Herr H. schimpfte wie ein Rohrspatz, plazierte ich die Scheibe auf dem Cake und stellte ihn kalt.

Für die kandierten Zesten:

  • Zesten einer Blutorange
  • 30 g Zucker
  • 56 g Wasser

zesten serieIch kochte Zucker und Wasser auf, bis der Zucker komplett gelöst war, gab die Zesten hinein und ließ sie 10 Minuten bei schwacher Hitze köcheln. Dann goss ich sie ab, fing den Sirup auf (kann anderwertig verwendet werden) und ließ sie ca. 30 Minuten abtropfen. Herr H. drapierte sie anschließend liebevoll auf der Oberfläche des Cakes und trug ihn hinüber ins Studio. Ich konnte meine Neugier ob des Geschmacks kaum noch bezähmen.

torte 8Fazit: Entgegen meiner Befürchtung ließ sich der hohe Mürbeteigrand problemlos schneiden. Verzichtet man auf die Zesten, erhält man eine noch sauberere Schnittkante. Als Herr H. die Stückchen zum ersten Mal erblickte, entfuhr ihm ein begeistertes Wow. Der Farbwechsel der beiden Schichten im Kontrast zum knallroten Spiegel gefiel auch mir sehr gut. Während ich vor Ungeduld leicht auf und ab hüpfte, konzentrierte Herr H. sich ein letztes Mal. Dann senkten wir die Gabeln. Was für ein Hochgenuss! Ich konnte und kann mich vor Begeisterung kaum einkriegen. Die Schokoladencheesecakeschicht war absolut cremig, tief schokoladig und schmolz förmlich im Mund. Die leichte Creme hielt mit eleganter Kühle dagegen und alles verband der intensive Blutorangennachhall. Soo köstlich. Herr H. betonte, dass auch der Mürbeteig wunderbar „kurz“ (also mürbe) sei. So ist zwar nicht bahnbrechend Neues, aber immerhin ein köstlicher Cheesecake entstanden.

Schokoladenmürbeteig aus: Schokolade William Curley

Finster war’s…

fenchelrisotto 5Freitag Vormittag. Ich sitze am Schreibtisch und versuche, während ich mich mit müßigen Spielen ablenke, eine kreative Inspiration zu finden. Der Morgen startete wider Erwarten mit herrlichem Sonnenschein. Ich schaue aus dem Fenster, sehe den knallblau leuchtenden Himmel und treibe mich innerlich an. Los, wenn du den Artikel schnell fertig hast, kannst du radeln! Noch ein Spiel. Plötzlich verändert sich das Licht. Es wird dunkler. Nach einigen Minuten schaue ich irritiert aus dem Fenster. Der Himmel ist immer noch blau, aber er wirkt, als hätte sich ein grauer Schleier über ihn gelegt. Wenige Minuten später fällt es mir blitzartig ein. Die Sonnenfinsternis, hier bei uns zwar nur partiell, aber immer noch mit einer Abdeckung von über 80%. Ich stürme zum nach Osten gelegenen Küchenfenster. Und tatsächlich. Das Licht wird von Minute zu Minute unwirklicher. Die Vogelstimmen verstummen. Aufgeregt erzähle ich Herrn H. am Telefon davon. Er kann jedoch, 30 km nördlich von Hamburg, nichts sehen. Es ist neblig. Nachdem ich aufgelegt habe, treiben von Norden Nebelschleier heran. Nun ist es möglich, kurz direkt in die Sonne zu schauen. Sie sieht aus wie ein abnehmender Mond, ca. 2/3 von oben rechts aus gesehen, sind durch den Mond verdeckt. Es ist spürbar kälter geworden. Ich versuche, einige Fotos zu machen, aber nach kurzer Zeit ist der Nebel so dicht, dass ich nichts mehr sehen kann. Ich trolle mich zurück an den Schreibtisch, betrachte die Bilder und beginne zu schreiben. Gegessen werden muss schließlich immer.

Für das Fenchelrisotto mit Gorgonzola:

  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 1 mittelgroße Fenchelknolle, geputzt, geviertelt, quer in Streifen geschnitten, Fenchelgrün aufgehoben
  • Butter und Olivenöl zum Braten
  • 150 g Risottoreis
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 75 g Weißwein
  • ca. 750 g Gemüsefond
  • 75 g Gorgonzola, in Scheiben geschnitten

fenchelrisotto serieIch schwitzte erst die Schalotte, dann Fenchelstreifen und Reis im Butter-Olivenöl-Gemisch an. Dann gab ich den Weißwein hinzu, ließ ihn vollständig einreduzieren und goss die erste Kelle Fond an. Umrühren tue ich bloß nach der Zugabe von Fond. Dauerrühren kann, wer mag. Nach ca. 25 Minuten war der Risottoreis perfekt gegart. Ich schmeckte mit Salz und Pfeffer ab, ließ das Risotto ca. 10 Minuten ruhen und richtete es dann auf vorgewärmten Tellern an. Die Gorgonzolascheiben legte ich einfach mittig auf. Da Fenchelrisotto allein etwas monochrom daherkommt, hatte Herr H. in der Zwischenzeit ein fruchtiges „Topping“ gebastelt.

Für das „Topping“:

  • 1 Apfel, halbiert, eine Hälfte fein gewürfelt, die andere in Scheiben geschnitten
  • eine Handvoll Walnusskerne
  • Butter
  • 1 TL Zucker
  • 1 Pr. Salz

apefel topping serieEr röstete die Walnüsse trocken in der Pfanne, nahm sie heraus und dünstete die Apfelwürfel und Scheiben in Butter. Er streute den Zucker und eine Prise Salz darüber und ließ ihn leicht karamellisieren. Nun entnahm er die Apfelscheiben, gab die Walnüsse wieder hinzu und ließ alles noch kurz braten. Ich gab das fertige „Topping“ über das Risotto, garnierte mit Apfelspalten und Fenchelgrün und reichte den Teller in Studio.

fenchelrisotto 2Fazit: Fenchel und Gorgonzola sind wie füreinander gemacht! Auch wenn eine Birne sicher noch feiner dazu gewesen wäre, so war das Risotto auch mit Apfel und Walnuss ein Hochgenuss, dahingehend waren Herr H. und ich uns einig. Wie üblich blieb kein einziges Reiskorn auf unseren Teller übrig. Ein Risotto ist zwar keine Paella, aber gewisse Parallelen in der Zubereitung existieren schon, wie ich finde. Und deshalb darf dieses wunderbare Risotto bei Zorras CVII Blog-Event iFiesta del arroz! nicht fehlen.
Blog-Event CVII – ¡Fiesta del arroz! (Einsendeschluss 15. April 2015)

Und jetzt hoffe ich, dass sich die Sonne schnell wieder mit ganzer Kraft einen Weg durch die inzwischen sehr dicke Wolkendecke bannen wird, damit ich endlich radeln kann.