Was braucht die Welt?

rote bete orang 3Braucht die Welt wirklich ein weiteres Rezept für ein Rote Bete-Risotto? Während ich den Hausflur wischte, wälzte ich diese Frage eine halbe Stunde lang hin und her, so lange dauert es nämlich, bis der Eingangsbereich unseres Hauses wieder für den Augenblick glänzt, bevor der nächste Nachbar den Streusplitt von der Straße hereinträgt. Engel und Teufel auf meinen Schultern bekamen sich dabei kräftig in die Wolle. Der Teufel grinste höhnisch, jetzt mal ehrlich, mit Roten Beten kannst du doch niemanden mehr hinterm Ofen vorlocken am Ende des Winters, alle Welt sehnt sich nach frischem Frühlingsgrün und die Kombination mit Orange ist ein ganz alter Hut. Aber der Engel ließ sich nicht beirren. Wenn es danach ginge, entgegnete er kühl, dann bräuchte die Welt gar nichts mehr. Da es nichts wirklich Neues gäbe. Alles sei schon irgendwann einmal da gewesen und nicht nur in Musik und Dichtkunst hätte die Wiederholung eine wichtige Funktion. Wiederholtes präge sich nun einmal besser ein, sorge für gute Laune und gäbe Geborgenheit. Darauf schwieg der Teufel, weitere Einwände fielen ihm partout nicht ein, und gab sich maulend geschlagen. Und wer auf der Suche nach aufregenden Neuigkeiten ist, muss heute anderswo danach suchen.

Für das Rote Bete-Risotto mit Orange und schwarzen Oliven:

  • 1 rote Zwiebel, fein gehackt
  • 125 g Risottoreis
  • 2 mittlere Rote Bete, in 3mm Würfel geschnitten
  • 1 kleine Knoblauchzehe, fein gewürfelt
  • 60 g Weißwein
  • ca. 700 g Brühe (Huhn- oder Gemüse)
  • Abrieb 1/2 Orange, fein gehackt (ich: Pomeranze), Filets 1/2 Orange
  • 1 – 2 EL Orangensaft
  • 1 EL schwarze Oliven, entkernt, grob gehackt
  • 1 EL Petersilie
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • 15 g Butter
  • 30 g Parmesan

rote bete-risotto serieIch schwitzte die Zwiebeln in etwas Olivenöl glasig, gab den Reis hinzu, schmorte ihn ein Weilchen mit und gab dann die von Herrn H. präzise gewürfelten Roten Bete hinzu. Nach kurzer Zeit löschte ich mit Weißwein ab, ließ ihn völlig einreduzieren und goss eine Kelle heiße Brühe an. Bei mir darf diese ohne großes Gerühre verdampfen. Dann goss ich die nächste Kelle an, rührte kurz und so weiter, bis alle Brühe verbraucht und das Risotto gar ist. Das dauerte ca. 25 Minuten. Herr H. zog die Pfanne von der Platte, rührte Butter, Parmesan, Orangensaft und -abrieb, Oliven und Petersilie unter. Anschließend schmeckte er mit Salz und Pfeffer ab. Ich filetierte derweil die Pomaranzen, nicht gerade eine dankbare Tätigkeit, da sie ziemlich viele Kerne enthielten. Herr H. richtete das Risotto, dekorierte mit Pomaranzenfilets und einigen Parmesanspänen und lichtete es ab. Viel sei nicht zu holen gewesen, bemerkte er bedauernd bei seiner Rückkehr.

rote bete orange 1Fazit: Der runde Geschmack des Risottos tröstete ihn ein wenig. Was soll man auch machen, fragte ich ihn, ein Risotto sähe nun einmal aus, wie es aussähe. Und wenn dann noch Rote Bete im Spiel seien… . Er zuckte die Schultern und gab sich schweigend dem Genuss hin. Mir gefiel die leichte Bitternote der Pomeranzenschale zu den erdigen Beten sehr. Zu schade, dass nun die letzten Pomeranzen aufgebraucht sind. Ein Grund, sich auf den nächsten Winter zu freuen, wobei natürlich die Anzahl der Gründe sich auf den kommenden Frühling zu freuen, deutlich zahlreicher sind. Möge er sich beeilen!

Aus: Mittagstisch – Leidenschaftlich vegetarisch Eschi Fiege

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Rosige Zeiten

rosenkohlcurry 2So, Januar und Februar wären nahezu um die Ecke gebracht. Nun kann, soll und muss, bitte, endlich der Frühling kommen! Denkt, wünscht und hofft man. Aber der Frühling lacht sich ins Fäustchen und schickt einen kurzen graupelschauernden Gruß, während die Grippewelle sich von Süden nach Norden ausbreitet. In den Gemüseregalen herrscht neben den spanischen Mutanten gähnende Leere. Runzelige Steckrüben, labberige Kohlköpfe, wann gibt es endlich wieder Frisches aus heimischem Anbau? Wie jedes Jahr dehnt sich die Zeit wie ein altes, zähes Kaugummi. Da hilft nur eins: der beherzte Griff in die Tiefkühltruhe. Bei mir lagert dort derzeit immer ein großer Beutel wunderbaren Rosenkohls. Der ist nicht nur überaus gesund, sondern lässt auch klaglos erstaunlich viel mit sich machen. Vom Chipsersatz, über klassisch-exotische Beilage bis hin zum Hauptdarsteller ist alles drin und immer wieder überrascht er durch seine Wandlungsfähigkeit. Als Herr H. mir kürzlich ein Rezept für ein Wirsing-Rosinen-Curry vorlegte, ersetzte ich ihn mutig durch Rosenkohl und Cranberries. Denn für riesige Kohlköpfe ist hier einfach kein Platz.

Für das Rosenkohl-Cranberry-Curry:

  • ca. 300 g Rosenkohl (TK)
  • 1 kleine Süßkartoffel, geschält, in ca. 2cm große Stücke geschnitten
  • 1 rote Chili, entkernt, in Ringe geschnitten
  • 1 kleines Stück Ingwer, fein gerieben
  • 1 EL Butterschmalz
  • 1/2 TL Bockshornklee, gemahlen
  • 1/4 TL Kreuzkümmel, gemahlen
  • 1 Pr. Asafoetida (Teufelsdreck, ersatzweise wenig Knoblauch, zerrieben)
  • 1/4 TL Zimt, gemahlen
  • 1 TL Kurkuma, gemahlen
  • 50 g Cranberries
  • 50 g Walnusskerne, grob gehackt, geröstet
  • 1 TL brauner Rohrzucker
  • Salz
  • 150 g Kokosmilch
  • 1 EL Zitronensaft

zutaten rosenkohl-cranberry-curryserieWährend Herr H. sich um die Gewürze kümmerte, dämpfte ich Rosenkohl (direkt aus dem TK) und Süßkartoffelwürfel in 8 Minuten knapp gar. Herr H. erhitzte das Butterschmalz, gab Chili, Ingwer, Kreuzkümmel, Asafoetida, Bockshornklee, Zimt und Kurkuma hinein und röstete sie ca 2 Minuten unter Rühren. Dann gab er Cranberries und Zucker hinzu und röstete sie kurz mit. Ich gab die, je nach Größe, halbierten oder geviertelten Rosenkohlröschen und Süßkartoffelwürfel dazu, löschte mit Kokosmilch und etwas Wasser ab und salzte das Ganze. Nach ca 10 Minuten offenen Köchelns war die Sauce sämig. Herr H. schmeckte noch einmal mit Salz und Zitronensaft ab. Ich verteilte den vom fleißigen Reiskocher gegarten Basmatireis und das Curry auf zwei Schalen und bestreute es mit den gerösteten Walnüssen. Es duftete herrlich.

rosenkohlcurry 7Fazit: Das Wagnis hatte sich auf ganzer Linie gelohnt. Wieder einmal bewies der Rosenkohl seine faszinierende Anpassungsfähigkeit. Der intensive Kohlgeschmack verliert sich durch das Dämpfen ein wenig. Süß-säuerliche Cranberries, knusprig-kräftige Walnüsse und ein kräftiger Akkord indisch-warmer Gewürze verbinden sich mit Kokosmilch zu einem herrlichen sanften Curry. Mit solche Gerichten lässt sich die mühsame Wartezeit auf jeden Fall ein kleines bisschen erträglicher gestalten und in ein paar Wochen, wenn wir alle die ersten warmen Sonnenstrahlen, frischen Kräuter und ersten Spargelstangen genießen wird der Winter im Nu vergessen sein – bis zum nächsten Mal.

Frei nach: happinez kochen Nr. 1 2012 Heinrich Bauer Zeitschriften Verlag KG

„Wahrheit des Geschmacks“

apfelkaramelltorte 6Ich weiß nicht mehr, welche verschlungenen Pfade mich zum wundervollen Blog, Verdade de Sabor, der russisch-portugiesischen Catherine geführt haben. Es war Liebe auf den ersten Blick. Vor der traumhaft präsisen Umsetzung ihrer Backwerke und Torten kann ich mich nur verneigen. Sie arbeitet so sauber, wie es es bislang selten auf einem Blog gesehen habe. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis ich eine ihrer Torten nachbacken würde. Herr H. plädierte sehr eindringlich für die Apfel-Karamell-Torte und als ich sah, dass sie eine Mousse mit karamellisierter weißer Kuvertüre enthielt, brauchte er mich nicht mehr lang zu überzeugen. Dank dem Google-Übersetzer konnte ich den größten Teil der Rezepturen entziffern, den fehlenden Teil ergänzte die Erfahrung.

Für den „Biskuit-Finance“ mit Haselnüssen (16er):

  • 1 Eiweiß (ca. 37 g)
  • 28,5 g Butter, gebräunt, abgekühlt
  • 10 g Mehl (ich: Weizenmehl 405er)
  • 37,5 g Zucker
  • 25 g Haselnüsse, gemahlen
  • 1 Pr. Salz

biskuit serieEin Biskuit mit derart großem Butteranteil, noch dazu gebräunt, ist mir noch nie untergekommen. Ich war gespannt. Herr H. schlug das Eiweiß mit dem Zucker zu einem schmierigen Schnee. Ich rührte 1 EL davon in die abgekühlte (gefilterte) braune Butter und hob zunächst die Haselnuss-Mehl-Mischung unter den Eischnee. Herr H. hob die Buttermischung unter und gab den Teig in die 16er Springform, deren Boden er mit Backpapier bespannt hatte. Nach 15 Minuten bei 180°C war der Boden goldbraun und roch verlockend.

Für die Apfelkompott-Scheibe (16er):

  • 113,5 g Apfelwürfel, geschält gewogen
  • 1 TL Butter zum Anbraten
  • 180 g Apfelwein
  • 1/2 Zimtstange
  • 85 g Zucker (ich: 45 g)
  • 12,5 g Zitronensaft
  • Abrieb 1/4 Zitrone, fein gehackt
  • einige Striche Langpfeffer
  • 4,5 g Gelatine (ich: 3,4 g), in kaltem Wasser eingeweicht

apfelkompott serieIch mischte die Apfelwürfel mit dem Zitronensaft, briet sie in der Butter ca. 5 Minuten an und gab Apfelwein, Zucker, Zimtstange, Zitronenabrieb und etws Pfeffer hinzu. Dann ließ ich alles offen köcheln, bis die Flüssigkeit ca. um die Hälfte einreduziert war. Ich zog den Topf vom Herd, verzichtete darauf, die Würfel abzusieben und löste die gut ausgedrückte Gelatine darin auf. Obwohl ich die Zuckermenge fast halbiert hate, schmeckte das Kompott noch intensiv süß. Ich gab es in eine weitere 16er Springform, deren Boden ich mit Frischhaltefolie bespannt hatte und fror es nach einer Erstarrungsphase im Kühlschrank ein.

Für das Karamell mit Fleur de Sel (16er Scheibe):

  • 62,5 g Zucker
  • 62,5 g Sahne, heiß
  • 50 g Butter
  • 1,6 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht
  • 1 Pr. Fleur de Sel (ca. 1,5 g)

karamellscheibe serieIch schmolz den Zucker bei mittlerer Hitze trocken, bis er honigfarben karamellisiert war, rührte die heiße Sahne (es brodelt!) und dann die Butter ein und zog den Topf vom Herd. Herr H. streute das Fleur de Sel ein und rührte nach kurzem Abkühlen die gut ausgedrückte Gelatine unter. Dann gab er den Karamell in die16er Springform, deren Boden er mit Frischhaltefolie bespannt hatte und stellte sie kalt.

Für die Karamellglasur:

  • 90 g Zucker
  • 75 g Wasser, heiß
  • 75 g Sahne
  • 5 g Stärke
  • 2,5 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

karamellguss serieIch schmolz auch diesen Zucker trocken, bis er goldfarben war, rührte das heiße Wasser ein und stutzte. Der Zucker klumpte schlagartig. Aber nach kurzem köcheln lösten sich die Klumpen wieder in Wohlgefallen auf. Ich rührte nun die mit der Stärke klümpchenfrei verrührte Sahne ein und zog den Topf vom Herd. Nachdem die Glasur etwas abgekühlt war, löste ich die gut ausgedrückte Gelatine darin auf und stellte sie abgedeckt kalt. Bei der Verwendung sollte sie eine Temperatur von 27°C haben. Alle Zubereitungen bis hierhin hatten wir am Abend in ca. 1,5 Stunden erledigt. So aufwendig ist das Tortieren gar nicht.

Für die Mousse mit karamellisierter weißer Kuvertüre:

  • 187,5 g Sahne, locker aufgeschlagen
  • 62,6 g weiße Kuvertüre, fein gehackt
  • 92,5 g Milch
  • 1 Pr. Zimt
  • 5 g Gelatine, in kaltem Wasser eingeweicht

weisse schokomousse serieAm nächsten Vormittag heizte ich den Backofen auf 160°C vor und stellte die fein gehackte Kuvertüre in einer weiten Schüssel hinein. Ich war extrem skeptisch, ob die Kuvertüre tatsächlich karamellisieren würde und wachte mit Argusaugen über den Prozess, dabei rührte ich gelegentlich um. Nach ca. 15 Minuten war es soweit, die Kuvertüre war leicht gebräunt und krisselig. Ich nahm die Schüssel aus dem Ofen und rührte sie glatt. Das funktionierte tadellos. Faszinierend. In der Zwischenzeit hatte ich Milch und Zimt aufgekocht und die gut ausgedrückte Gelatine eingerührt. Nun rührte ich die etwas abgekühlte Milch unter die karamellisierte Kuvertüre. Alles verband sich anstandslos. Ich hob abschließend die locker aufgeschlagenen Sahne unter und kostete. Hmmm, die Mousse war mit Abstand das Köstlichste, was ich in den letzten Wochen gekostet habe. Sie sollte sofort zum Füllen verwendet werden, da sie rasch anzieht.

füllen serieIch legte den Biskuit in die 16er Springform, plazierte die Karamellscheibe darauf und füllte ca. die Hälfte der Mousse ein. Darauf legte ich die Apfelkompottscheibe, die ich mit der restlichen Mousse bedeckte. Es blieben ca. 3EL Mousse übrig, da ich da Gefühl hatte, die Torte würde zu hoch werden. Die naschte ich sofort mit dem größten Vergnügen. Nachdem ich die Mousse so gut es ging mit der Winkelpalette glatt gestrichen hatte, fror ich die Torte ein.

Nach 2 Stunden erwärmte ich den Guss, stellte die Torte auf ein Gitter und goss den 27°C warmen Guss darüber. Ich war sehr gespannt, da ich bislang mit dem kompletten Überziehen von Torten so meine Schwierigkeiten hatte. Und auch dieses Mal funktionierte es leider nicht. Der Guss war scheinbar zu flüssig und glitt einfach an der Torte hinab. Mist. Also stellte ich die Torte zurück in die Form, legte die Randfolie an und gab den Guss wie üblich auf die Oberfläche. Nach einer guten Stunde Kühlung war er fest und glänzend. Würde es also wieder einmal Schnitten geben.

apfelkaramelltorte 9Fazit: Obwohl es mich etwas wurmt, dass es so unmöglich zu sein scheint, eine Torte vollständig zu glasieren, versöhnte mich der feine Geschmack der Schnitte sogleich. Herr H. stimmte mir in allen Punkten zu. Saftiger Haselnuss-Biskuit, cremiges Karamell mit einer feinen Salznote, apartes Apfelkompott und nicht zuletzt eine wahnsinnig köstliche karamellisierte weiße Schokoladenmousse. Alles passte perfekt zusammen. Beim nächsten Mal würde ich jedoch Karamell- und Kompottscheibe etwas kleiner (14cm) machen, so dass sie vollständig in die Mousse eingebettet werden. Aber das sind nur Details. Insgesamt glänzt diese Torte wahrlich durch wunderbare Aromenkombinationen.

 

Der vom Himmel fiel

roast beef 2Die beste Nachbarin hatte sich für Dienstag Abend zum Essen angekündigt. Herr H., der seine Chance witterte, da sie ebenfalls eine große Schwäche für die traditionelle deutsche Küche hat, schlug vor, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und einen rheinischen Sauerbraten zuzubereiten. Der sollte laut Rezept am besten zwei Tage in seiner Marinade verbringen. Ich nahm das Bratenstück am Sonntagabend aus dem Kühlschrank, in dem es die Nacht zum Auftauen verbracht hatte, wickelte es aus und legte es auf einen Teller. Herr H. begutachtete das gute Stück und rief sogleich entsetzt aus, dass das auf GAR KEINEN Fall ein Bratenstück aus der Schulter sei! Das sei defintiv ein Roastbeef und somit viel zu schade, um in einen Sauerbraten verwandelt zu werden. Ich zuckte ratlos die Schultern, da ich leider immer noch kein großer Fleischexperte bin. Aber ein kurze Recherche im Netz bestätigte seine Aussage. Was tun? Es war zwar schon halb acht, aber wieder einfrieren konnten wir das Prachtstück nicht. Bei Petra /Chili & Ciabatta fand ich eine wunderbare Garanleitung, allein die Zeit. Es nützte nichts. Wie vertrösteten unsere Mägen auf später und legten los.

Für das perfekt gegarte Roastbeef:

  • 1 Stück Roastbeef (vom Jungrind), ca. 750 g
  • Salz, schwarzer Pfeffer
  • Butterschmalz zum Anbraten

fleisch serieIch heizte den Backofen auf 120°C vor (und durfte feststellen, dass er nach einer guten Stunde tatsächlich diese Temperatur hält, alles eine Frage des Timings), legte ein Küchengitter auf eine flache Auflaufform und schnitt die Fettschicht des Roastbeefs kreuzweise ein. Ich salzte es kräftig und briet es von allen Seiten in heißem Butterschmalz an, ca. 2 Minuten pro Seite. Dann legte ich es auf das Gitter und schob die gewagte Konstruktion in den Backofen. Das Fleisch soll schlussendlich eine Kerntemperatur von 55°C haben. Da ich kein Einstechthermometer habe, stellte ich den Timer zunächst auf 60 Minuten, da mein Stück nur etwa halb so groß war wie Petras. Und da wir nun ohnehin warten mussten, überredete ich Herr H. zu Roberts Kartoffelpüree-Experiment.

Für das Kartoffelpüree der besonderen Art:

  • 500 g Kartofffeln (ich: Linda), in ca. 2cm große Würfel geschnitten
  • Kartoffelschalen (vor dem Schälen gut gesäubert)
  • 170 g Milch
  • 70 g Butter
  • Salz, schwarzer Pfeffer, Muskat

pü serieIch kochte 1 l Wasser auf, stellte zwei ineinander passende Schüssel bereit und gab die Kartoffelwürfel in die kleinere. Ich bedeckte sie mit ca. 80°C warmen Wasser und stellte sie in die größere Schüssel, die ich ebenfalls mit ca. 80°C warmen Wasser gefüllt hatte. Nach 30 Minuten, das Wasser der inneren Schüssel hatte tatsächlich noch 72°C, kühlte ich die Würfel unter fließend kaltem Wasser vollständig ab. Dann kochte ich sie in Salzwasser gar, was noch erstaunliche 20 Minuten dauerte. Herr H. hatte inzwischen Milch und Kartoffelschalen aufgekocht und sie 15 Minuten ziehen gelassen. Nun entnahm er die Schalen und kochte die Milch mit Butter, Salz, Pfeffer und Muskat erneut auf. Ich gab die Kartoffelwürfel durch die Presse und anschließend zweimal (!) durch ein feines Sieb in die heiße Milchmischung. Dann schlug ich das Püree mit dem Handrührer kräftig auf und siehe da, es kleisterte tatsächlich nichts. Das fertige Püree stellte ich warm.

Für den Limetten-Rosenkohl:

  • ca. 300 g Rosenkohl (TK)
  • 1 winzige Schalotte, fein gewürfelt
  • 1 rote Chili, fein gehackt
  • 1 winziges Stück Ingwer, fein gehackt
  • ca. 50 g Noilly Prat
  • 1 TL Limettensaft
  • Salz, weißer Pfeffer, frisch gemörsert
  • eine Prise Pomeranzenabrieb

rosenkohl serieAuch bei diesem Gericht befand ich den im Winter allgegenwärtigen Rosenkohl als passend. Robert hatte etwas von der Verbindung mit Limette erwähnt, also bastelte ich mir ein solche zusammen. Ich dämpfte die tiefgekühlten Rosenkohlröschen in 8 Minuten knapp gar, halbierte oder viertelte sie anschließend und zerließ etwas Butter in der Pfanne. Darin schwitzte ich die Schalotten farblos an, gab Ingwer, Chili und Rosenkohl hinzu und löschte mit Noilly Prat ab. Nachdem er fast vollständig einreduziert war, würzte ich mit Salz, weißem Pfeffer, Pomeranzenabrieb und Limettensaft. Nicht übel. Auch der Rosenkohl durfte in der Wärme rasten. Das Roastbeef hatte nach 70 Minuten exakt 55°C Kerntemperatur. Ich wickelte es in Folie und ließ es vor dem Aufschneiden noch 20 Minuten im ca. 50°C warmen Ofen rasten. Der Anschnitt offenbarte ein durch und durch rosafarbenes, saftiges Fleisch. Sagenhaft!

roast beef 1Fazit: Das war wahrlich ein vom Himmel gefallenes Festessen! Mein erstes Roastbeef zudem und dank der wirklich guten Anleitung habe ich es auf Anhieb perfekt hinbekommen. Das überirdisch cremige, zarte Kartoffelpüree war ein würdiger Begleiter, wenn wir noch mehr Muße gehabt hätten, hätte es wahrscheinlich noch eine Sauce dazu gegeben, aber auch so war es ein Gedicht. Die Hälfte des fertig gegarten Roastbeefs fror ich ein und servierte sie gestern mit Burgundersauce und Linsenschnitten, auch nicht übel, aber die erste Kombination wird uns sicher noch lang im Gedächtnis bleiben.

Störrische Spatzen

linsen mit knöpfli 6Als ich kürzlich bei Tring den fruchtig-scharfen Weißkohl mit Spätzle sah, stellte ich fest, dass es im Hause H. schon viel zu lange keine Spätzle mehr gegeben hatte. Dabei lieben wir Pasta jeglicher Couleur. Und Spätzle sind im Gegensatz zu ihren italienischen Verwandten im Handumdrehen gemacht, da es weder lange Teigruhezeiten, noch mühsames Gewalze braucht. Mangels Weißkohl – nun, er liegt zuhauf in den Gemüseabteilungen, aber ich scheue mich so ein Monster mit nach Hause zu nehmen, da man zu zweit doch die ein oder andere Mahlzeit aus einem solchen herausschneiden kann und wer will schon tagelang immer nur Kohl essen? – entschied ich mich für den schwäbischen Klassiker, Linsen mit Spätzle und Saitenwürsten. Herr H. jubelte, ist er doch ein großer Fan der bodenständigen und oft deftigen deutschen Küche und holte sogleich die Fotoausrüstung in die Küche.

Für die Spätzle:

  • 100 g Weizenmehl 405er
  • 50 g Hartweizengries, feinst gemahlen
  • 2 große Eier (à 65 g)
  • 1 Pr. Salz
  • 1 Pr. Muskat, frisch gerieben

knöpfli/ spätzle serieIch gab alle Zutaten in eine Schüssel und begann, sie mit dem Rührlöffel zu vermengen und anschließend zu „schlagen“. Da es eine Weile braucht, bis der Teig Blasen wirft, wechselten Herr H. und ich uns ab. Das Schlagen ist eine verdammt schweißtreibende Angelegenheit. Nachdem der Teig eine gute halbe Stunde geruht hatte, kochte ich reichlich Salzwasser auf und umwickelte die äußeren Löcher der Kartoffelpresse fest mit Klebeband, da mir der Teig dort beim letzten Mal unschöne Klumpen gebildet hatte. Als das Wasser zu kochen begann, presste ich den Teig portionsweise hinein. Herr H. lachte dabei laut auf. Ich war so mit dem Pressen beschäftigt, dass ich nicht sah, wie der Teig eher teppich- als spatzenartig ins Wasser glitt. Zum Glück ließen sich die einzelnen „Knöpfle“ durch kräftiges Rühren im Wasser trennen. Vielleicht war der Teig zu fest gewesen. Nach wenigen Minuten schwammen die Spätzle/ Knöpfle oben. Ich schöpfte sie in ein Sieb, schreckte sie kalt ab und stellte sie beiseite.

Für die Linsen:

  • 125 g braune Linsen, über Nacht eingeweicht, gewaschen (ich: Berglinsen)
  • 375 g Fleischbrühe
  • 50 g durchwachsener Speck, gewürfelt
  • 1 TL Tomatenmark
  • schwarzer Pfeffer
  • 1/3 Lauchstange, in Ringe geschnitten
  • 1 große Kartoffel, geschält, fein gewürfelt
  • 1 Scheibe Knollensellerie, feinst gewürfelt
  • 1 Möhre, feinst gewürfelt
  • 1 TL Apfelessig
  • 1 TL Bergamottenschale (oder Zitrone), fein gehackt
  • 1/2 TL Harissa
  • Salz
  • Saitenwürstchen nach Belieben

Linsen serieIch briet den Speck knusprig, legte ihn beiseite und schwitze im gleichen Topf Lauch, Kartoffeln, Sellerie und Möhre an. Dann gab ich das Tomatenmark hinzu, ließ es kurz mitbraten und gab den Speck, die Linsen und die Brühe in den Topf. Nach ca. 35 Minuten (hängt vom Alter der Linsen ab) waren die Linsen gar und hatten gleichzeitig noch Biss. Ich schmeckte mit Salz, Pfeffer, Harissa, Bergamottenschale und Essig ab und stellte den Topf warm. Herr H. hatte inzwischen die Spätzle/ Knöpfle in Butter angebraten und die Würstchen erwärmt. Ich verteilte die Spätzle auf zwei vorgewärmte Teller, schöpfte Linsen darüber und begann, die erste Wurst in Scheiben zu schneiden. Herr H. sah mich fragend an. Ich erklärte, dass dieses Essen doch ein Löffelgericht sei und die gestückelte Wurst natürlich praktischer, er schüttelte bloß den Kopf, als ich die Wurst auf den Teller legte.

linsen mit knöpfli 11Fazit: Auch wenn ich nicht ganz sicher bin, ob das nun Spätzle, Knöpfle oder was auch immer gewesen waren, so schmeckten sie doch köstlich. Die Kombination mit den leicht säuerlichen Linsen ist völlig zurecht zu einem Klassiker avanciert. Die leichte Schärfe stand den Linsen wunderbar und Herr H. bestand darauf, dieses Gericht von nun an häufiger auf unserem Speiseplan zu sehen. Das habe ich mir selbst eingebrockt. Vielleicht kann ich diesem Ansinnen entgegen wirken, wenn ich auf einem echten Spätzlehobel bestehe. Denn vom Brett werde ich sie ganz sicher in diesem Leben nicht mehr schaben.

Aus: Hülsenfrüchte – das Kochbuch Achim Schwekendiek, Simon Vollmeyer