Morcheln genießen als Speisepilze einen exzellenten Ruf, werden gar mit Trüffeln verglichen. Ich hatte bislang weder das Vergnügen, frische Trüffel zu verkosten, noch die begehrten Morcheln. Kürzlich entdeckte ich beim Laufen Spitzmorcheln auf frisch aufgebrachtem Rindenmulch am Kanal. Da ich weder Messer noch Tasche dabei hatte, beschloss ich, am nächsten Tag gut ausgerüstet wieder zu kommen. Gedacht, getan, aber ach, jemand war mir zuvor gekommen und von den Morcheln waren nur noch die hellen, hohlen Füße geblieben. Zwei Tage später jedoch sah ich, dass die Morcheln nachgewachsen waren und Herr H. rückte im strömenden Regen aus, um den kostbaren Schatz zu bergen. Freudestrahlend kehrte er mit prall befülltem Beutel zurück. Wir mussten nicht lang überlegen, wie wir die Morcheln zubereiten wollten. Weißer Spargel wartete bereits im Kühlschrank und als Farbtupfer sollte es zart orange farbene Möhren-Gnocchi geben.
Während Herr H. die Morcheln gründlich unter fließenden Wasser wusch, abtrocknete, den Spargel schälte und sich von den Formen verzaubern ließ, bereitete ich die Gnocchi vor.
Für die Möhren-Gnocchi:
- 300 g mehlig kochende Kartoffeln
- 500 g Möhren
- 150 g Mehl
- 1 Ei Gr. L
- Salz, Pfeffer
- 50 g alter Ziegengouda, gerieben
Ich dämpfte die ungeschälten Kartoffeln in ca. 40 Minuten gar, es waren sehr große Exemplare, schälte die Möhren und schnitt sie in dünne Scheiben. Dann erhitzte ich etwas Olivenöl in einem Topf, schwitzte die Möhren kurz an und legte den Deckel auf. Nach ca. 25 Minuten waren sie weich. Ich pellte zunächst die noch heißen Kartoffeln und gab sie durch die Kartoffelpresse in eine Schüssel. Die Möhren ließen sich nicht ganz so mühelos durch die Presse geben, aber nach kurzem Kampf ergaben sie sich. Danach arbeitete ich das Ei, Salz und Pfeffer unter die Masse und anschließend fast das ganze Mehl. Es ist wichtig, den Teig nur ganz kurz zu kneten, da die Gnocchi ansonsten zäh werden. Als letztes arbeitete ich den Gouda ein und formte den warmen Teig zu Strängen. Herr H. hatte sich inzwischen satt gesehen und half, die Gnocchi zu formen. Auf einer stark bemehlten Fläche, der Teig war recht feucht, durften sie auf das Kochen warten.
Als nächstes stand die Morchelsauce auf dem Plan. Mir schwebte etwas mit reduziertem Weißwein und Sahne vor. Unsere Kochbuchauswahl bot kein passendes Rezept, also verließen wir uns auf unser Gefühl.
Für die Spargelspitzen-Morchel-Sauce:
- 100 g frische Spitzmorcheln, gesäubert, die größeren halbiert
- Spargelspitzen von 500 g Spargel
- 1 Schalotte, fein gehackt
- 1/2 frische Knoblauchzehe, fein gehackt
- einige Salbeiblätter, fein gewiegt
- 100 g Weißwein
- 100 g Sahne
- Salz, schwarzer Pfeffer
Herr H. schnippelte, ich briet Schalotten, Spargelspitzen und Morcheln in Olivenöl einige Minuten an, gab den Knoblauch hinzu und löschte mit Weißwein ab. Den Weißwein reduzierte ich fast vollständig. Da dauerte ca. 10 Minuten. Dann gab ich die Sahne hinzu und ließ die Sauce noch 10 Minuten sanft köcheln. Zuletzt schmeckte ich mit Salz und Pfeffer ab. Fertig. In der Zwischenzeit hatte Herr H. den restlichen Spargel gekocht. Ich gab einen Gnoccho (?) probehalber in siedenendes, leicht gesalzenes Wasser und nach 2 Minuten stieg er an die Oberfläche. Wieder ein großer Stein, der mir vom Herzen fiel. Ich probierte und seufzte, er zerging fast im Mund und schmeckte köstlich! Ich garte die restlichen Gnocchi, schreckte sie kurz in eiskaltem Wasser ab, legte die Hälfte der Gnocchi zum Einfrieren auf einem Teller aus und stellte ihn ins Gefrierfach. Die angefrorenen Gnocchi packte ich später in einen Gefrierbeutel, so lassen sie sich später problemlos auftauen.
Fazit: Die Gnocchi waren großartig und sie Sauce schmeckte fein, lediglich die Morcheln schmeckten nach – nichts. Wir recherchierten später im Internet und einige Quellen gaben an, dass auf Rindenmulch wachsende Spitzmorcheln keinen ausgeprägten Geschmack hätten, ja sogar durch irgendwelche giftigen Rückstände im Rindenmulch nicht unbedingt zum Verzehr geeignet seien. Andere Quellen wiesen darauf hin, dass Morcheln erst nach dem Trocknen einen intensiven Geschmack entfalteten. Wir waren komplett verwirrt und verunsichert und glücklich, dass wir am nächsten Abend noch keine Bauchschmerzen bekommen hatte. Bevor ich das nächste Mal etwas Essbares aus „freier Wildbahn“ sammele, werde ich mich auf jeden Fall gründlicher informieren.