Herr H. isst alles. Fast alles. Ganz im Gegensatz zu mir, die ich gern mäkele. Rotkohl esse ich zum Beispiel nur, wenn es sich partout nicht vermeiden lässt. Herr H. überzeugte mich zwar davon, dass man Ungeliebtes nur immer wieder probieren müsse, irgendwann würde man schon Geschmack daran finden. Ausnahmen bestätigten die Regel. In seinem Fall Rucola. Er hat es immer wieder probiert, aber roh findet er ihn einfach scheußlich. Sehr zu meinem Leidwesen. Ich liebe das scharf-würzige Kraut. Zu gern streife ich sommers durch den elterlichen Garten und pflücke mir die Blättchen direkt von der Pflanze. Zu Hause verzichte ich, normalerweise. Kürzlich beim Einkauf überkam es mich jedoch. Ein Büschel Rucola wanderte in den Korb und zu Hause überlegte ich fieberhaft, wie ich ihn Herrn H. unterjubeln könnte. Plötzlich war der Geistesblitz da. Fein gehackt, vermischt mit Käse und Nüssen, versteckt in Nudelteig, kurz gegart. Perfekt!
Für die Rucola Ravioli (ergibt ca. 45 Ravioli mit dem 5cm Gebiss):
- 100 g Weizenmehl 405er
- 50 g Hartweizenmehl
- 1 Ei + 1 Eigelb (zusammen ca. 65 g)
- 1 g Salz
- 1 TL Olivenöl
- evtl. 1 EL Wasser
- 125 g Rucola
- 25 g Walnusskerne, geröstet
- 30 g Parmesan, gestückelt
- 30 g Frischkäse
- 1/2 Knoblauchzehe
- 15 g Panko
- schwarzer Pfeffer, evtl. Salz
Ich gab alle Zutaten (bis auf das Wasser) für den Pastateig in eine Schüssel, verrührte sie grob mit dem Löffel und knetete den Teig dann ca.10 Minuten von Hand. Bei so geringen Teigmengen und so festen Teigen verweigert die Maschine leider den Dienst. Nach einigen Minuten kam mir der Teig doch noch arg brökelig vor, also gab ich etwas Wasser hinzu. Passte. Der fertige Teig durfte abgedeckt 2 Stunden bei Zimmertemperatur rasten.
Als es soweit war, gab ich alle Zutaten für die Füllung in den großen Zerkleinerer (fasst ca. 600ml) und ließ ihn laufen. Anfangs musste ich den Rucola ein paar Mal von der Wand kratzen, aber nach einigen Durchgängen wurde eine mittelfeste Paste daraus. Sollte die Paste zu flüssig sein, kann man sie wunderbar mit 1 – 2 TL Kartoffelmehl (ganze Kartoffeln, getrocknet, fein vermahlen) binden.
Nun ließ ich den Pastateig portionsweise von der Nudelmaschine erst kneten, dann bis zur zweit kleinsten Stufe ausrollen. Aus den Bahnen stach ich Kreise von 5cm Durchmesser mit der Rückseite des „Gebisses (hier vortrefflich in Szene gesetzt)“ aus, legte den Kreis in das Gebiss hinein, gab einen knappen TL Füllung darauf, befeuchtete die Hälfte des Randes mit Wasser und drückte es schließlich zusammen. Bei einer so kleinen Form dauert es ein Weilchen, bis alle Ravioli geformt sind, aber was tut man nicht alles. Die fertigen Ravioli lagerte ich auf einem mit Hartweizenmehl bestäubten Tuch.
Für die Rote Bete-Würfel:
- 2 mittlere Rote Bete (ich hatte noch geringelte)
- etwas Olivenöl
- Alufolie zum Einwickeln
Bevor ich begonnen hatte, die Ravioli zu formen, hatte ich die Bete gewaschen, abgetrocknet und mit Ölivenöl eingerieben. Ich packte sie fest in Alufolie ein und garte sie eine gute Stunde bei 200°C im Backofen. Das kann, je nach Größe, eine Viertelstunde länger oder kürzer dauern. Ich war schon recht gespannt, ob das Ringelmuster bei dieser Garmethode erhalten bliebe. Als ich die erste Bete jedoch halbierte, musste ich enttäuscht feststellen, dass sie im Inneren komplett cremefarben war. War es doch keine geringelte Bete gewesen? Sonst hätte das Fleisch doch zumindest rosa gewesen sein müssen. Egal. Ich schälte und würfelte die Bete und stellte sie abgedeckt warm. Inzwischen war auch Herr H. nach Hause zurück gekehrt. Hoch erfreut betrachtete er die Ravioli, die ich gerade ca. 4 Minuten in sprudelndem Wasser portionsweise gegart hatte. Er konnte ja nicht ahnen, was sich in ihrem Bauch verbarg.
Für die Vinigrette:
- 1 EL Zitronensaft
- 1 TL Djionsenf
- 1 TL Orangenhonig oder ein milder Blütenhonig
- 1/2 TL frische Minze, fein gehackt
- 3 EL Olivenöl vom besten
- Salz, schwarzer Pfeffer
Ich verrührte zunächst Zitronensaft, Senf, Honig, Salz und Pfeffer, bis sich das Salz gelöst hatte und gab dann Olivenöl und Minze hinzu. Herr H. hatte inzwischen die Teller vorgewärmt, einige Ravioli darauf verteilt und sie mit Bete-Würfeln und einigen gerösteten Walnüssen besteut. Ich träufelte die Vinigrette darüber, er fotografierte und endlich konnten wir kosten.
Fazit: Herr H. gabelte das erste Raviolo auf, ließ es in seinem Mund verschwinden und brummte wohlig. Womit ich die köstlichen Täschchen denn gefüllt hätte? Ich bat ihn zu raten. Er tippte als erstes auf Spinat und ich schmunzelte, Rucola, ob er das denn nicht herausschmecke? Er probierte ein zweites Raviolo und schüttelte den Kopf. So verpackt sei er perfekt getarnt und selbst hartnäckigen Gegnern bekömmlich. Mir gefiel zusätzlich die Kombination mit leicht süßen, erdigen Beten, den knusprigen Walnüssen und der frischen Vinigrette. Herr H. stimmte mir zu, wenn auch Vinigrette zu Ravioli eher ungewöhnlich anmute.
Und dank Ninives freundlichem Hinweis wurde ich auf Peters (Aus meinem Kochtopf) Event zur Kreation deutscher Nudelgerichte aufmerksam. Ich hoffe, die Italiener fühlen sich nicht allzusehr vor den Kopf gestoßen!