Die Macht der Bilder ist ein seltsames Phänomen. Manchmal reicht ein kurzer Blick auf das Bild einer Speise in einem Kochbuch und es ist um mich geschehen. In diesem Fall standen dem Habenwollen einige Hindernisse im Weg. Natürlich besitze ich keinen Lavendelstrauch. Ich las weiter. Wie, die Schokolade wird zum Schmelzen nicht einfach mit warmer Sahne übergossen, sondern mit Crème Anglaise? Ich schüttelte den Kopf und brach zu einem ausgedehnten Spaziergang auf. Dachte über Gott und die Welt nach, über die zu erledigenden Einkäufe, bis ich plötzlich aus dem Augenwinkel etwas leuchtend Blaues sah. Lavendelblüten. Ein ganzes Meer im pflegeleichten Mulchbeet vor einem Bürohochhaus. Es sollte also sein. Ich pflückte einen Strauß noch geschlossener Blüten und eilte nach Hause.
Für den Schokoladenbiskuit (4 Dessertringe à 7cm):
- 40 g Mehl
- 22,5 g Kakaopulver
- 2 Eier G. M, zimmerwarm
- 62,5 g Zucker
- 15 g Butter, gemolzen, abgekühlt
Ich schlug Eier und Zucker ca. 12 Minuten mit dem Handrührgerät. Danach sollte ein durch die Masse gezogener Löffel eine deutliche Sput hinterlassen. Anschließend heizte ich den Backofen auf 180° vor, belegte ein Blech mit Backpapier und siebte Mehl und Kakao über die Eimasse. Ich hob es vorsichtig ganz kurz unter, bis sich die Zutaten gerade eben verbanden. Dann strich ich die Biskuitmasse ca. 1,5cm dick auf das Backpapier zu einer Fläche von 20×30 cm² und schob das Blech in den Backofen. Nach gut 8 Minuten war der Biskuit fertig und durfte mit Papier auf einem Kuchengitter auskühlen.
Für die Lavendelcrème:
- 1 Eigelb Gr. L
- 13 g Zucker
- 83 g Sahne
- 1 g Lavendelblüten, nicht geöffnet, vom Stil gezupft
- 1/3 Blatt Gelatine
Zunächst schlug ich Eigelb und Zucker schaumig. Dann kochte ich die Sahne mit den Lavendelblüten langsam auf, rührte sie unter die Eimischung und gab das Ganze zurück in den Topf. Ich erwärmte die Creme auf ca. 85°C, bis sie leicht eindickte und zog den Topf vom Herd. Zuvor hatte ich die Gelatine 5 Minuten in kaltem Wasser eingeweicht. Ich drückte sie aus und löste sie in der Lavendelsahne auf. Danach gab ich die Sahne durch ein Sieb, pürierte sie ca. 30 Sekunden und gab sie in eine Schüssel zum Abkühlen in den Kühlschrank.
Für die Crème Anglaise:
- 83 g Milch
- 21 g Zucker
- 1 Tropfen Vanilleessenz
- 1 Eigelb
Ich schlug das Eigelb mit 7 g Zucker, bis die Crème blass und dicklich wurde. Dann kochte ich die Milch mit dem restlichen Zucker auf und goß sie unter ständigem Rühren in die Eicrème. Anschließend gab ich alles zurück in den Topf und ließ sie unter stetem Rühren köcheln. Leider zu heiß. Die Crème flockte aus. Zweiter Versuch. In dem Moment kam Herr H. nach Hause. Ein Glück. Das Abendessen schmorte bereits im Backofen und er erklärte sich sofort zur Hilfe bereit. Beim zweiten Versuch klappte es. Ich köchelte die Crème, bis sie leicht andickte und zog sie vom Herd.
Für die Schokoladenmousse:
- 66,5 g dunkle Schokolade 70% Kakaoanteil, fein gehackt
- 50 g Crème Anglaise
- 80 g Crème double (ich: Sahne)
Herr H. hackte die Schokolade, ich gab die lauwarme Crème Anglaise darüber und löste die Schokolade unter Rühren auf. Herr H. schlug die Sahne steif. Ich hob sie vorsichtig unter die Schokoladencrème, damit möglichst viel Luft in der Sahne blieb. Dann stach ich mit den Dessertringen Kreise aus dem Biskuit aus und legte sie in den Ringen auf einen Teller. Theoretisch hätte ich nun die fest gewordene Lavendelcrème mit einem Spritzbeutel mittig auf den Biskuit geben sollen. Ich verzichtete auf diesen Schritt und setzte mit einem Teelöffel kleine Häufchen auf den Biskuit. Danach füllte Herr H. das Mousse in die Ringe und strich die Oberflächen glatt. Inzwischen war das Ofengemüse fertig. Ich deckte den Teller ab und stellte die Törtchen zum fest werden in den Kühlschrank.
Fazit: Zum Glück hatte wir noch ein anderes Stück Torte zum Dessert. Die Schokoladenmousse-Törtchen mussten leider über Nacht kühlen. Ich konnte den nächsten Abend kaum erwarten. Endlich. Ich wickelte ein in heißes Wasser getauchtes Tuch um die Ringe. Die Törtchen glitten anmutig aus dem Ring auf den Teller. Ich wärmte ein Messer an, trocknete es ab und wagte den ersten Schnitt. Die Lavendelcrème war durch den Verzicht auf den Spritzbeutel zwar nicht so akkurat eingefüllt wie auf dem Foto im Buch, aber das änderte nichts an dem sensationellen Geschmack. Der erste Happen, zart schmelzend, kühl, schokoladig, der zweite mit einem Hauch Lavendel und viel zu schnell war das erste Törtchen verspeist. Zum Glück hatte ich vier gemacht. :-)
Aus: Süßes Michel Roux