Der Trägheit Lohn

saatbrötchen 3Björn, der Brotdoc, schafft es immer wieder zuverlässig, meinen Nachbackreflex zu aktivieren. Die Brötchen, die ich regelmäßig für das tägliche Frühstück backe, sind zwar lecker, aber doch recht schlicht gestrickt. Als ich also in der letzten Woche die herrlichen Vielsaaten-Brötchen sah, beschloss ich noch am gleichen Abend den Vorteig anzusetzen. Der Blick in den Vorratsschrank ließ mich etwas ratlos zurück. Das benötigte 1050er Weizenmehl schien sich noch im Keller zu befinden. Der ist jetzt nicht soo schrecklich weit weg, aber der andere Vorratsschrank in der Küche war schlicht dichter. Dort befand sich ein Kilo Einkorn, die Getreidemühle steht direkt gegenüber. Ich beschloss, der Trägheit nachzugeben, obwohl ich neue (Brot-)Rezepet beim ersten Versuch gern 1:1 umsetze.

Für den Vorteig (ca. 12 Stunden Reifezeit):

  • 125 g Weizenmehl 1050er (ich: Einkorn, frisch gemahlen)
  • 125 g Wasser
  • 0,1 g Hefe (das berühmte „Reiskorn“)

vorteig serieIch mahlte den Einkorn auf der feinsten Einstellung der Mühle und verrührte ihn mit Wasser und Hefe zu einem homogenen Brei. Dann stellte ich die Schüssel abgedeckt für 12 Stunden auf den Küchenschrank. Da die Aktivität des Vorteigs (Küchentemperatur ca. 20°C) noch etwas zu wünschen ließ, ließ ich den Vorteig noch weitere 4 Stunden reifen. Nun sah er gut aus.

Für das Brühstück (kann 12 Stunden stehen):

  • 50 g Leinsaat, geröstet
  • 25 g Sesamsaat, geröstet
  • 75 g Wasser

brötchen 6Ich röstete Leinsaat und Sesamsaat trocken in der Pfanne, bis sie zu duften begannen. Dann füllte ich sie noch heiß in eine kleine Schale und goß das (kalte) Wasser darüber. Der intensive Duft, der dabei entstand, lockte Herrn H. in die Küche, der anmerkte, dass es recht plietsch sei, die Saaten vorrab zu rösten. So könnten sie später, obwohl im Brötchen gebacken, ihren ganzen Röstgeschmack entfalten.

Für den Hauptteig (ergab bei mir 11 Brötchen):

  • Vorteig
  • Brühstück
  • 375 g Weizenmehl 550er
  • 175 g Wasser
  • 7 g Hefe
  • 10 g Salz
  • 15 g Butter
  • 7 g Backmalz, enzymaktiv
  • 1,5 g Fenchelsamen, gemahlen

teiglinge serieIch gab alle Zutaten bis auf das Brühstück in die Schüssel der Maschine und ließ sie 3 Minuten auf langsamster Stufe laufen. Dann weitere 5 Minuten bei nächsthöherer Geschwindigkeit. Nun gab ich das Brühstück hinzu und ließ es 3 Minuten auf langsamster Stufe unterkneten. Der Teig war glatt und löste sich fast vollständig von der Schüssel. Ich ließ den Teig abgedeckt 45 Minuten gehen. er sollte dabei sein Volumen knapp verdoppeln. Dann stach ich mit der Teigkarte Portionen von gut 90 g ab, wirkte sie erst rund, dann länglich und beschloss, einem weiteren Anfall von Trägheit geschuldet, sie nicht mit Wasser abzustreichen und auf der Oberseite in einer Mohn-Sesam-Mischung und auf der Unterseite in Sonnenblumenkernen zu wälzen. Wer dynamischer ist, kann das gern tun. Die fertig geformten Teiglinge ließ ich abgedeckt eine knappe Stunde gehen. Ich heizte den Backofen auf 250°C vor, versuchte die Teiglinge 1cm tief längs einzuschneiden, einige Schnitte waren leider nicht tief genug, und schob das Blech mit reichlich Schwaden in den Ofen. Die Temperatur senkte ich sofort auf 230°C, mein Ofen reagiert sehr träge, und buk sie ca. 20 Minuten, dabei öffnete ich nach 10 Minuten kurz die Ofentür, um die Feuchtigkeit heraus zu lassen.

saatbrötchen 1Fazit: Am nächsten Morgen verkosteten wir die VielSaatenbrötchen sogleich zum Frühstück. Sowohl Honig als auch Camembert machten sich sehr gut auf ihnen. Der  Einkornvollkornanteil verlieh den Brötchen eine nussige, kräftige Note und Herr H. freute sich sehr darüber, dass ich die Brötchen nicht bestreut hatte, ärgert er sich doch immer wieder über die in alle Richtungen fliegenden Saaten. Der für meine Verhältnisse recht hohe Anteil an enzymaktivem Backmalz hatte zudem für eine sehr dünne und rösche Kruste gesorgt. Manchmal scheint eine gewisse Trägheit durchaus beachtliche Ergebnisse hervorzurufen.

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29 Gedanken zu „Der Trägheit Lohn

  1. ich bin schon seit längerem richtig backfaul, weder Brot noch Brötchen gab es und der Sauerteig ist eingefroren. Doch wenn ich solche Prachtstückchen wie hier bei dir sehe, könnte ich mich doch glatt wieder mal über die Mehltüten hermachen. Ich habe übrigens auch eine Nachkoch- bzw. Nachbackliste, die immer länger und länger wird.

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    • Danke, Sabine. Ich kann es mir leider nicht „leisten“ backfaul zu sein, wenn ich gutes Brot und gute Brötchen essen will. ;-) Mal ganz davon abgesehen, dass ich wirklich gern backe, zumal, wenn wie in letzter Zeit, die Ergebnisse auch stimmen.

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  2. Oh man, ich habs immer noch nicht getan…. Brötchen gebacken… Aber dieses Wochenende! Das muss endlich mal! Ich würde vermutlich auch eine Übernacht-Gäre im Kühlschrank einbauen.

    Die schauen wirklich sehr lecker aus und ich würde auf einen Rest Kamutmehl zurück greifen :D

    Notiz an mich – Freitag früh den Vorteig ansetzen, abends den Teig fertig stellen und in den Kühlschrank geben! ;)

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    • Wow, dabei redest du schon ein Weilchen davon. Ist wirklich nicht schwer, nur eben, dass man statt einem 10 Teiglinge formen muss. Und falls du dich für die Übernachtsgare entscheidest, solltest du das enzyaktive Backmalz weglassen. :-)

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    • Du hast echt so eine Liste? *kreisch*. Ich dachte, die würde nur in der Phantasie existieren. Bei mir geht es bei der täglichen Flut an „Input“ meist nur im Hauruckverfahren, sofort machen oder – nie. ;-)
      Und, wie war das Brot?

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  3. Die sehen gut aus….ich bin aber faul….und würde wohl doch noch eine Über-Nacht-Gare einbauen….mal sehen, vielleicht gibt es eine Ablösung der Standard-Brötchen :-) Ich bin bloß grad fast zu träge. um was neues zu probieren….

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    • Das kann ich sehr gut verstehen. Aber es gibt manchmal im Weizenbrötcheneinerlei so einen Anstubs und meistens ist das Ergebnis dann richtig gut – nicht, dass ich jedes neue Rezept als „Standard“ aufnehme, dafür bin ich dann definitiv auch zu träge. ;-)

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  4. Notiz an mich: Saaten beim nächsten Mal anrösten! Das habe ich beim Quellstück noch nie gemacht, ist aber eine gute Idee.
    Generell klingen die Brötchen sehr verführerisch!

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  5. Liebe Eva,
    ich habe mich schon gefragt, wann du wieder einmal Brötchen backst. Diese klingen äußerst verführerisch. Besonders der Fenchel lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Das du träge bist, kann ich mir gar nicht vorstellen. Du bist immer so gewissenhaft und korrekt. Aber irgendwann ist man eben auch urlaubsreif ;-) .

    Tolles Rezept, dass vielleicht auch ich hinbekomme. Na, mal sehen … Wolf würde sich freuen :-)
    Liebe Grüße Maren

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    • Liebe Maren,
      ich backe jede Woche mindestens einmal Brötchen, aber halt so schlichte Weizenbrötchen, weil sie eben meist „nebenbei“ laufen. Und ich bin wirklich manchmal seeehhhr träge. Es kann sehr lange dauern, bis ich mich zum Handeln entschließe. Dann allerdings bin ich akkurat oder besser, versuche mit kleinstmöglichem Aufwand das bestmögliche Resultat zu erzielen. ;-) Und ja, der Urlaub ist wirklich nötig.
      Mach‘ dich mal an die Brötchen. Das bekommst du spielend hin!
      Liebe Grüße,
      Eva

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  6. Ich backe inzwischen kaum noch reine Hefebrötchen oder -brote, weil mir da geschmacklich immer etwas fehlt. Außerdem schwöre ich ja – gerade bei Wochenendgebäck – auf Übernacht-Gare. Die hier schauen aber ausgesprochen gut aus… mal schauen, vielleicht gelingt mir ja eine Adaption.

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    • Danke schön. Mir fehlt da geschmacklich nix, dafür ist doch der Vorteig. ;-) Habe eine zeitlang auch mit Weizensauerteigbrötchen experimentiert, aber irgendwie sind sie mir von der Krume her zu zäh. Deshalb backe ich Brötchen eigentlich immer mit Hefe und Hefevorteig. Viel Erfolg beim Adaptieren!

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      • Ok, wirst schon deine Gründe haben. Ich esse zwar auch nicht direkt nach dem Aufstehen, aber nach ein, zwei Stunden kriege ich schon Kohldampf. :-)

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